Ian Birchall

 

Arbeiterbewegung und Parteiherrschaft

 

Teil I. (1943-1953)

5. Krieg und Revolution in Asien

In der Nachkriegsaufteilung hatten die KPs die imperialistische Ordnung akzeptiert und den nationalen Befreiungsbewegungen den Rücken zugekehrt oder sie sogar sabotiert. Seit der Mitte des Jahres 1947 konnte die antiimperialistische Rhetorik wieder frei fließen. In Afrika, wo nur wenige und schwache KPs existierten, gab es fast nur Rhetorik, und in Lateinamerika sah es nicht viel anders aus. Aber in Asien bestand die Möglichkeit, für den bewaffneten Kampf zu mobilisieren. Zwischen 1948 und 1950 entfesselten die Kommunistischen Parteien in Burma, Indonesien und auf den Philippinen bewaffnete Guerillakämpfe. Aber man kann eine Massenaktion nicht an- und abschalten, gerade so, wie es einer Tausende von Kilometern entfernten Bürokratie gerade ins Zeug paßt, und im allgemeinen scheiterten die Erhebungen darum auch und trugen dazu bei, die KPs zu isolieren und politische Krisen in ihrem Inneren auszulösen.

In einigen Gegenden hatten die Bewegungen eine festere Basis. In Indien war schon 1946 eine bäuerliche Guerillabewegung in Haiderabad entstanden; bereits 1947 behauptete die sogenannte Telengana-Bewegung, die fünftausend Guerillas umfaßte, in einem Gebiet von 8.000 qkm mit vier Millionen Einwohnern eine Bauernregierung errichtet zu haben. Der Parteitag von 1948 beschloß, eine allgemeine Aufstandswelle in Gang zu setzen; da aber die besonderen Bedingungen von Haiderabad fehlten, begegnete man ihr mit heftiger Repression. Dieser Taktik widersetzten sich KP-Mitglieder, die zur Kamma-Kaste (der reichen Bauern) gehörten und eine maoistische Strategie des Bündnisses von reichen, mittleren und armen Bauern vorzogen. Als die nationale Regierung Haiderabad besetzte, verbündete sich die KP von Haiderabad mit dem Nizam (Herrscher) zur Verteidigung der autonomen Staatsregierung, wodurch sie die Unterstützung der Bauern verlor.

Der Generalsekretär der KP, B.T. Ranadive, der eine ultralinke Position vertreten und für die Ausbreitung des Aufstandes plädiert hatte, wurde jetzt durch Rajeshwar Rao von der Kamma-Kaste ersetzt, dessen Politik die maoistische Bündnisstrategie war. 1950 ließ die Partei die auf einen Aufstand zielende Linie ganz fallen, und Rao wurde durch einen neuen Sekretär, Ghosh, ersetzt, der eine eher orthodoxe Moskaulinie einschlug und die vorherige „linkssektiererische“ Ausrichtung kritisierte.

 

 

Vietnam

Der Krieg in Vietnam war nicht durch eine Kominform-Entscheidung ausgelöst worden – er wurde gegen Ende des Jahres 1946 mit der verbrecherischen Bombardierung Haiphongs durch die französischen Truppen wieder aufgenommen. Der Krieg intensivierte sich 1947 und 1948, und 1949 etablierten die Franzosen in Vietnam ein Marionettenregime unter Bao Dai. Der Vietminh, unter Führung von Ho Tschi-minh, erwiderte den Kampf heftig und war im März 1949 stark genug, vom Guerillakrieg zum konventionellen Krieg überzugehen. Ho handelte nicht auf sowjetische Anweisung; tatsächlich erkannte die Sowjetunion Ho’s Regierung erst im Januar 1950 an, kurz nach dem neuen Regime in China.

Der Vietminh war eine nationalistische Bewegung, die von Stalinisten geführt wurde; ihr Appell an das ganze Volk vom 20. Dezember 1946 macht klar, daß sie nicht versuchte, sich in Klassen- geschweige denn sozialistischen Kategorien zu definieren:

Männer und Frauen, Alt und Jung, alle Vietnamesen ohne Ansehen von Glauben, politischen Parteien oder Nationalitäten, müssen sich erheben, um gegen die französischen Kolonialisten zu kämpfen und das Vaterland zu retten. [1]

Der Vietminh war eine tief in der Wirklichkeit der bäuerlichen Existenz verwurzelte Bewegung, und die reale Massenbasis, die er sich im Verlauf des Kampfes gegen die Franzosen erwarb, führte 1954 schließlich zu seinem militärischen Sieg; ohne die massive Hilfe der Vereinigten Staaten an die Franzosen wäre er schon früher erfolgreich gewesen. Diese bäuerliche Massenbasis unterschied den vietnamesischen Kampf von den meisten anderen Guerillakriegen in Asien während dieser Periode.

 

 

China

Die bedeutendsten Ereignisse sollten sich jedoch in China abspielen. Seit 1927, als eine Massenbewegung der Arbeiterklasse niedergeschlagen und Tausende von Kommunisten umgebracht wurden (als Ergebnis der selbstmörderischen Bündnispolitik mit der nationalistischen Kuomintang und ihrem Führer Tschiang Kai-schek), hatte sich die Zusammensetzung und Perspektive der Partei weitgehend verändert. [2]

Der Rückzug der Kommunisten auf eine Reihe von ländlichen Basen zuerst in Südchina, dann, nach der militärischen Niederlage und dem Langen Marsch von 1934-36, in das noch rückständigere und abgelegenere Gebiet von Jenan in der Provinz Schensi – war begleitet von einem dramatischen Rückgang des Arbeiteranteils an der Mitgliedschaft. Der Anteil der Arbeiter in der Partei fiel von 66 Prozent 1926 auf 1,6 Prozent 1930 und blieb bis 1949 unbedeutend. [3]

Gleichzeitig wurden die ländlichen „Rätegebiete“, die 1927 eine letzte Zuflucht gewesen waren, zum Zentrum der neuen Revolutionsstrategie der Partei. Der Aufstieg Mao Tse-tungs zur herausragenden Führungsfigur war begleitet von Parolen wie „Jeder Streik ist eine Rückendeckung für die Rätegebiete.“ [4]

War die Kommunistische Partei Chinas also keine Arbeiterpartei mehr, so war sie ebensowenig eine Bauernpartei, die für eine Bauernrevolution kämpfte. Ihre Mitglieder, was auch immer ihre Herkunft sein mochte, waren professionelle Organisatoren und Soldaten geworden, und die Mehrheit der Kader am jeweiligen Ort waren Ortsfremde. [5] Die Politik der Partei gegenüber der Bauernschaft änderte sich mehrfach entschieden, da sie zwischen den verschiedenen Klassen auf dem Land hin und her manövrierte.

Die radikale Politik der Landenteignung zu Beginn der Verlagerung der Basen aufs Land wurde modifiziert, da die Partei von den reichen Bauern abhängig wurde, unter deren Führung die Dörfer standen, aber es blieb eine Politik der Enteignung der Großgrundbesitzer, und – in der Theorie – sogar der reichen Bauern. [6] 1937 wurde die Enteignungspolitik jedoch durch eine Kampagne für die Reduzierung der Pacht und der Zinssätze ersetzt, und 1942 machte das Zentralkomitee klar, daß die Reduktion nur 25 Prozent betragen sollte, auch wenn das bedeutete, daß der Großgrundbesitzer 60 Prozent der Ernte des Pächters behielt. [7] Erst nach der Landreform von 1951 wurde der Mythos geschaffen, die armen Bauern hätten „die Revolution gemacht“.

1937 verschafften die Demoralisierung und Inaktivität Tschiang Kai-scheks und der nationalistischen Streitkräfte angesichts der japanischen Invasion der Kommunistischen Partei die Gelegenheit, aus der Wildnis Jenan herauszukommen. Sie schaffte es mit Hilfe einer militärischen Strategie des bäuerlichen Guerillakriegs und der Politik eines erneuerten Bündnisses mit der Kuo-mintang. Diese Spielart der Volksfront bedeutete die Aufgabe des Vorwandes, die Interessen der chinesischen Arbeiterklasse oder der Bauern zu verteidigen – zugunsten einer Politik der nationalen Einheit und Klassenkollaboration. Die brutalsten Anti-Streik-Gesetze des Regimes Tschiang wurden ohne Protest akzeptiert. [8] Die Politik der Partei gegenüber den Großgrundbesitzern bestand 1942 darin, „den Bauern zwar zu helfen, die feudale Ausbeutung zu vermindern, nicht aber diese ganz zu liquidieren, und noch viel weniger den aufgeklärten Landadel anzugreifen, der demokratische Reformen unterstützte.“ [9]

Der Bürgerkrieg, der 1946 dem Bruch der Kommunisten mit Tschiang Kai-schek folgte, war nicht länger ein Guerillakrieg, der sich auf örtliche Basen stützte, sondern ein Territorialkampf zwischen der Volksbefreiungsarmee (wie die kommunistischen Streitkräfte sich jetzt nannten) und Tschiang Kai-schek. Tschiangs korruptes Regime löste sich vor seinen Augen auf, als die galoppierende Inflation die Wirtschaft lähmte, und einige seiner Truppen mußten an ihre Panzer gekettet werden, um sie zum Kämpfen zu bringen. Am Ende desertierten einfach ganze Divisionen der Kuomingtang-Armee zu den Kommunisten.

Anfang 1949 begann die Kommunistische Armee, die großen Städte Chinas mit ihren Millionen von Arbeitern zu „befreien“. Die Arbeiterklasse spielte dabei nur eine passive Rolle. Tatsächlich drückte Mao, als seine Armee auf ihrem Weg zu den Städten im Süden den Jangtse überquerte, in einer Proklamation die Hoffnung aus, daß „die Arbeiter und Angestellten in allen Wirtschaftszweigen ihre Arbeit fortsetzen und das Geschäftsleben wie gewöhnlich seinen Lauf nimmt“ – was nichts anderes darstellte als einen Appell an die Arbeiter, zur Unterstützung der Armee nicht einmal zu streiken. [10]

Man beanspruchte nicht, daß die Chinesische Volksrepublik, die 1949 gegründet wurde, in irgendeiner Weise die Diktatur des Proletariats repräsentierte. Das Gemeinsame Programm, auf dessen Grundlage die Kommunistische Partei in Wirklichkeit die Macht übernahm, basierte auf dem „Block der vier Klassen“ – nationale Bourgeoisie, Kleinbürgertum, Arbeiter und Bauern.

Sowohl vor wie nach der Machtübernahme versprachen die Kommunisten den chinesischen Kapitalisten, daß das Regime für ihre Interessen Sorge tragen würde. Artikel 26 des Gemeinsamen Programms erklärte:

Das Grundprinzip für den wirtschaftlichen Aufbau der Chinesischen Volksrepublik besteht darin, die Produktion zu entwickeln und eine blühende Wirtschaft durch eine Politik zu schaffen, die die öffentlichen wie die privaten Interessen berücksichtigt und sowohl dem Kapital wie der Arbeiterschaft Nutzen bringt.

Arbeiter in vielen Ländern kennen solche Behauptungen über die Harmonie zwischen Kapital und Arbeit und wissen, was das bedeutet – Angriffe auf Lebensstandard und Organisationsrechte der Arbeiter im Namen des vergeblichen „nationalen Interesses“. Das nachrevolutionäre China machte keine Ausnahme. Das Streikrecht wurde durch ein Zwangsschlichtungsverfahren ersetzt; dieses wurde durch die Arbeitsgesetzgebung abgesichert, die Bestimmungen gegen Abwesenheit vom Arbeitsplatz, Verspätung, schlechte Arbeitsqualität usw. umfaßte. Jeder Arbeiter mußte ein Arbeitsbuch führen, das seine bisherige Führung enthielt. Die Aktivitäten der Arbeiter unterlagen einer strengen Kontrolle. Akkordarbeit war weitverbreitet, und die Regierung stellte sich unnachgiebig allen Versuchen entgegen, die Lohndifferenzen zu vermindern. Die Arbeitsnormen wurden ständig erhöht, Wettbewerbskampagnen organisiert, wobei einigen Arbeitern der Titel „Vorbildlicher Arbeiter“ verliehen wurde. [11]

Trotzdem dehnte das kommunistische Regime den staatseigenen Sektor der Wirtschaft ziemlich rasch aus. Der KP ging es vor allem darum, ihre politische Kontrolle zu festigen. In den ersten sechs Monaten des Jahres 1951 wurden allein 800.000 Konterrevolutionäre von den Volksgerichten abgeurteilt und 135.000 hingerichtet. (Dies sind Zahlen aus offiziellen chinesischen Quellen – kritischere Beobachter haben sie viel höher angesetzt). Natürlich bestand die überwiegende Mehrheit der Bestraften aus den Parasiten und Gangstern, die die Stützen des Kuomintang-Regimes gewesen waren, Nichtsdestoweniger ergibt sich das Bild eines systematischen Versuchs, dem Regime Loyalität zu sichern. [12]

Das durch die chinesische Revolution etablierte Regime war eine Form des bürokratischen Staatskapitalismus. Aber die internationale Bedeutung dieser Revolution war ungeheuer. Nach einem lang andauernden Bürgerkrieg, der auf einem Massenkampf beruhte, hatte die größte Nation der unterentwickelten Welt einen entscheidenden Bruch mit dem westlichen Imperialismus vollzogen. In den Augen der unterdrückten Völker der unterentwickelten Welt hatte die Sowjetunion jetzt einen ernsthaften Rivalen.

Die sowjetische Hegemonie war in den Augen dieser Völker das Produkt einer ganzen Ära von Niederlagen. Das größte Plus der Sowjetunion – ein Plus, das in den Augen der meisten Kommunisten seine Fehler weit überstrahlte – war, daß es überhaupt existierte. Es war die einzige konkrete, greifbare Alternative zum westlichen Imperialismus. Für jedermann (mit Ausnahme von paranoiden Antikommunisten in den USA) lag offen auf der Hand, daß Mao’s China kein Werk des Stalin’schen Rußland war. Der monolithischen kommunistischen Weltbewegung war ein entscheidender Schlag versetzt worden.

 

 

Der Koreakrieg

Im dritten asiatischen Land, in dem die Kommunisten im bewaffneten Kampf standen – in Korea – unterschied sich die Situation sehr von der Chinas wie von der Vietnams. Schon die Entstehung von zwei Staaten in Korea war eine Art Unfall gewesen. Korea war weder von Stalin noch von Roosevelt für wichtig genug erachtet worden, um auf Jalta Verhandlungsgegenstand zu sein. Im August 1945, als Japan mit der Atombombe zur Kapitulation gezwungen wurde, mußte schnell eine Entscheidung gefällt werden. Die Vereinigten Staaten erließen den Allgemeinen Befehl Nummer Eins, der den japanischen Truppen südlich des 38. Breitengrades vorschrieb, sich den Amerikanern, und denen nördlich davon, sich den Russen zu ergeben. Das brachte Amerika die Hauptstadt Seoul ein, aber die nördliche Landeshälfte verfügte über die entwickeltere Industrie und die Hauptvorräte an Kupfer, Blei und Zink. Da die russischen Truppen Korea am 12. August erreichten, die amerikanischen Streitkräfte aber erst am 8. September, hätten die Russen einen größeren Anteil bekommen können, wenn sie es darauf hätten ankommen lassen. Aber in diesem Stadium wollten sie die guten Beziehungen zum Westen nicht gefährden.

Es entstanden zwei Marionettenstaaten. Das Regime im Süden wurde von einem korrupten Diktator namens Syngman Rhee geführt, der über die Hälfte seines Lebens in den Vereinigten Staaten verbracht hatte. Er füllte bald die Gefängnisse mit seinen politischen Gegnern und hintertrieb die Landreform; die Zahl der Arbeitslosen stieg auf über eine Million.

An der Spitze der Regierung im Norden stand Kim Il-Sung, der in den dreißiger Jahren ein Guerillaführer der koreanischen KP und mindestens seit 1942 in Moskau gewesen war. Er kehrte in russischer Uniform nach Korea zurück.

Die beiden Staaten koexistierten nicht friedlich. Seit 1948 gab es im Süden einen bewaffneten Partisanenkampf, und im Juni 1950 brach der Krieg auf der ganzen Linie aus, als die nordkoreanischen Armeen rasch in den Süden vorrückten. Es gibt noch immer widersprüchliche Berichte über den Kriegsausbruch, und selbst wenn es der Norden war, der schließlich die Grenzen überschritt, so waren sicher ausgiebige Provokationen von Rhees Regime vorausgegangen.

Der Koreakrieg, die am längsten währende militärische Konfrontation des Kalten Krieges, kann nur verstanden werden vor dem Hintergrund der globalen Situation der Jahre 1950-53. Weder die Sowjetunion noch die Vereinigten Staaten waren in der Lage, die Nachkriegsaufteilung grundsätzlich in Frage zu stellen. Trotz aller Rhetorik machten die Vereinigten Staaten keinen Versuch, Osteuropa dem Kommunismus wieder zu entreißen, noch versuchten die Sowjets ihrerseits, neues Territorium zu erobern.

Das amerikanische Ziel bestand darin, die Kontrolle über die Pazifikküste zu vervollständigen, sicherzustellen, daß die Kontrolle über jenen Ozean, die sie im Zweiten Weltkrieg gewonnen hatten, insbesondere ihr Einfluß auf Japan, in keiner Weise gefährdet wurde. Der Erfolg der chinesischen Revolution ließ dies umso dringender erscheinen. Darüber hinaus hatte der Krieg zur Folge, daß der amerikanische Kongreß den Etat für die Wiederaufrüstung erhöhte, was zu einem Zeitpunkt, als sich die ersten Anzeichen einer wirtschaftlichen Rezession bemerkbar machten, die Grundlage dafür schuf, daß die Gesamtwirtschaft immer abhängiger von der Rüstungswirtschaft wurde.

Die sowjetischen Ziele waren ähnlicher Natur wie die der Amerikaner. Stalin wollte eine Position an der Pazifikküste erreichen, verhindern, daß Japan unter die Vorherrschaft der Vereinigten Staaten geriet, und die Ostflanken der Sowjetunion schützen. Obwohl die Sowjetunion eine direkte militärische Einmischung vermied, war klar, daß die grundlegenden Entscheidungen in Moskau getroffen wurden. Als der Krieg ausbrach, veröffentlichte die Sowjetische Presse unverzüglich die gleiche Darstellung der Ereignisse, die der Nordkoreanische Rundfunk gerade gab. Die Hauptlast des Krieges trugen zwangsläufig die Chinesen; das war wahrscheinlich ein zusätzlicher Faktor in Stalins Rechnung – der Krieg würde China an seine Abhängigkeit von der Sowjetunion erinnern und die Entstehung jeglicher titoistischer Tendenzen verhindern.

Der Krieg wütete fürchterlich im ganzen Land. Am 29. Oktober hatten die amerikanischen Streitkräfte fast die chinesische Grenze erreicht.

Die Chinesen, die gerade die Invasion Tibets eingeleitet hatten, mußten sich nun selbst verteidigen und unternahmen einen massiven Vorstoß nach Korea hinein. Zu dieser Zeit hatten sie fast ausschließlich von den Japanern und der Kuomintang erbeutete Waffen. Ende 1950 verlief die Front wieder in der Nähe des 38. Breitengrads, und dort blieb sie, trotz heftiger Kämpfe, für die nächsten zwei Jahre.

Der Krieg in Korea war demnach anderer Natur als die Kämpfe in Vietnam und China. Wohl gab es Elemente einer nationalen Befreiungsbewegung in Südkorea, aber sie wurden schnell hinweggeschwemmt, als sich der Krieg ausweitete. Nach den ersten Monaten spielten koreanische Streitkräfte nur noch eine zweitrangige Rolle; das koreanische Volk im Norden und Süden war das Opfer, während sich zwei große Weltmächte in einer Kraftprobe auf seinem Territorium gegenüberstanden. Die Guerillas, die hinter den US-Linien operierten, waren Einheiten der nordkoreanischen Armee, keine Bewegung, die in den Massen verwurzelt war.

Das Auffallendste am Koreakrieg ist nicht, wie er begann, sondern wie er endete. Ende 1952 konnten beide Seiten absehen, daß sie keine Aussicht auf einen direkten Sieg hatten, zudem wurden gerade die ersten Schritte für ein „Tauwetter“ in den Ost-West Beziehungen gemacht. Obwohl die Waffenstillstandsverhandlungen sich einige Zeit hinschleppten, kam der Krieg im Juli 1953 zu einem Ende – ein Beweis dafür, daß er in Washington und Moskau genauso wieder abgeschaltet werden konnte, wie er dort angeschaltet worden war. Es besteht ein deutlicher Unterschied zum zweiten, 1965 beginnenden Vietnamkrieg. Hier war der Krieg für die Sowjetunion eine Verlegenheit, und sie hätten ihn gerne beendet, Jahre bevor er tatsächlich endete. Während die Vietnamesen die Vorkämpfer ihres Krieges waren, waren die Koreaner Opfer des ihren.

 

 

Anmerkungen

1. Zit. bei M. Gettleman (Hrsg.): Vietnam, London 1966, S.94

2. H.R. Isaacs: The Tragedy of the Chinese Revolution, second revised edition, Standford 1961, passim.

3. Y. Gluckstein: Mao’s China, London 1957, S.210-11

4. Isaacs, op. cit., S.334-36

5. Gluckstein, op. cit., S.179

6. ebenda, S.180; Isaacs, op. cit., S.341-49

7. Gluckstein, op. cit., S.180-81

8. ebenda, S.212

9. ebenda, S.180-81

10. ebenda, S.212

11. ebenda, S.213-17, 225, 229-30

12. S. Schramm, Mao Tse-tung, London 1966, S.267

 


Zuletzt aktualisiert am 3.8.2001