Haim Hanegbi, Moshé Machover
und Akiva Orr


Der Klassencharakter Israels

(1969)


Haim Hanegbi, Moshé Machover & Akiva Orr, The Class Character of Israeli Society, in Arie Bober (Hrsg.), The Other Israel [PDF], New York 1972.
Aus dem Englischen von Rosemarie Nünning.
HTML-Markierung von Einde O’Callaghan for REDS – Die Roten.


Dieser Aufsatz wurde gemeinsam mit Chaim Hanegbi und Akiva Orr verfasst und erschien in verschiedenen Publikationen in mehreren leicht abweichenden Fassungen. Das hier übersetzte Kapitel entspricht der Version in der New Left Review 65, Januar/Februar 1971. – M.M.

Der Klassencharakter der israelischen Gesellschaft stellt eine bahnbrechende marxistische Analyse der Arbeiterklasse in Israel dar. Auch wenn sich in Israel und auf internationaler Bühne vieles verändert hat, wie Moshé Machover, einer der Autoren, betont, bleibt dieser Artikel ein wichtiger Ausgangspunkt für jede Diskussion über die Dynamik der israelischen Gesellschaft. Zur heutigen Situation soll aber verwiesen werden auf Machovers Artikel Israel rocked by protests, oder The anatomy of Israel’s protest movement von Jonah Birch und Hadas Thier. – d. Übers.


In der israelischen Gesellschaft gibt es wie in allen anderen Klassengesellschaften widerstreitende gesellschaftliche Interessen – Klasseninteressen, die Anlass für interne Klassenkämpfe sind. Aber die israelische Gesellschaft insgesamt ist seit fünfzig Jahren in einen permanenten äußeren Konflikt verstrickt: den Konflikt zwischen Zionisten und der arabischen Welt, insbesondere den Palästinensern. Welcher dieser beiden Konflikte ist der beherrschende und welcher der untergeordnete? Was ist der Charakter dieser Unterordnung und was seine Dynamik? Das sind Fragen, die jeder, der sich mit der israelischen Gesellschaft und Politik beschäftigt, beantworten muss.

Für Revolutionäre in Israel sind das keine rein akademischen Frage. Die Antworten bestimmen die Strategie des revolutionären Kampfs. Wer den inneren Klassenkonflikt für dominierend hält, konzentriert sich auf die israelische Arbeiterklasse und misst dem Kampf gegen den kolonisierenden, nationalistischen und diskriminierenden Charakter des zionistischen Staats zweitrangige Bedeutung bei. Aus dieser Sicht ist der äußere vom inneren Konflikt abgeleitet. Außerdem wird nach dieser Auffassung die innere Dynamik der israelischen Gesellschaft zu einer Revolution in Israel führen, ohne unbedingt von einer sozialen Revolution in der arabischen Welt abhängig zu sein.

Die Erfahrung mit klassisch kapitalistischen Ländern hat meistens gezeigt, dass innere Klassenkonflikte und Klasseninteressen die externen Konflikte und Interessen dominieren. Diese Theorie hält aber in bestimmten Fällen nicht Stand. Zum Beispiel in einem kolonisierten Land unter direkter Herrschaft einer Auslandsmacht kann die Dynamik der kolonisierten Gesellschaft nicht einfach aus den inneren Konflikten der Gesellschaft abgeleitet werden, da der Konflikt mit der Kolonialmacht der dominierende ist. Israel ist weder ein klassisch kapitalistisches Land noch eine klassische Kolonie. Seine wirtschaftlichen, sozialen und politischen Kennzeichen sind so einzigartig, dass jeder Versuch, es durch Übertragung von Theorien über andere Gesellschaften oder durch Analogien zu anderen Gesellschaften zu analysieren, eine Karikatur werden muss. Eine Analyse muss stattdessen von den besonderen Merkmalen und der besonderen Geschichte der israelischen Gesellschaft ausgehen.
 

Eine Einwanderungsgesellschaft

Das erste wichtige Merkmal der israelischen Gesellschaft besteht darin, dass die Mehrheit der Bevölkerung entweder Einwanderer oder die Kinder von Einwanderern sind. Im Jahr 1968 betrug die Zahl der erwachsenen (über 15 Jahre) jüdischen Bevölkerung 1.689.286 Menschen, von denen nur 24 Prozent in Israel geboren waren und nur 4 Prozent in Israel geborene Eltern hatten. [1] Die israelische Gesellschaft ist bis heute eine Einwanderungsgesellschaft und weist viele für solche Gemeinschaften typische Merkmale auf. [2] In solch einer Gesellschaft bilden sich die Klassen selbst, und bildet sich erst recht das Klassenbewusstsein erst noch heraus. Einwanderung erzeugt eine Erfahrung und eine Mentalität, „eine neue Seite aufgeschlagen“ zu haben. In der Regel hat der Einwanderer seinen Beruf, seine gesellschaftliche Stellung und seine Klasse gewechselt. Im Falle Israels kam die Mehrheit der Einwanderer aus dem Kleinbürgertum, ob sie aus städtischen Gegenden in Mittel- und Osteuropa kamen oder aus Klein- und Großstädten der arabischen Welt. Der neue Einwanderer erhoffte sich einen anderen Platz in der Gesellschaft. Zudem sieht er, dass all die vorteilhaften Positionen in der neuen Gesellschaft schon von früheren Einwanderern besetzt sind, und das verstärkt seine Absicht, die soziale Stufenleiter durch harte Arbeit zu erklimmen. Der Einwanderer betrachtet seine aktuelle gesellschaftliche Stellung als vorübergehend. Sein Vater war selten ein Arbeiter, und er selbst lebt in der Hoffnung, dass auch er eines Tages unabhängig sein wird, oder dass zumindest sein Sohn es sein wird. Das Klassenbewusstsein und der Stolz, wie sie im britischen und französischen Proletariat vorhanden sind, gibt es in Israel nicht und erscheint vielen israelischen Arbeitern als sonderbar. Fragst du einen englischen Arbeiter nach seinen Wurzeln, wird er fast automatisch in Klassenbegriffen antworten („Ich bin Arbeiter“) und wird seine Einstellungen anderen Menschen gegenüber in ähnlichen Klassenbegriffen formulieren. Ein israelischer Arbeiter wird dagegen ethnische Kategorien benutzen und sieht sich selbst und andere in Begriffen von „polnisch“, „Misrachi“ und so weiter. Für viele Menschen in Israel ist ihre gesellschaftliche Stellung immer noch mit ihrer ethnischen oder geografischen Herkunft verbunden, und solch ein gesellschaftliches Bewusstsein ist offensichtlich eine Schranke, die die Arbeiterklasse daran hindert, eine unabhängige Rolle zu spielen, ganz zu schweigen von einer revolutionären, die auf eine vollständige Umgestaltung der Gesellschaft gerichtet ist.

Keine Arbeiterklasse kann eine revolutionäre Rolle in der Gesellschaft spielen, wenn die Mehrheit ihrer Mitglieder im Rahmen der bestehenden Gesellschaft ihre Lage individuell zu verbessern sucht, indem sie die Reihen ihrer Klasse verlassen. Diese Wahrheit gilt umso mehr, wenn das Proletariat sich selbst nicht als stabile soziale Klasse ansieht, mit eigenen Gruppeninteressen und eigenem Wertesystem, die in Konflikt mit der bestehenden gesellschaftlichen Ordnung stehen. Der Impuls zu einer vollständigen Transformation der Gesellschaft kann kaum aus einer Gemeinschaft von Einwanderern kommen, die gerade erst ihren sozialen und politischen Status gewechselt haben und unter den Bedingungen hoher gesellschaftlicher Mobilität leben. Das heißt nicht, dass die israelische Arbeiterklasse in der Zukunft keine revolutionäre Kraft werden könnte; es heißt lediglich, dass heute politische Aktivitäten in dieser Klasse nicht von denselben Voraussetzungen und Erwartungen ausgehen können wie in einer klassischen kapitalistischen Gesellschaft.
 

Eine Siedlergesellschaft

Wenn die Einzigartigkeit der israelischen Arbeiterklasse nur in der Tatsache besteht, dass sie vor allem aus Einwanderern zusammengesetzt ist, dann könnte immer noch angenommen werden, dass sie mit der Zeit und geduldiger sozialistischer Propaganda beginnen könnte, eine unabhängige, vielleicht sogar revolutionäre Rolle zu spielen. In solch einer Situation würde sich die geduldige Schulungsarbeit kaum von der in anderen Gegenden unterscheiden. Die israelische Gesellschaft ist aber nicht einfach eine Gesellschaft von Einwanderern, sie ist eine von Siedlern. Diese Gesellschaft, einschließlich ihrer Arbeiterklasse, wurde durch einen Prozess der Kolonisierung geformt. Dieser Prozess, der seit 80 Jahren vor sich geht, fand nicht im luftleeren Raum statt, sondern in einem Land, das von anderen Menschen bevölkert war. Der Konflikt zwischen der Siedlergesellschaft und der Ursprungsgesellschaft, den vertriebenen palästinensischen Arabern, ist bis heute nicht beendet und er hat jede Struktur der israelischen Soziologie, Politik und Wirtschaft beeinflusst. Die zweite Generation israelischer politischer Führer ist sich dessen voll und ganz bewusst. In einer berühmten Rede bei der Beerdigung von Roy Rutberg, einem Kibbuzbewohner, der im Jahr 1956 von palästinensischen Guerillas ermordet wurde, erklärte General Mosche Dajan:

„Wir sind eine Generation von Siedlern und können ohne den Stahlhelm und ohne Kanonen nicht einen einzigen Baum pflanzen, nicht ein einziges Haus bauen. Lasst uns nicht zurückschrecken, wenn wir sehen, wie der Hass aufwallt und das Leben Hunderttausender Araber erfüllt, die uns von allen Seiten umgeben. Lasst uns die Augen nicht abwenden, damit unsere Hand nicht fehle. Das ist das Schicksal unserer Generation, die Aufgabe unseres Lebens: bereit und gewappnet zu sein, stark und hart. Sonst wird das Schwert unserer Hand entgleiten, und unser Leben wird ausgelöscht werden.“ [3]

Diese klare Einschätzung steht in scharfem Kontrast zum offiziellen zionistischen Mythos, die „Wüste zum Blühen“ zu bringen, und Dajan machte das unmissverständlich klar, als er weiter sagte, dass die Palästinenser jeden Grund zum Hass hätten, denn „ihre Felder werden vor ihren Augen von uns bestellt“.

Als Marx die berühmte Äußerung tat, dass ein Volk, das ein anderes unterdrückt, niemals frei sein kann, war das für ihn nicht nur ein moralisches Urteil. Er wollte damit auch sagen, dass in einer Gesellschaft, deren Herrscher ein anderes Volk unterdrücken, die ausgebeutete Klasse, die nicht aktiv gegen diese Unterdrückung vorgeht, unvermeidlich zum Komplizen der Unterdrückung wird. Selbst wenn diese Klasse nicht direkt etwas von dieser Unterdrückung für sich gewinnt, wird sie anfällig für die Illusion, dass sie ein gemeinsames Interesse mit ihrer eigenen herrschenden Klasse daran teilt, die Unterdrückung fortzusetzen. Solch eine Klasse folgt normalerweise den eigenen Herrschern, statt deren Herrschaft anzugreifen. Das gilt außerdem umso mehr, wenn die Unterdrückung nicht an fernen Orten stattfindet, sondern „zu Hause“, und wenn die nationale Unterdrückung und Ausbeutung eben Grundlage für die Entstehung und das Fortbestehen der unterdrückenden Gesellschaft ist.

Revolutionäre Organisationen haben in der jüdischen Gemeinschaft Palästinas seit dem Jahr 1920 gearbeitet und haben eine Menge Erfahrungen bei solchen praktischen Aktivitäten gesammelt. Diese Erfahrungen sind ein sehr eindeutiger Beweis für die Richtigkeit des Ausspruchs: „Ein Volk, das ein anderes unterdrückt, kann selbst nicht frei sein.“ In Bezug auf die israelische Gesellschaft heißt das, solange der Zionismus politisch und ideologisch in dieser Gesellschaft dominiert und den akzeptierten Rahmen der Politik darstellt, gibt es keinerlei Aussicht, dass die israelische Arbeiterklasse eine revolutionäre Klasse werden könnte. Im Verlauf von fünfzig Jahren wurde die israelische Arbeiterschaft kein einziges Mal für materielle oder gewerkschaftliche Fragen mobilisiert, um das israelische Regime selbst herauszufordern; es ist unmöglich, auch nur eine Minderheit des Proletariats auf diese Weise in Bewegung zu setzen. Im Gegenteil stellen israelische Arbeiter fast immer ihre nationale Loyalität über ihre Klassenloyalität. Das mag sich in der Zukunft ändern, aber das enthebt uns nicht der Aufgabe, zu erklären, warum es in den vergangenen 50 Jahren so war.
 

Ethnische Vielfalt

Ein dritter wesentlicher Faktor ist der ethnische Charakter des israelischen Proletariats. Die Mehrheit der am meisten ausgebeuteten Schichten in der israelischen Arbeiterklassesind Einwanderer aus Asien und Afrika. [4] Auf den ersten Blick sieht es so aus, als müsste die Verdopplung von Klassenspaltungen durch ethnische Spaltungen den inneren Klassenkonflikt in der israelischen Gesellschaft noch zuspitzen. Es gab Ansätze dafür, aber der ethnische Faktor hat sich in den letzten zwanzig Jahren überwiegend in die andere Richtung ausgewirkt. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Erstens konnten viele Einwanderer aus Asien und Afrika ihren Lebensstandard heben, weil sie Proletarier in einer modernen kapitalistischen Gesellschaft wurden. Ihre Unzufriedenheit richtete sich nicht gegen ihre Lebensumstände als Proletarier, sondern gegen ihre Lebensumstände als „Misrachim“, also die Tatsache, dass auf sie herabgeblickt wurde, und sie manchmal sogar von Israelis europäischer Herkunft diskriminiert wurden. Die zionistischen Herrscher haben Maßnahmen ergriffen, um die zwei Gruppen miteinander zu verschmelzen. Aber trotzdem bleiben die Unterschiede sichtbar und nehmen sogar zu. Mitte der 60er Jahre waren zwei Drittel der ungelernten Arbeiter Misrachim; 38 Prozent der Misrachim lebten mit drei oder mehr Personen in einem Raum, während nur 7 Prozent der aus Europa stammenden Einwanderer so leben mussten, und im Parlament, der Knesset, waren vor 1965 nur 16 von 120 Mitgliedern Misrachim und nur 21 danach. Solche sozialen Unterschiede werden von den Misrachim jedoch in ethnischen Begriffen interpretiert; sie sagen nicht: „Ich werde als Arbeiter ausgebeutet und diskriminiert“, sondern: „Ich werde ausgebeutet und diskriminiert, weil ich ein Misrachi bin.“ Zweitens sind im derzeitigen kolonialen Kontext der israelischen Gesellschaft die Misrachiarbeiter eine Gruppe, die sich am ehesten mit den „armen Weißen“ der USA oder den Pied-noirs [den „Schwarzfüßen“, den europäischen Siedlern] in Algerien vergleichen lässt. Solche Gruppen wollen auf keinen Fall mit Arabern, Schwarzen und Ureinwohnern jeder Art in einen Topf geworfen werden, die von diesen Siedlern als „minderwertig“ betrachtet werden. Ihre Antwort besteht darin, sich mit den chauvinistischsten, rassistischsten und diskriminierendsten Elementen des Establishments gemein zu machen; die meisten Anhänger der halbfaschistischen Cherut-Partei sind jüdische Einwanderer aus Asien und Afrika, und das muss denen bewusst sein, deren revolutionäre Strategie für die israelische Gesellschaft von einem künftigen Bündnis arabischer Palästinenser und Misrachijuden ausgeht, egal ob auf Grundlage ihrer gemeinsamen Lebensumstände als Ausgebeutete oder ihrer kulturellen Nähe, weil die Misrachijuden aus arabischen Ländern stammen. Das heißt nicht, dass diese Schicht des israelischen Proletariats „von Natur aus“ reaktionäre wäre; ihr gegenwärtiger reaktionärer Charakter ist allein ein Ergebnis der Herrschaft des politischen Zionismus. Diese Schicht könnte zu einem Agenten sozialrevolutionärer Prozesse in der israelischen Gesellschaft werden, wenn das zionistische Establishment selbst zerrüttet ist. Zweifelhaft ist jedoch, ob sie eine Bewegung anführen würden, um es zu zerrütten.
 

Eine privilegierte Gesellschaft: Kapitalzufluss

Die israelische Gesellschaft ist nicht nur eine Siedlergesellschaft, die von dem Prozess der Kolonisierung eines bereits bevölkerten Lands geprägt ist, sie ist auch eine Gesellschaft, die einzigartige Privilegien genießt. Sie kann sich des Zuflusses materieller Mittel von außen von unvergleichlicher Menge und Qualität erfreuen, es wurde berechnet, dass Israel im Jahr 1968 10 Prozent der gesamten Auslandshilfen für unterentwickelte Länder erhielt. [5] Israel ist ein einzigartiger Fall im Nahen Osten, es wird vom Imperialismus finanziert, ohne wirtschaftlich von ihm ausgebeutet zu werden. Und das war von Anfang an so: Der Imperialismus benutzte Israel für seine politischen Zwecke und zahlte dafür mit Wirtschaftshilfen. Oscar Gass, ein amerikanischer Volkswirt, der eine Zeit lang Wirtschaftsberater der israelischen Regierung war, schrieb kürzlich:

Einzigartig an diesem Aufbauprozess […] ist der Faktor des Kapitalzuflusses. […] In den 17 Jahren von 1949 bis 1965 importierte Israel Waren- und Dienstleistungen im Wert von 6 Milliarden US-Dollar und somit mehr, als es exportierte. In den 21 Jahren von 1948 bis 1968 lag der Importüberschuss über 7,5 Milliarden Dollar. Das ist für jede in Israel lebende Person (innerhalb der Grenzen vor 1967) ein Überschuss von rund 2.650 US-Dollar in den 21 Jahren bis Ende 1968. Und an nur 30 Prozent dieser Auslandszuflüsse […] waren Bedingungen geknüpft, Dividenden, Zinsen oder Kapital zurückzuzahlen. Etwas Ähnliches gibt es nirgendwo sonst auf der Welt, und deshalb kann Israels Wirtschaftsentwicklung eher nicht als Beispiel für andere Länder gelten. [6]

Siebzig Prozent dieses Defizits von 6 Milliarden Dollar wurden durch „einseitigen Nettokapitaltransfer“ abgedeckt und sind an keine Bedingungen hinsichtlich Zinsen oder Dividenzahlungen geknüpft. Sie bestanden aus Spenden, die vom United Jewish Appeal gesammelt wurden, aus Wiedergutmachungszahlungen der deutschen Regierung und Beihilfen der Regierung der Vereinigten Staaten. Dreißig Prozent stammten aus „langfristigem Kapitaltransfer“, das heißt israelischen Regierungsanleihen, Darlehen ausländischer Regierungen und Kapitalinvestitionen. Letztere genießen in Israel Steuerbefreiung und garantierte Rendite aufgrund eines Gesetzes zur Förderung von Kapitalinvestitionen [7]; und dennoch lag diese quasikapitalistische Investmentquelle weit hinter den unilateralen Spenden und langfristigen Transferdarlehen. In der gesamten Zeit von 1949 bis 1965 kam der Kapitaltransfer (beide Formen zusammengenommen) von den folgenden Quellen: 60 Prozent von der internationalen jüdischen Gemeinschaft, 28 Prozent von der deutschen Regierung und 12 Prozent von den Vereinigten Staaten. Bei dem unilateralen Kapitaltransfer stammten 51,5 Prozent von der internationalen jüdischen Gemeinschaft, 4 Prozent von der deutschen Regierung und 7,4 Prozent von den Vereinigten Staaten. Beim langfristigen Kapitaltransfer stammten 68,7 Prozent von der internationalen jüdischen Gemeinschaft, 20,5 Prozent von der Regierung der Vereinigten Staaten und 11 Prozent aus anderen Quellen. In den Jahren 1949 bis 1965 lagen die Nettoeinsparungen der israelischen Wirtschaft im Durchschnitt bei null, wobei sie manchmal +1 und manchmal −1 betrugen. Die Investitionsrate in derselben Zeit lag dagegen bei 20 Prozent des Bruttonationalprodukts. Das konnte nicht aus der israelischen Volkswirtschaft selbst heraus kommen, weil es dort keine Ersparnisse gab; das kam vollständig von außen in Form von einseitigen und langfristigen Kapitalinvestitionen. Mit anderen Worten, das Wachstum der israelischen Volkswirtschaft resultiert voll und ganz aus Kapitalzuflüssen von außen. [8]

Seit 1967 ist diese Abhängigkeit von Auslandskapital noch gewachsen. Aufgrund der veränderten Lage im Nahen Osten haben die Rüstungsausgaben noch zugenommen. Laut dem israelischen Finanzminister wurde im Januar 1970 der Rüstungshaushalt auf 24 Prozent des Bruttonationalprodukts des Jahres 1970 geschätzt, das ist ein doppelt so hoher Anteil wie in den USA im Jahr 1966, dreimal so viel wie in Großbritannien und viermal mehr als in Frankreich. [9] Das hat zu einer zusätzlichen Belastung der eigenen Quellen für Investitionsgelder und die Zahlungsbilanz geführt und erforderte einen entsprechenden Anstieg an Kapitalzufluss. In den Jahren 1967/68 wurden in Israel drei „Millionärskonferenzen“ abgehalten, wozu ausländische Kapitalisten eingeladen wurden mit der Aufforderung, den Kapitalzufluss und die Auslandsbeteiligung an Industrie- und Landwirtschaftsprojekten zu erhöhen. Im September 1970 kehrte der israelische Finanzminister Pinchas Sapir von einer dreiwöchigen Spendensammelreise in den Vereinigten Staaten zurück und fasste die Lage so zusammen:

Wir haben uns das Ziel gesetzt, im kommenden Jahr beim Weltjudentum 1.000 Millionen US-Dollar an Spenden einzutreiben mithilfe des United Jewish Appeal und der Kampagne für Israel Development Bonds (Anleihen zur Entwicklungsfinanzierung), die von der Jewish Agency gefördert wird. Diese Summe liegt um 400 Millionen Dollar höher als die im Jahr 1967 aufgebrachte. […] Während der kürzlich stattgefundenen Reise des Finanzforschungsteams aus den USA durch Israel erklärten wir ihnen, dass wir, selbst wenn wir die vom United Jewish Appeal und der Kampagne für Israelische Entwicklungsanleihen erhofften Summen aufbringen, diese immer noch um mehrere Millionen Dollar unter der erforderlichen Summe liegen werden. Nachdem wir unseren Bedarf an Waffen aufgelistet hatten, informierten wir die USA, dass wir 400 bis 500 Millionen Dollar im Jahr benötigen werden. [10]

Allem Anschein nach hat sich die Abhängigkeit Israels von den Vereinigten Staaten seit dem Krieg von 1967 deutlich verändert. Das Sammeln von Geldspenden bei den Juden der Welt (indem Kapital aus ihren Gefühlen oder Ängsten geschlagen wurde) reicht nicht mehr aus, um den außerordentlich angewachsenen Rüstungshaushalt zu stützen. Mit durchschnittlich rund 500 Millionen Dollar sind die Spendensammlungen jetzt doppelt so hoch, und dazu wurden die Vereinigten Staaten gebeten, weitere 500 Millionen Dollar zur Verfügung zu stellen. Es liegt auf der Hand, dass die Bereitschaft der Regierung der Vereinigten Staaten, diese Summen zur Verfügung zu stellen, davon abhängt, was sie im Gegenzug dafür bekommt. In dem besonderen Falle Israel handelt es sich nicht um wirtschaftlichen Profit. [11]

Das britische Kapital hat ebenfalls enge Beziehungen mit Israel geknüpft. [12] Zwanzig Prozent der israelischen Importe stammen aus Großbritannien, und der Handel hat sich seit dem Junikrieg von 1967 fast verdoppelt. British Leyland ist an den Buswerken der Histadrut beteiligt (mit einem Anteil von 34 Prozent) und an privat gelenkten israelischen Automobil- und Jeepwerken. Marks & Spencer kauft im Wert von 2 bis 3 Millionen Pfund Waren von Israel, ein Drittel davon sind Textilien und der Rest Orangen, Gemüse und Fruchtsäfte. Auch wichtige britische Finanzinteressen waren mit Sir Issac Wolfson und Charles Clore vertreten. Wolfson ist Vorsitzender der Great Universal Stores in Großbritannien, die 30 Prozent des Aktienkapitals an GUS Industries (Israel) hält. Wolfson und Clore arbeiten mit Israels größter inländischer Kapitalgruppe, den Gebrüdern Mayer, im Immobilienbereich in Israel und Afrika zusammen und ließen den einzigen Wolkenkratzer des Landes, den Schalomturm in Tel Aviv, bauen. Wolfson kontrolliert außerdem 30 Prozent der großen Tankstellenkette Paz, die unter dem Druck der Araber im Jahr 1959 von Shell verkauft wurde. Wolfson steht außerdem mit hinter der Israel Corporation, einer 30 Millionen Dollar schweren Gesellschaft mit einer Mindestzeichnung pro Aktie von 100.000 Dollar, die nach dem Junikrieg gegründet wurde, um die industrielle Entwicklung in Israel zu fördern.

Die wachsende Beteiligung von Auslandskapital in Israel hat zu verschiedenen Veränderungen in der Volkswirtschaft selbst geführt, die sich ebenfalls direkt unter dem durch die Höhe der Rüstungsausgaben entstandenen Druck entwickelten. Die Wirtschaft wurde nach amerikanisch-kapitalistischen Standards „effizienter“: Das Steuersystem wurde reformiert, Investitionsbedingungen wurden „liberalisiert“ und Armeegeneräle an US-amerikanische Unternehmensschulen geschickt und dann an die Spitze von Industrieunternehmen gestellt. In den Jahren 1968/69 war ein offizieller Lohnstopp verhängt, und einige öffentliche Unternehmen wurden sogar an Privatkapital verkauft – zum Beispiel der 26-prozentige Staatsanteil an der Ölraffinerie von Haifa.

Dieser Mittelzufluss von außen umfasst nicht das Eigentum, das das zionistische Establishment in Israel von geflüchteten Palästinensern als „aufgegebenes Eigentum“ übernahm. Dazu gehört bestelltes wie unbestelltes Land; bis 1967 waren nur 10 Prozent des Landbesitzes zionistischer Körperschaften in Israel vor 1948 gekauft worden. Dazu gehören auch viele Häuser und ganze verlassene Städte wie Jaffa, Lydda und Ramleh, wo nach dem Krieg von 1948 sehr viel Eigentum konfisziert wurde.
 

Die Verteilung der Auslandsgelder

Der riesige Kapitalzufluss geriet nicht in die Hände der kleinen israelischen Bourgeoisie, sondern die des Staats, des zionistischen Establishments [13, und das stand seit den 1920er Jahren unter Kontrolle der Bürokratien der zionistischen Arbeiterparteien. Diese bestimmten über die Verteilungsmechanismen für das einströmende Kapital wie auch das eroberte Eigentum. Im Ausland gesammelte Gelder kommen über die Jewish Agency ins Land, die zusammen mit der Histadrut und der israelischen Regierung das Dreieck der Regierungseinrichtungen bildet. Alle zionistischen Parteien, von der Mapam zur Cherut, sind in der Jewish Agency vertreten. Sie finanziert Teile der israelischen Volkswirtschaft, insbesondere die nicht profitablen Segmente der Landwirtschaft wie die Kibbuzim, und sie verteilt auch Gelder an zionistische Parteien und ermöglicht es ihnen auf diese Weise, ihre Zeitungen und Wirtschaftsunternehmen zu führen. Die Fonds werden entsprechend des Stimmanteils der Parteien in den vorangegangenen Wahlen aufgeteilt, und mit diesem Subventionssystem können die zionistischen Parteien auch dann noch überleben, wenn die sozialen Kräfte, die sie schufen, verschwunden sind. [14]

Historisch gesehen bestand der Zweck dieses Systems in der Stärkung des Kolonisierungsprozesses entsprechend der Vorstellung der zionistischen Arbeiterparteien und der Stärkung der Kontrolle der Bürokratie selbst über die israelische Gesellschaft. Das hat sich als erfolgreich erwiesen, denn die israelische Arbeiterklasse steht nicht nur organisatorisch und wirtschaftlich unter der vollständigen Kontrolle der Arbeiterbürokratie, sondern auch die israelische Bourgeoisie. Historisch hat die Bürokratie die meisten der Institutionen, Werte, Praktiken der israelischen Gesellschaft geprägt, ohne im Inneren je auf erfolgreiche Opposition gestoßen zu sein. Sie war lediglich den äußeren Beschränkungen, wie sie der Imperialismus und der Widerstand der Araber diktierten, unterworfen. Der Großteil dieses enormen Mittelzuflusses wurde für Einwanderungsprojekte verwandt und für Wohnungsbau und Beschäftigung, um das Bevölkerungswachstum bei der jüdischen Gesellschaft von 0,6 Millionen im Jahr 1948 auf 2,4 Millionen im Jahr 1968 zu bewältigen.

Dieser Prozess wurde begleitet von relativ geringer persönlicher Bestechlichkeit, aber von einer Menge politischer und sozialer Korruption. Der Mittelzufluss hatte entscheidende Folgen für die Dynamik der israelischen Gesellschaft, weil die israelische Arbeiterklasse direkt und indirekt teilhatte an dieser Kapitalinfusion. Israel ist kein Land, wo Auslandshilfe allein in private Taschen fließt; es ist ein Land, in dem diese Hilfen eine Subvention für die gesamte Gesellschaft darstellen. Der jüdische Arbeiter erhält seinen Anteil nicht in bar, sondern über neuen und relativ günstigen Wohnraum, der allein mit einheimischem Kapital nicht hätte geschaffen werden können; er bekommt es in Form von Beschäftigung im Industriesektor, der nicht entstanden oder am Leben gehalten worden wäre ohne Subventionen von außen; und er bekommt es in Form eines allgemeinen Lebensstandards, der in keinem Verhältnis steht zum Ausstoß dieser Gesellschaft. Dasselbe trifft offensichtlich auch auf die Profite der israelischen Bourgeoisie zu, deren Wirtschaftsaktivitäten und Gewinne von der Bürokratie mittels Subventionen, Importlizenzen und Steuerbefreiung reguliert werden. Auf diese Weise wird der Kampf zwischen der israelischen Arbeiterklasse und ihren Arbeitgebern, seien es Bürokraten oder Kapitalisten, nicht nur über den Anteil am vom Arbeiter produzierten Mehrwert ausgefochten, sondern auch über einen Anteil an den externen Subventionsquellen.
 

Israel und Imperialismus

Welche politischen Umstände waren es, die Israel so viel Auslandshilfe unter solch beispiellosen Bedingungen verschafften? Diese Frage wurde bereits im Jahr 1951 von einem Leitartikelschreiber der Tageszeitung Ha'aretz beantwortet:

[…] Israel [ist] die Rolle eines Wachhunds zugewiesen worden. Es ist nicht zu befürchten, dass es mit aggressiven Mitteln gegen die arabischen Staaten vorgehen wird, wenn das eindeutig dem Wunsch der Amerikaner und Briten widerspricht. Aber wenn die Westmächte zu einem bestimmten Zeitpunkt aus dem ein oder anderen Grund ihre Augen verschließen möchten, dann wird Israel zuverlässig und auf geeignete Art und Weise einen oder mehrere Nachbarstaaten bestrafen, deren Unbotmäßigkeit gegenüber dem Westen die erlaubten Grenzen überschreitet. [15]

Diese Einschätzung der Rolle Israels im Nahen Osten hat sich inzwischen mehrmals bestätigt und es ist klar, dass Israels Außen- und militärische Politik nicht von der Dynamik der inneren sozialen Konflikte allein abgeleitet werden kann. Die Grundlage der gesamten israelischen Ökonomie ist die besondere politische und militärische Rolle, den der Zionismus und seine Siedlergesellschaft im Nahen Osten insgesamt erfüllt. Wenn Israel getrennt vom übrigen Nahen Osten betrachtet wird, gibt es keine Erklärung für die Tatsache, dass 70 Prozent des Kapitalzuflusses nicht wirtschaftlichen Gewinnen dient und nicht Gegenstand von Rentabilitätsüberlegungen ist. Aber das Problem löst sich sofort, wenn Israel als Bestandteil des Nahen Ostens gesehen wird. Die Tatsache, dass ein beträchtlicher Teil seines Geldes aus Spenden stammt, die von den Zionisten unter den Juden überall auf der Welt gesammelt wurden, ändert nichts daran, dass es sich um eine Subvention des Imperialismus handelt. Was zählt, ist vielmehr, dass das Finanzministerium der USA bereit ist, diese Gelder, die in den Vereinigten Staaten gesammelt wurden, um in ein anderes Land transferiert zu werden, als steuerfreie „Wohltätigkeitsspenden“ behandelt. Diese Spenden sind abhängig vom guten Willen des US-Finanzministeriums und es ist nur vernünftig anzunehmen, dass diese Geste des guten Willens sofort eingestellt würde, verfolgte Israel eine prinzipiell antiimperialistische Politik.

Das heißt, dass es zwar Klassenkonflikte in der israelischen Gesellschaft gibt, diese aber eingeengt sind durch die Tatsache, dass die Gesellschaft insgesamt von außen subventioniert wird. Dieser privilegierte Status ist verknüpft mit der Aufgabe Israels in der Region, und solange es diese Aufgabe erfüllt, gibt es wenig Aussicht darauf, dass die inneren gesellschaftlichen Konflikte einen revolutionären Charakter annehmen. Andererseits würde ein revolutionärer Durchbruch in der arabischen Welt diese Lage verändern. Durch die Freisetzung der Aktivität der Massen in der arabischen Welt könnte das Kräfteverhältnis verändert werden; Israel würde seine traditionelle politisch-militärische Rolle verlieren und seine Nützlichkeit für den Imperialismus wäre deutlich reduziert. Zunächst würde Israel sicherlich dazu benutzt werden, solch einen revolutionären Durchbruch in der arabischen Welt zu bekämpfen; scheitert dieser Versuch jedoch, dann hätte sich Israels politisch-militärische Rolle in der arabischen Welt erledigt. Mit dem Ende dieser Funktion und der damit verbundenen Privilegien könnte das zionistische Regime wegen seiner Abhängigkeit von diesen Privilegien eher unter den Druck der Massen geraten.

Das heißt nicht, dass Revolutionäre in Israel nur warten können, bis sich objektive äußere Bedingungen, auf die sei keinen Einfluss haben, verändert haben. Es bedeutet lediglich, dass sie ihre Aktivitäten auf Grundlage einer Strategie entwickeln müssen, die diese besonderen Muster der israelischen Gesellschaft wahrnehmen, statt die Analyse des klassischen Kapitalismus einfach zu verallgemeinern. Die Hauptaufgabe für Revolutionäre, die diese Einschätzung teilen, besteht darin, ihre Arbeit auf die Schichten der israelischen Bevölkerung zu richten, die unmittelbar von den Folgen der politischen Ergebnisse des Zionismus betroffen sind und dafür zahlen müssen. Zu diesen Schichten gehört die israelische Jugend, die aufgerufen ist, „einen ewigen Krieg, den uns das Schicksal aufzwingt“ zu führen, und die palästinensischen Araber, die unter der Herrschaft Israels leben. [16] Diese Schichten teilen eine antizionistische Neigung, die sie zu potenziellen Verbündeten in einem revolutionären Kampf in Israel und den revolutionären Kampf im Nahen Osten machen. Wer die revolutionären Kämpfe in der arabischen Welt verfolgt, kann die dialektische Beziehung zwischen dem Kampf gegen Zionismus in Israel und dem Kampf für soziale Revolution in der arabischen Welt erkennen. Solch eine Strategie heißt nicht, dass Aktivitäten in der israelischen Arbeiterklasse vernachlässigt werden sollten; sondern nur, dass auch diese Aktivität der allgemeinen Strategie des Kampfs gegen den Zionismus untergeordnet werden muss.
 

Israels Rolle in Afrika und in Asien

Israels vorrangige Beziehung mit dem Imperialismus ist die des Wachhunds im Nahen Osten, finanziert und privilegiert, um diesen Zweck zu erfüllen. Aber es hat noch eine zweite Beziehung, nämlich als Kanal zu fungieren, über den Geld und Ideologie in neokoloniale Länder in Asien und Afrika geleitet werden können. Ganz offensichtlich liegt es in Israels eigenem Interesse, wirtschaftliche und politische Beziehungen zwischen nicht arabischen afro-asiatischen Staaten zu entwickeln und den israelischen Einfluss dort zu stärken, und gleichzeitig ist es für den US-Imperialismus häufig angenehmer, seine Hilfen über ein drittes Land zu schleusen, statt diese offen zu leisten. Dieses Projekt wird auf drei verschiedenen Wegen realisiert: 1. Bestens ausgebildete israelische „Experten“ werden afrikanischen Staaten zur Verfügung gestellt, häufig in strategisch wichtigen Positionen; 2. verschiedene Kategorien von afrikanischem Personal, wozu Studenten, Beamte, Arbeiterführer und Militärkader gehören, erhalten eine spezielle Ausbildung in Israel selbst. Diese Ausbildung ist in der Regel kurz und effizient; und 3. haben israelische Geschäftsleute und ihre Regierungen gemeinsame Unternehmungen mit afrikanischen Staaten und Privatunternehmen gegründet. [17]

Seit den 1950er Jahren ist das Hilfsprogramm Israels für Afrika angeschwollen und es nimmt weiter zu, weil es sowohl Israels besonderen Interessen als auch den darüber hinausgehenden Interessen des Weltimperialismus dient. Verschiedene Abteilungen des israelischen Staats wurden zur Umsetzung dieser Politik mobilisiert, zwei davon waren die Gewerkschaft Histadrut und die Armee, Tsahal (Israelische Streitkräfte). Die besondere Natur der Histadrut als Arbeitgeber und Gewerkschaft in einem hilft Israel bei dem Vordringen in die Dritte Welt, wo es oft eine Regierungsstruktur von Einheitspartei und Einheitsgewerkschaft gibt. Dieses Eindringen findet als Funktion von Israels eigenen Interessen statt und um das Zusammenfallen von Interessen Israels und des Imperialismus zu fördern. „Das israelische Modell könnte sich als eine Art wirtschaftlicher ,dritter Kraft‘ erweisen, eine Alternative zum westlichen Modell, aber zweifellos viel kompatibler mit Interessen der freien Welt als mit jedem kommunistischen Modell“, schrieb Arnold Rivkin im Jahr 1959 im US-Magazin Foreign Affairs (Bd. 37, S. 494). Der Autor des Artikels war Leiter des Afrikanischen Forschungsprojekts am Zentrum für Internationale Studien, organisiert von der CIA am Massachusetts Institute of Technology. In einem Buch, das Rivkin im Jahr 1961 veröffentlichte, wurde Rivkin deutlicher, was die Funktion Israels bei dem Eindringen des Westens in Afrika betraf: „Israels Aufgabe als eine dritte Kraft könnte auch durch die fantasievolle Anwendung der ,Technik des dritten Landes‘ verstärkt werden. Ein Staat der Freien Welt, der seine Unterstützungsleistungen nach Afrika erweitern will, könnte wegen Israels spezieller Eignung einen Teil über Israel lenken, zudem ist es für viele afrikanische Nationen ein akzeptabler Partner.“ [18]

In Israel ist nur wenig über diesen Aktivitätsbereich der Histadrut bekannt. Während die Histadrut dabei sehr diskret vorgeht, weist sie gerne öffentlich auf ihr Afro-Asiatisches Institut hin. Der Leiter dieser politischen Abteilung der Histadrut (ihr „Außenminister“, der eng mit dem realen Minister zusammenarbeitet) fasste kürzlich die Arbeit des Afro-Asiatischen Instituts wie folgt zusammen:

Das Institut, das im Jahr 1960 von der Histadrut gegründet wurde […], ist ein wichtiges Instrument bei ihren internationalen Aktivitäten insbesondere in den unterentwickelten Ländern Afrikas und Asiens. Seine Aktivitäten und sein weltweites Ansehen leisten einen Beitrag zur Stärkung der Verbindungen der Histadrut mit anderen Ländern und Organisationen. Bis heute hat das Institut 1.848 Delegierte aus Gewerkschaften, Kooperativen und aus Weiterbildungseinrichtungen und hohe Beamte aus 85 afrikanischen, asiatischen und lateinamerikanischen Ländern […]. Das Institut wurde gebeten, in verschiedenen afrikanischen und asiatischen Ländern Seminare abzuhalten. […] Es handelte sich um ehemalige Studierende des Instituts, die jetzt hohe Ämter in ihren jeweiligen Ländern und Organisationen bekleiden, die die Initiative für solche Seminare ergriffen. Bisher hat das Institut solche Seminare in folgenden Ländern abgehalten: Nigeria (zweimal), Dahomey, Togo, Elfenbeinküste, Liberia, Singapur, Korea (zweimal), Ceylon, Indien und Nepal. Über 500 Personen nahmen an diesen Aktivitäten teil. Im nächsten Monat sollen dort drei Kurzseminare für zypriotische Gewerkschaftsaktivisten stattfinden, und das Programm für 1970 enthält die Länder: Swasiland, Lesotho, Botswana, Sambia, Singapur, Hongkong, Korea […] weitere werden folgen. [19]

George Meany, Präsident der amerikanischen Gewerkschaft AFL-CIO, die das Afro-Asiatische Institut finanziert, erklärte deutlich: „Die Histadrut ist ein nationales Zentrum, das mithilfe ihres Afro-Asiatischen Instituts in der freien Welt, insbesondere in Asien und Afrika, für die Sache der Demokratie und Freiheit tätig ist.“ [20]

Mit militärischer Direkthilfe für afrikanische Staaten wurde im Jahr 1960 begonnen und sie beinhaltet allgemeine Unterstützung neokolonialer Regierungen und Hilfe für Kräfte an der südlichen Peripherie der arabischen Welt, die den imperialistischen Interessen dienlich sein könnten. Zur letzteren Kategorie gehört die Bereitstellung von Militärberatern für den Kampf der Regierung des Tschad gegen die Guerillabewegung und Hilfsleistungen an die Guerillabewegung in Südsudan. Israel leistete außerdem Militärhilfe für den Feldzug Äthiopiens gegen die eritreische Befreiungsbewegung. In anderen Ländern wie Tansania und Kongo hat Israel Angehörige der Luftwaffe, Marine und Armee ausgebildet und Waffen geliefert und bei dem Aufbau paramilitärischer landwirtschaftlicher Siedlungen nach dem Modell der Pioniersiedlungen in Israel selbst beraten. Viele dieser Projekte wurden in Zusammenarbeit mit Programmen der USA für Auslandshilfe oder mit Geldern, die von den USA über Israel flossen, durchgeführt. [21]

In Asien hatte Israel weniger Erfolg mit solch einem Programm, mit der wichtigen Ausnahme Singapur, wo es dazu beiträgt, Großbritanniens Strategie „östlich von Suez“ zu stützen. Seit 1966 haben israelische Experten, die ursprünglich als „mexikanische Landwirtschaftsexperten“ bezeichnet wurden, die Armee von Singapur ausgebildet und sie mit Panzern und elektronischer Ausrüstung beliefert. [22]
 

Wer ist die herrschende Klasse?

Die Unterordnung der gesamten Volkswirtschaft unter politische Überlegungen hat die zionistische Kolonisation von Anfang an charakterisiert und sie ist der Schlüssel zum Verständnis der einzigartigen Natur der israelischen herrschenden Klasse. Zionistische Kolonialisierung fand nicht als gewöhnlicher kapitalistischer Kolonialisierungsprozess statt, hinter dem Rentabilitätserwägungen stehen. Die bürgerlichen Elemente in dieser Kolonialisierung haben immer bevorzugt arabische Arbeitskräfte beschäftigt, aber die Bürokratie der zionistischen Arbeiterbewegung kämpfte dagegen an und forderte eine Politik der „Arbeit nur für Juden“. Ein erbitterter Kampf wurde in den 1920er und 1930er Jahren geführt, er bildete den Hauptkonflikt in der zionistischen Gemeinschaft Palästinas. Am Ende wurde er von der Arbeiterbürokratie gewonnen, mit nicht unerheblicher Unterstützung von der zionistischen Weltbewegung. Diese Unterstützung gründete sich auf politische Erwägungen, denn das Ziel des politischen Zionismus bestand von Anfang an darin, einen rein jüdischen Nationalstaat in Palästina zu gründen und die alteingesessene Bevölkerung zu vertreiben. Schon im Juni 1895 schrieb Theodor Herzl in sein Tagebuch:

Die arme Bevölkerung trachten wir unbemerkt über die Grenze zu schaffen, indem wir ihr in den Durchzugsländern Arbeit verschaffen, aber in unserem eigenen Lande jederlei Arbeit verweigern. Die besitzende Bevölkerung wird zu uns übergehen. Die Enteignung muss – ebenso wie die Fortschaffung der Armen – mit Zartheit und Behutsamkeit erfolgen. Die Immobilienbesitzer sollen glauben, uns zu prellen und uns über den Wert zu verkaufen, aber zurückverkauft wird ihnen nichts.“ [23]

Eben diese Überlegungen, die die zionistische Weltbewegung übernahm, ließ das Pendel zugunsten er zionistischen Arbeiterbürokratie in Palästina ausschlagen und für ihre Politik der „Arbeit nur für Juden“. Mit der Niederlage der bürgerlichen Elemente entstand ein Muster gemeinsamer Herrschaft, in der die Arbeiterbürokratie die Hauptrolle und das Bürgertum den Juniorpartner spielte und woraus eine neue, noch in den Kinderschuhen steckende herrschende Klasse entstand. Diese besondere Kombination im herrschenden Establishment blieb von den 1940er Jahren an bis heute unverändert und stellt ein einzigartiges Muster der israelischen Gesellschaft dar. Wenn die herrschende Ideologie in jeder gegebenen Gesellschaft die Ideologie der herrschenden Klasse ist, und wenn die Identität der herrschenden Klasse eher unscharf ist, dann kann man die dominierende Ideologie selbst analysieren und aus ihr die Identität der herrschenden Klasse ableiten. In Israel war die dominante Ideologie nie eine kapitalistische, es handelte sich um eine Mischung aus bürgerlichen Elementen und vorherrschenden Themen und Ideen, die für die zionistische Arbeiterbewegung typisch sind, Ideen, die aus der sozialistischen Bewegung stammen.

Dieses Kräfteverhältnis zwischen den verschiedenen Sektionen der herrschenden Klasse ist nicht statisch, und neuerdings hat es sich zugunsten des bürgerlichen Partners verschoben. Eins der Symptome dafür ist die Spaltung zwischen Golda Meir und David Ben-Gurion einerseits und ihrem Zögling Mosche Dajan andererseits. Es ging um die alte Frage, ob Palästinenser aus den besetzten Gebieten für Tätigkeiten in der israelischen Volkswirtschaft eingesetzt werden sollten. Frau Meir war strikte Gegnerin diese Politik, während Dajan dafür war und die bürgerliche Zeitung Ha'aretz Dajan unterstützte. Aber egal, welche verschiedenen Tendenzen es zu irgendeinem Zeitpunkt gibt, dominiert die Arbeiterbürokratie weiterhin durch ihre drei Machtzentren: die Regierung, die Jewish Agency und die Histadrut. Mit dem Gewicht des riesigen Staats- und Gewerkschaftsapparats beherrscht sie die israelische Gesellschaft und den Großteil ihrer Volkswirtschaft. Im Jahr 1960 wurden im Privatsektor nur 58,5 Prozent des Nettoprodukts der israelischen Volkswirtschaft erzeugt [24] und es ist zu bezweifeln, dass sich dieses Verhältnis im folgendem Jahrzehnt verändern wird.

Die Wirtschaftsmacht der zionistischen Arbeiterbürokratie ist außerdem sehr viel größer als diese Statistiken vermuten lassen. Abgesehen von ihrer direkten Kontrolle über den Staat und die Histadrut verfügt sie über indirekte bürokratische Kontrolle über den Privatsektor. Diese Kontrolle geht weit über gewöhnliche Staatseingriffe in die Wirtschaft, wie es sie in den meisten kapitalistischen Ländern gibt, hinaus. Die gesamte israelische Volkswirtschaft, einschließlich des Privatsektors, hängt von Subventionen aus dem Ausland ab, die überwiegend durch staatlich kontrollierte Kanäle fließen. Die Arbeiterbürokratie dirigiert und reguliert diesen Subventionsfluss mittels der Politik des Finanzministeriums und der Jewish Agency. Das verschafft ihr auch Zugriff auf die kapitalistischen Partner. Israel hat eine einzigartige Form von Kapitalismus, regiert von einer einzigartigen Klassenpartnerschaft. Die Kontrolle der Bürokratie über die Verteilung der Gelder von außen ermöglicht es ihr, weitreichende Kontrolle über die breite Masse der Bevölkerung auszuüben, und das nicht nur in politischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten, sondern sogar in Bezug auf das Alltagsleben. Die Mehrheit der israelischen Bevölkerung hängt unmittelbar und täglich von dem guten Willen dieser Bürokratie ab, ob es um ihre Arbeitsplätze, Behausungen oder die Krankenversicherung geht. Einige der Arbeiter, die gegen die Bürokratie rebellierten, zum Beispiel die Seeleute im großen Streik vom Dezember 1951, bekamen keine Arbeit mehr, und einige, die sich weigerten, sich zu unterwerfen, waren am Ende gezwungen, auszuwandern. Gleichzeitig gibt es kein staatliches Gesundheitswesen in Israel, nur das der Histadrut, wer sich also weigert, ihr beizutreten, oder sie bekämpft, hat keinen Zugang zur Krankenversicherung. Der Schlüssel zur Kontrolle der Bürokratie über das Proletariat ist der Gewerkschaftsbund, die Histadrut.
 

Die Histadrut: Nationale Interessen vor Klasseninteressen

Es sieht so aus, als befänden sich die israelischen Arbeiter in einer beneidenswerten Lage, die die Gewerkschaftsbund, der nur als „Bund“ (Histadrut) bekannt ist, dein Eindruck erweckt, eine fortschrittliche und mächtige Gewerkschaft zu sei. Aus einer bestimmten Perspektive sind die Histadrut und ihre Einrichtungen sehr außergewöhnlich: Sie hat 1,1 Millionen Mitglieder bei einer Gesamtbevölkerung von fast 3 Millionen; ein Viertel der israelischen Lohnarbeiter arbeitet in Konzernen, die der Histadrut gehören; und die Histadrut hat seit Jahren 22 bis 25 Prozent des israelischen Nettonationalprodukts erzeugt.

Die Histadrut wurde im Jahr 1920 auf dem Allgemeinen Kongress der Jüdischen Arbeiter gegründet und bis 1966 lautete ihr Name Allgemeiner Verband der Hebräischen Arbeiter Israels. Die Zahl der jüdischen Arbeiter in Palästina lag im Jahr 1920 bei etwa fünftausend, während es etwa fünfzigtausend arabische Arbeiter gab, so die Schätzung eines zionistischen Geschichtswissenschaftlers. [25] Die Gründer dieses „allgemeinen“ Verbands waren alle Anhänger der zionistischen Ideologie, und die meisten waren Mitglieder jüdischer kleinbürgerlicher Parteien. Sie beschränkten die Mitgliedschaft in der Histadrut ausschließlich auf Juden, und auf Juden, die „von den Früchten ihrer Arbeit leben“ – Arbeiter, Handwerker, Händler und selbstständige Arbeiter. Als die Grundsätze der Histadrut niedergelegt wurden, machten die Gründer deutlich, dass „nationale Interessen“ Vorrang vor „wirtschaftlichen Interessen“ und „kulturellen Interessen“ haben. Der internationalistische Ansatz zum Klassencharakter der Gesellschaft wurde auf dem Gründungskongress der Histadrut kein einziges Mal thematisiert, nicht einmal von einer Minderheitsgruppe. Ein Jahr nach ihrer Gründung begann die Histadrut mit dem Aufbau ihrer ersten Unternehmen. Es handelte sich um eine große Firma für öffentliche Arbeiten – Solel Boneh – und die Bank HaPoalim (die „Arbeiterbank“), Letztere in Verbindung mit der Zionistischen Weltorganisation (ZWO). Solel Boneh engagierte sich in den vergangenen Jahren bei Bauprojekten in verschiedenen Gegenden der Welt; zum Beispiel baute das Unternehmen Luxushotels in einigen afrikanischen Ländern und Straßen und verschiedenen Militäranlagen in mehreren asiatischen Ländern, unter anderem einen Stützpunkt der USA in der Türkei). Die Tatsache, dass die Histadrut von Anfang an zionistische Interessen in den Mittelpunkt stellte, auf Kosten ihrer „gewerkschaftlichen“ Funktion, hat zu einer extrem hierarchischen Organisationsstruktur geführt. Eine bürokratische Maschine wurde aufgebaut, bei der die gesamte Organisation der Gewerkschaft dem Management und den politischen „Bossen“ untergeordnet war – die immer aus zionistischen Parteien kamen. In der Histadrut gab es zu keiner Zeit auch nur einen Ansatz gewerkschaftlicher Unabhängigkeit. [26]

Die Histadrut beschäftigte sich nicht nur damit, Juden in einem arabisch geprägten Milieu in nationaler Isolation zu halten. Seit ihrer Gründung stand sie an der Spitze der zionistischen Kolonialisierung Palästinas. Durch ihre gute Ausgangsposition unter den zionistischen Kolonisatoren des Landes und ihre starke Organisation wurde sie zu einem Pionier der landwirtschaftlichen Kolonisation und der Schaffung von Arbeitsplätzen für jüdische Arbeiter durch Vertreibung arabischer Bauern und Arbeiter. Die zionistischen Parolen der 1920er und 1930er Jahre – „die Eroberung der Arbeit“ und „die Eroberung des Ackerlands“ – fanden besonders bei Radikalen der Histadrut Anklang. Ihr Anführer Berl Katznelson erklärte: „Unsere Histadrut ist unter den Gewerkschaften einzigartig, denn es handelt sich um eine Gewerkschaft, die gleichermaßen plant und ausführt. Das liegt nicht daran, dass wir so weise oder scharfsinnig wären. Das war schon immer unsere Vision, bei all unserem Handeln. In dem Moment, da der junge Einwanderer die Küste Palästinas erreicht und nach Arbeit in den Anpflanzungen sucht, steht er vor einer harten Wirklichkeit, aber er trifft auch auf unsere Welt der Visionen.“ [27] In jüngerer Zeit fasste der damalige Generalsekretär der Histadrut, Pinchas Lavon, die historische Rolle des Verbands zusammen: „Der Allgemeine Arbeiterverband wurde vor vierzig Jahren von mehreren Tausend jungen Leuten gegründet, die in einem unterentwickelten Land Arbeit suchten, wo Arbeit billig war, in einem Land, das seine Einwohner zurückwies und unwirtlich für die Neuankömmlinge war. Unter diesen Umständen war die Histadrut ein zentrales Ereignis im Prozess der Wiedergeburt des hebräischen Volks in seinem Vaterland. Unsere Histadrut ist eine von Grund auf allgemeine Organisation. Es ist keine Arbeitergewerkschaft, auch wenn sie die wahren Bedürfnisse der Arbeiter perfekt erfüllt.“ [28]

Als „von Grund auf allgemeine“ Organisation ist die Histadrut in der jüdischen Gemeinschaft mit ihren unterschiedlichen Aspekten faktisch zur treibenden Kraft geworden. Sie organisierte die zionistischen Streitkräfte, wobei sie manchmal mit den britischen Besatzern zusammenstieß und manchmal im Geheimen gegen deren Wünsche vorging; sie schuf ein Sozialversicherungssystem, das Einzige in Israel, das zu einer wichtigen Waffe bei der Beherrschung der jüdischen Massen und zur Organisierung der Arbeiter unter der Autorität der Histadrut wurde; sie hat überall Rekrutierungsbüros eröffnet und so ihre Vorherrschaft gestärkt, während sie gleichzeitig das Recht auf Arbeit regulierte; sie besitzt eigene Schulen, eigene Fördergesellschaften und eigene Produktions- und Dienstleistungskooperativen; als Organisation dominiert sie sämtliche Kibbuzim und landwirtschaftlichen Kollektive im Land. Nicht umsonst wurde die Histadrut für die zentrale Säule des zionistischen Projekts seit seinen Anfängen gehalten, oder wie die Zionisten sagen, „den Staat im Werden“.

Die Führung der Histadrut entschied über die politische Ausrichtung der jüdischen Gemeinschaft, sowohl in Angelegenheiten „jüdischer Interessen“ als hinsichtlich der Beziehungen zu den britischen Besatzern und den arabischen Massen. Die politischen Führer des Staats Israel – David Ben-Gurion, Levi Eschkol, Golda Meir – kamen alle aus der Histadrut.

Erst im Jahr 1943, als die Zeit des britischen Mandats dem Ende zuging, richtete die Histadrut eine besondere Abteilung für arabische Arbeiter ein; das Ziel war, sie innerhalb eines paternalistischen Rahmens zu organisieren und sie so vom politischen Kampf abzulenken – das heißt, vom antiimperialistischen und antizionistischen Kampf. Das Experiment wurde damals von einem zionistischen Historiker – einem Spezialisten für arabische Fragen und Mitglied der Histadrut – zusammengefasst:

Mit der Entstehung eines Nationalgefühls unter den [arabischen] Arbeitern, verstärkt sich ihre Opposition gegenüber denen, die sie von außen organisieren wollen. Die intelligentesten und dynamischsten unter ihnen haben niemals die Gelegenheit, ihr Talent und ihre Initiative zu demonstrieren. Eine Broschüre auf Arabisch (veröffentlicht von der Histadrut) erklärt, dass man sich nur um die wirtschaftlichen Interessen der arabischen Arbeiter kümmern soll, und dass alle politischen Aktivitäten ausgeschlossen sein sollen. Für Leute, die das öffentliche Leben wahrnehmen und aktiv daran teilnehmen, ist das eine schwierige Bedingung. Ebenso ist die Vorstellung von Arbeit und die Eroberung von Arbeit, wie sie von der Mehrheit der Histadrut vertreten wird, ein Hindernis, da es schwierig ist, sie arabischen Arbeitern überzeugend zu erklären. Die Diskriminierung der arabischen gegenüber den jüdischen Arbeitern bei den Löhnen macht die Araber ungeduldig, insbesondere, weil die Arbeitsbedingungen und Preise im Wesentlichen gleich sind. Unter diesen Umständen war es einfach für arabische Organisationen, uns zur Maidemonstration ihre Mitglieder mit „naiven Fragen“ zu schicken: „Ist die proletarische Solidarität vereinbar mit einem Aufruf zur Eroberung der Arbeit und zur Schaffung eines jüdischen Staats?“ [29]

Diese Frage konnte bis heute kein einziger Zionist beantworten.
 

Vertrauenskrise in der Histadrut

Mit der Schaffung des israelischen Staats im Jahr 1948 zeigte sich die Verschränkung der Histadrut mit dem herrschenden zionistischen System deutlicher. Der Wirtschaftssektor der Histadrut mit ihren Konzernen und dem immensen Reichtum ist Teil des öffentlichen Sektors, dessen Ausbau mit der Ankunft neuer Einwanderer beschleunigt werden musste, während gleichzeitig Kapital in den neuen Staat floss. Die Histadrut ermöglichte die Herausbildung einer nationalisierten Wirtschaft. Die Theorie, die jahrelang von der Histadrut-Führung verbreitet worden war, wonach der Wirtschaftssektor der Histadrut die Grundlage für den Aufbau des Sozialismus sei, brach mit der Unabhängigkeit in sich zusammen. Ein anderes, häufig benutztes Argument lautete, dass der Wirtschaftssektor der Histadrut den Arbeitern gehört, auch das erwies sich als falsch. Der Landwirtschaftsminister, Chaim Gwati, einer der wichtigsten Führer der Histadrut, musste auf der Konferenz der Organisation im Jahr 1964 zugeben: „Es ist uns nicht gelungen, diese großen Reichtümer in sozialistische Wirtschaftszellen umzuwandeln. Es ist uns nicht gelungen, den Arbeiterklassencharakter unseres Wirtschaftssektors beizubehalten. Faktisch gibt es keine Merkmale, die ihn vom übrigen öffentlichen Bereich unterscheiden würden, und manchmal auch nicht vom Privatsektor. Die Atmosphäre, Arbeitsbeziehungen und menschlichen Beziehungen in unserem Wirtschaftssektor unterscheiden sich in keiner Hinsicht von anderen Industrieunternehmen.“ [30]

Eine Ergänzung und Illustration dieser Bemerkungen findet sich in der Einstellung der israelischen Arbeiter zur Histadrut. Unter allen Beweisen dazu ist es am interessantesten, einige von der Histadrut selbst zu zitieren, die sie in ihrem Jahrbuch 1966 veröffentlicht hat: „Eine beträchtliche Anzahl Arbeiter nimmt die gewerkschaftlichen Aktivitäten der Histadrut kaum wahr, und sie glauben nicht, dass sich ihre Lage verändern würde, wenn es keine Gewerkschaft gäbe.“ Laut einer Umfrage der Histadrut, deren Ergebnisse in dem Jahrbuch veröffentlicht wurden, glaubt eine wachsende Anzahl Arbeiter, dass die örtlichen Gewerkschaftsableger in ihren Betrieben (genannt Arbeiterkomitees) unabhängig von der Histadrut sein sollten. Zwanzig Prozent aller Lohnarbeiter gaben an, dass Streiks gegen den Rat der Histadrut in ihren Betrieben ausgebrochen seien; 47 Prozent dachten, dass es in bestimmten Fällen besser für die Arbeiter wäre, ohne die Genehmigung der Histadrut in den Streik zu treten. In dem Jahrbuch heißt es weiter: „Die Schlussfolgerungen aus der Befragung der Aktionskomitees sind sogar noch ernsthafter.“ (Das sind Komitees, die während „wilder“ Streiks ohne Genehmigung der Histadrut gebildet wurden, oder um solche Streiks zu führen.) „Während 8 Prozent Lohnarbeiter sagten, dass Streiks entgegen dem Rat der örtlichen Gewerkschaft ausgebrochen seien, meinten 29 Prozent, dass solche Streiks in bestimmten Fällen gerechtfertigt seien. Kurz gesagt ist die Neigung zum Bruch mit der bestehenden Ordnung stärker geworden, jedenfalls was Arbeitsbeziehungen angeht (unsere Hervorhebung). In derselben Publikation zeigt sich, dass die Mehrheit der Histadrut-Mitglieder meinen, dass die Gewerkschaftskonferenz keinen Einfluss auf die Funktionsweise der Gesamtorganisation habe. Unter der Minderheit, die glaubt, dass einfache Mitglieder gewissen Einfluss ausüben können, gibt es nach wie vor eine Mehrheit, die denkt, dass dieser Einfluss unzureichend ist. Auf die Frage „Warum bist du Mitglied der Histadrut?“ antworteten laut der offiziellen Quelle etwa 70 Prozent, das sei „automatisch“ passiert, oder „Weil sie uns dazu gemacht haben“ oder „Weil es sich so gehört“ oder „Wegen der sozialen Absicherung“. Eine Minderheit (16 Prozent) erklärte, sie seien aus ideologischen Gründen Mitglied, und 15 Prozent sagten, sie seien Mitglied, weil die Histadrut die Interessen der Arbeiter verteidigt.

Das Fazit in dem Jahrbuch lautet: „Eine Mehrheit von Histadrut-Mitgliedern, mit anderen Worten 55 Prozent, trat aus eigenem Antrieb ein, ein Drittel (24 Prozent) wurde automatisch Mitglied bei der Einwanderung nach Israel, und ein Fünftel (20 Prozent) stellte fest, dass sie automatisch Mitglieder wurden, weil sie bei ihrer Arbeitsstelle als solche registriert wurden.“ Die Histadrut-Führung, Industriekreise und Regierungsmitglieder äußern sich nun öffentlich besorgt über die „Vertrauenskrise“ in Bezug auf die Histadrut. Diese Krise verschärft sich von Jahr zu Jahr. Das ist auch der Grund für die Veränderungen an der Spitze der Histadrut im Jahr 1969, als der ehemalige Generalsekretär Aharon Becker ersetzt wurde durch Jitzhak Ben-Aharon, bekannt für seinen scharfen rhetorischen Stil und die Arbeiterklassenphrasen, die er gerne verwendet. Der ehemalige Generalsekretär und der neue sind beide Mitglieder der herrschenden Arbeiterpartei. [31]
 

Wilde“ Streiks und Aktionskomitees

Es gab einige wichtige Streiks in der kurzen Geschichte von Arbeitskämpfen in Israel. Der erste fand im Jahr 1951 statt, relativ kurz nach der Schaffung des Staats Israel, mit dem berühmten Seeleutestreik; dann folgte eine Reihe von wilden Streiks im Jahr 1962, nach der Abwertung der israelischen Währung; eine dritte Streikwelle fand im Jahr 1969 statt, als die Postarbeiter und die Hafenarbeiter von Aschdod in den Ausstand traten.

Der Streik der Seeleute gehört zu den gewalttätigsten in der Streikgeschichte Israels. Das Schlachtfeld waren der Hafen von Haifa und die dort, aber auch in Auslandshäfen liegenden israelischen Schiffe. Er war besonders, weil er von jungen Seeleuten geführt wurde ohne gewerkschaftliche Tradition, und weil es bei dem Konflikt um die Mittel zur Wahl von Gewerkschaftsdelegierten bei den Seeleuten ging. Wer die Histadrut kennt, wird nicht überrascht sein, dass sie sofort alle zur Verfügung stehenden Ressourcen mobilisierte, um gegen die Streikenden vorzugehen. Die Streikführer wurden vor ein „internes Tribunal“ der Histadrut gezerrt und von der Armee eingezogen. Starke Polizeikräfte lieferten sich Schlachten mit den Streikenden. Aus der Streikwelle des Jahres 1962 ging zum ersten Mal eine Organisationsform hervor, die sich „Aktionskomitee“ nannte. Die beiden Fronten waren erneut klar definiert: die Histadrut auf der einen Seite der Barrikade, die Arbeiter auf der anderen. In dieser Zeit wurden die ersten Schritte unternommen, die Aktionskomitees auf nationaler oder zumindest regionaler Grundlage aufzubauen – dieser Versuch war aber nicht erfolgreich. Die Streiks von 1969 waren eine Warnung an die Regierung und die Unternehmer, dass es trotz der Kriegssituation und der „nationalen Einheit“ möglich war, zu streiken. Während des Postarbeiterstreiks gab die israelische Regierung erneut Mobilmachungsbefehle aus, mit Zustimmung der Histadrut, um die Streikenden an die Arbeit zu zwingen, was nach Gesetzeslage erlaubt war. Die Streikenden widersetzten sich dem Gesetz und wurden vor Gericht gestellt, aber der Prozess wurde nie abgeschlossen. Ein weiterer Faktor kennzeichnete den Kampf der Hafenarbeiter von Aschdod. Die Histadrut drohte damit, die örtlichen kämpferischen Gewerkschafter vor ein „internes Tribunal“ zu stellen, diese blieben jedoch standhaft. Die Gerichtsverhandlung wurde vor Fernsehkameras eröffnet und überall im Land verfolgt. Die Arbeiter wurden als Agenten von al-Fatah und als „Saboteure“ denunziert. Die Drohung der Histadrut-Führung lautete: „Wenn ihr für schuldig befunden werdet, werden die Höchststrafen verhängt, das heißt, ihr werdet aus der Histadrut ausgeschlossen und verliert alle Vorteile der Sozialversicherung für euch und eure Familien.“ Die Arbeiter setzten ihren Kampf fort und verwandelten sich von Beschuldigten in Ankläger. Die Führung der Histadrut litt unter schlechter Presse und beeilte sich, das Spektakel zu beenden, ohne ein Urteil zu fällen.
 

Streiks in Israel

Jahr

Zahl der
Streiks

Streikende
in 1.000

Streiktage
in 1.000

1949

  53

  5

  57

1950

  72

  9

  55

1951

  76

10

114

1952

  94

14

  58

1953

  84

  9

  35

1954

  82

12

  72

1955

  87

10

  54

1956

  74

11

114

1957

  59

  4

116

1958

  48

  6

  83

1959

  51

  6

  31

1960

135

14

  49

1961

128

27

141

1962

146

38

243

1964

138

48

102

1965

288

90

208

1966

282

87

156

1967

142

25

  58

1968

100

42

  72

Quellen: Statistisches Jahrbuch der israelischen Regierung, 1965;
Jahresbericht der israelischen Zentralbank

Anmerkung: Bis zum Jahr 1959 wurden nur Streiks gezählt, die länger als einen Tag dauerten. Seit 1960 wurden auch Streiks von mehr als zwei Stunden Dauer gezählt. Eingerechnet sind auch Aussperrungen, aber diese sind selten und haben keine Auswirkung auf den Jahresvergleich.
 

Die Parteien der zionistischen Rechten

Während die Histadrut von Parteien der zionistischen Linken kontrolliert wird, spiegeln die anderen großen Machtzentren, Regierung und Jewish Agency, ein größeres Spektrum zionistischer Meinungen wider. Das Wahlsystem ist ein proportionales, jede Partei stellt eine landesweite Liste auf und die 120 Sitze des Parlaments, der Knesset, werden entsprechend auf die Parteien, die mehr als 1 Prozent der Stimmen erhalten haben, aufgeteilt.

Seit den 1930er bis zu den 1960er Jahren bestand die zionistische Rechte aus zwei Parteien, den Allgemeinen Zionisten und der Cherut (Freiheit). Die Allgemeinen Zionisten repräsentierten das zionistische Privatkapital in Palästina – die Eigentümer der Zitrushaine, andere Landeigentümer und die Industriellen. Sie war eine typisch kapitalistische Partei mit denselben Parolen wie im Westen, außer dass sie forderte, die Macht der Histadrut zu beschneiden, statt die Volkswirtschaft voll und ganz in eine private zu überführen. Die Cherut vertrat keine wirtschaftlichen Interessen so wie die Allgemeinen Zionisten, sondern eher einen militanten und extremen Zionismus. Ihr Motto lautete (seit den 1930er Jahren): „Zwei Ufer hat der Jordan, eins gehört uns, das andere ist auch unseres“, und: „Judäa fiel in Blut und Feuer, in Blut und Feuer wird Judäa wieder auferstehen.“ Sie forderten eine Politik militärischer Eroberung statt der Kolonisierung mit Siedlungen, wie sie die zionistische Linke verfolgte. Die Cherut bediente sich in den 1930er Jahren faschistischer Taktiken, sie organisierte Braunhemden und bewaffneten Terror, und sie gewinnt die meisten Anhänger unter den Misrachim, die von ihren platten nationalistischen Parolen angezogen werden. Mitte der 1960er Jahre fusionierten diese beiden Parteien unter Führung von Menachim Begin, des Parteiführers der Cherut, und bildeten den Freiheitlich-Liberalen (Cherut-Liberalen) Block – bekannt unter der Abkürzung „Gahal“. (In Israel bedeutet „liberal“ konservativ.) Zum ersten Mal in der israelischen Geschichte wurde die Cherut am Vorabend zum Junikrieg mit ins Ministerkabinett aufgenommen, um die sogenannte Nationale Einheitsregierung zu bilden; sie verließen die Regierung Golda Meirs im August 1970, weil sie den Rogersplan akzeptiert hatte, in dem der Rückzug von den Waffenstillstandslinien von 1967 gefordert wird. Wie die zionistische Linke erhielt der Gahal die meisten Gelder von der Jewish Agency.
 

Das Dilemma der zionistischen Linken

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts bis heute bildeten das Rückgrat des zionistischen Projekts in Palästina die zionistische Linke und insbesondere die Emigranten, die in den Jahren 1904 bis 1914 aus Osteuropa kamen. Diese Linke war immer reformistisch und nationalistisch, dennoch spaltete sie sich immer wieder aufgrund des ihr eigenen Konflikts zwischen ihrer zionistischen und ihrer sozialistischen Ideologie. Die Kernkonflikte können wie folgt zusammengefasst werden:

  1. Außenpolitik: Welche Haltung sollte zur Frage des Imperialismus im Nahen Osten und anderswo eingenommen werden und welche zur sozialistischen Bewegung in der Welt, insbesondere, wenn der Kampf gegen Imperialismus oder Kooperation mit sozialistischen Bewegungen in Konflikt gerät mit zionistischen Bestrebungen?
     
  2. Klassenkampf: Welche Politik sollte gegenüber jüdischen Arbeitgebern in Palästina und dem kapitalistischen Sektor im Zionismus eingenommen werden?
     
  3. Sozialistischer Internationalismus: Sollte es einen gemeinsamen oder getrennten Kampf mit den palästinensischen Bauern und Arbeitern gegen den Kapitalismus in Palästina geben, und sollten andere revolutionäre Bewegungen unterstützt werden?

Egal, wer welche Meinung vertrat, waren sie alle Zionisten, das heißt, für sie bestand das Hauptziel in der Gründung und Erhaltung eines exklusiven jüdischen Nationalstaats und einer Einwanderung von Juden aus aller Welt. Außerhalb der zionistischen Linken gab es immer ein paar Gruppen, die die antizionistische Linke bildeten; sie standen nicht vor dem oben skizzierten politischen Dilemma; ihre Differenzen untereinander betrafen Fragen von Strategie und Taktik im Kampf gegen den Zionismus und für Sozialismus in Palästina. Zum Letzteren kommen wir später.

Unter den zionistischen Parteien ist die wichtigste die Mapai (Israelische Arbeiterpartei), gegründet im Jahr 1930 durch Fusion zweier kleinerer Parteien und die dominierende Partei in allen Koalitionsregierungen in Israel seit 1948. Ursprünglich waren beide Flügel des Zusammenschlusses der Auffassung, dass die jüdische Exklusivität Vorrang haben muss vor der Zusammenarbeit mit arabischen Arbeitern und Bauern in Palästina. Sie vertraten jedoch unterschiedliche Ansichten über das Ausmaß der Klassenzusammenarbeit mit zionistischen Arbeitgebern, und erst als sie sich in dieser Frage geeinigt hatten, entschieden sie sich zur Fusion. Sie einigten sich darauf, die Klasseninteressen den zionistischen Interessen in der jüdischen Gemeinschaft unterzuordnen, und die Mapai wurde zum wichtigsten Vorkämpfer der Politik der „Arbeit nur für Juden“. Diese Politik beinhaltete, dass jüdische Arbeitgeber unter Druck gesetzt wurden, nur jüdische Arbeiter zu beschäftigen, und arabische wie jüdische Arbeitgeber wurden oft terrorisiert, diese Politik umzusetzen. Dies war die wichtigste Auseinandersetzung in der jüdischen Gemeinschaft in den 1930er Jahren, die Mapai setzte sich am Ende durch und sicherte sich so ihre beherrschende Rolle.

Politische Führungsleute wie Ben-Gurion, Eschkol und Meir sind dieser Politik bis heute treu geblieben und sie dominieren nach wie vor die israelische Politik. Die Mapai hat sich selbst nie als marxistisch oder revolutionär bezeichnet, sondern als sozialistisch-reformistisch; aber obwohl Meir im Jahr 1950 vom „Sozialismus in der heutigen Zeit“ sprach, behauptet die Partei nicht mehr, dem Sozialismus verpflichtet zu sein. Bei allen Konflikten zwischen imperialistischen und antiimperialistischen Kräften im Nahen Osten arbeitete diese Partei bewusst mit dem Imperialismus zusammen und schmiedete sogar geheime Komplotte (wie im Suezkrieg). Sie hat ein unbedingtes Interesse an der Fortsetzung des imperialistischen Einflusses in dem Gebiet und sieht in jedem Sieg antiimperialistischer Kräfte eine Bedrohung für Israel selbst.

Nach zweiundzwanzig Jahren an der Macht gab es bestimmte Veränderungen in der Partei, die wichtigste betraf die Entstehung einer Technokratie aus Armeeoffizieren, die als Leitungspersonal und Spezialisten in die Volkswirtschaft eintraten [32]; diese Gruppe steht in Konflikt mit der alten Garde und repräsentiert den wachsenden Einfluss der Armee auf die israelische Politik insgesamt, einmal wegen ihrer technischen Fähigkeiten und zum anderen wegen des wachsenden Gewichts der Armee nach dem Junikrieg. Als Ben-Gurion im Jahr 1965 von der Macht vertrieben wurde, gründeten viele aus dieser Gruppe mit ihm zusammen die Partei namens Rafi (Israelische Arbeiterliste), als diese Technokraten jedoch begriffen, dass Ben-Gurion nie wieder an die Macht kommen würde, traten sie eiligst wieder der herrschenden Partei bei. Die wieder zusammengeschlossene Partei nennt sich jetzt Avoda (Arbeit), und es kann erwartet werden, dass dies die neue Gruppe sein wird, die die israelische Politik beherrschen wird, wenn die alte Garde in den nächsten Jahren verschwindet. [33]

Die zweitgrößte linkszionistische Partei ist die Mapam (Vereinigte Arbeiterpartei), gegründet Ende der 1940er Jahre. Ihr Hauptflügel ist die Haschomer Hazair (Der Junge Wächter). Die Mapam ordnete sich anfangs selbst als marxistisch und revolutionär ein und schlug einen binationalen Staat in Palästina vor; allerdings sollte es eine verfassungsmäßig garantierte jüdische Mehrheit geben, und bis zur Erreichung solch einer Mehrheit – durch Einwanderung – sollte Palästina unter „internationaler Treuhänderschaft“ stehen. Die Vorstellung von einem binationalen Staat wurde 1947 fallengelassen, als die Vereinten Nationen und die Sowjetunion die Teilung Palästinas akzeptierten. Die Mapam stand immer etwas links von der Mapai in vielen Gewerkschaftsfragen und – zumindest verbal – in Fragen der Außenpolitik. Sie blieb dem Zionismus aber immer treu, und das brachte sie zur Zusammenarbeit mit dem Imperialismus, wie beim Suezkrieg. In der israelischen Politik hinkt die Mapam zwar immer – unter Protest – hinter der Mapai her, ist jedoch das wichtigste Instrument für die Verteidigung des Zionismus gegen Kritik von Sozialisten, Marxisten und Revolutionären im Inland wie im Ausland. Und diese Rolle spielt sie immer noch, wenn auch seit 1967 weniger ausgeprägt. Die Mapam verweist immer auf ihre Kibbuzim als neues Modell für ein Gemeindeleben; sie erwähnt aber nie, dass viele Kibbuzim auf Land erbaut sind, von dem die arabischen Bauern vertrieben wurden; dass es kein einziges jüdisch-arabisches Kibbuz gibt, und dass sie mit Geldern aus zionistischen Fonds finanziert werden. [34] Die Mapam spricht von dem „Recht auf jüdische Selbstbestimmung in Palästina“, damit meint sie aber nicht die Rechte der jüdischen Bevölkerung, die jetzt in Israel lebt, sondern die politischen Recht des Weltjudentums in Palästina. Wie alle Zionisten besteht die Mapam auf Beibehaltung des israelischen Einwanderungsgesetzes, das Juden automatisch Rechte gewährt, während sie allen anderen verweigert werden. Wie alle anderen zionistischen Parteien wird die Mapam von der Jewish Agency finanziert, was es ihr ermöglicht, ihren Parteiapparat zu unterhalten, Tageszeitungen herauszugeben und einen öffentlichen Rundfunksender im Ausland zu betreiben.

Der ständige Konflikt mit der arabischen Welt und mit antiimperialistischen Tendenzen dort zwingt den Zionismus in die wachsende Abhängigkeit zum Imperialismus, und das führt zu einem nicht nachlassenden Druck, der die zionistische Linke nach rechts treibt. Auf ihrem langen Weg von ihren Ursprüngen in Russland im Jahr 1905 ließ die zionistische Linke Schritt für Schritt ihre Parolen über Revolution, Sozialismus und Antiimperialismus fallen. Jede weitere Rechtswende hinterlässt eine Splittergruppe, die loyal an den aufgegebenen Parolen festhält.

Der letzte Ableger dieser Art ist die Siah (Neue Linke Israels). Sie wurde nach dem Krieg von 1967 von Mitgliedern der Mapam gegründet, die gegen die Zusammenarbeit ihrer Partei mit dem Block von Dajan, Eschkol und Begin waren, und sie betonten vor allem die mangelnden Friedensinitiativen in der israelischen Politik. Doch obwohl sie sich als Marxisten und Revolutionäre bezeichnen würden, haben sie den Treueschwur auf den Zionismus abgelegt. Der Chefredakteur einer ihrer Publikationen erklärte kürzlich: „Unser Kampf für die Veränderung des Bilds von der israelischen Gesellschaft und zur Festigung einer Friedenspolitik muss, egal was geschieht, ausgehen von einer prinzipienfesten und konsequenten Bestätigung des Staats Israel und der zionistischen Prinzipien, auf denen er gründet. Jede Abweichung davon wird die Siah von ihren Zielen abbringen, die sie sich selbst bei ihrer Gründung setzte.“ [35] Gleichzeitig konnte die Siah die Unterstützung junger Israelis gewinnen, die gegen die offizielle Linie waren; ihr zweiter Kongress in Tel Aviv im November 1970 wurde von 350 Menschen besucht, vor allem ehemaligen Mapam- und Maki-Mitgliedern. Sie verabschiedeten Resolutionen mit der Forderung nach Frieden ohne Annexionen des arabischen Territoriums, Anerkennung des Rechts des palästinensischen Volks auf Selbstbestimmung, Gespräche ohne Vorbedingungen mit den Arabern und Palästinensern und Israels Anerkennung der Jarring-Mission (des Versuchs, nach dem Sechstagekrieg von 1967 gemeinsam mit den Arabern eine Lösung zu finden; d. Übers.).
 

Die nichtzionistische Linke

Außerhalb des zionistischen Lagers gibt es zwei Kräfte: die Kommunistische Partei Israels (Rakach) und die Matzpen-Gruppe. Die israelische KP wurde Ende der 1920er Jahre gegründet und war fast von Anfang an eine stalinistische Partei. Das ist sie bis heute. In ihrer Geschichte erlebte sie viele Spaltungen, die meisten über die Frage, welche Politik gegenüber dem arabischen Nationalismus zu verfolgen sei; und insgesamt folgte die Partei immer der Außenpolitik der Sowjetunion. Die neuste der vielen absurden Positionen, zu denen solch eine Politik führt, ist die Unterstützung der Partei für den Rogers-Plan der Vereinigten Staaten. [36] Das Ziel dieses Plans besteht darin, die politische Anordnung in der Region zu stabilisieren und das zionistische Regime ebenso wie die reaktionären arabischen Regime zu konsolidieren. Die Rakach beschrieb diesen Plan anfangs als Versuch der Vereinigten Staaten, „ihren schwächelnden Einfluss in der arabischen Welt zu retten“; [37] später rief sie zu einem gemeinsamen Kampf aller friedensliebenden Kräfte in Israel auf, um ihn durchzusetzen. Der Schlüssel zu dieser absurden Position ist die Politik der Sowjetunion, da der Rogers-Plan das Ergebnis eines Abkommens zwischen den USA und der UdSSR ist.

Im Jahr 1965 kam es zu einer Spaltung der Partei, als die Führung von Mikunis und Sneh, die immer zum Zionismus neigte, eine „konstruktivere“ Politik gegenüber dem Zionismus forderte. Die Gruppe unterstützte den Krieg vom Juni 1967 und stellte den Antrag auf Mitgliedschaft im Zionistischen Kongress. Obwohl sie sich der offiziellen Tageszeitung und des Parteinamens Maki bemächtigt hat, hat sie kaum Einfluss in Israel. Die andere Fraktion unter Meir Wilner und Tawfik Foubi ist dieselbe alte stalinistische Partei; sie hat eine gleich große Zahl von jüdischen und arabischen Mitgliedern und sie nennt sich Neue Kommunistische Liste, auch unter ihrer Abkürzung Rakach bekannt. Das ist alles nichts wirklich Neues. Die KP hat immer die Rechte der palästinensischen Araber verteidigt, und nicht nur ihr Recht auf Selbstbestimmung, sondern auch ihre Individualrechte in Israel. Sie hat einen mutigen alltäglichen Kampf zur Verteidigung der Rechte der Palästinenser geführt, aber sie gab die Theorie und Praxis der Revolution schon vor langer Zeit auf. Jetzt hat sie sich dem „friedlichen Weg zum Sozialismus“ verschrieben und nennt als Hauptziel „Frieden und Demokratie“.

Diese fehlende revolutionäre Politik brachte eine Gruppe von Mitgliedern dazu, im Jahr 1962 die Maki zu verlassen und die Israelische Sozialistische Organisation zu gründen, besser bekannt unter dem Namen ihrer Zeitschrift Matzpen (Kompass). Die Matzpen-Gruppe übernahm die Maki-Positionen zu den Rechten des palästinensischen und des israelischen Volks auf Selbstbestimmung. Sie räumt dem antizionistischen Kampf Vorrang ein und ordnet dem alle anderen Fragen unter, Fragen wie der wirtschaftliche Kampf der Arbeiterklasse. Sie sieht im Sturz des Zionismus die Hauptaufgabe für Revolutionäre. Gleichzeitig glaubt sie, dass die israelische Gesellschaft im Gegensatz zur weißen Gesellschaft in Südafrika von innen revolutioniert werden kann, wenn solch eine Entwicklung den revolutionären Entwicklungen in der arabischen Welt untergeordnet ist. Trotz ihrer geringen Größe hat die Matzpen Einfluss unter den Jugendlichen in Israel gewonnen, insbesondere nach dem Krieg vom Juni 1967, den sie ablehnte. Die Matzpen hat einen offenen Dialog mit linken Strömungen in der palästinensischen Widerstandsbewegung und in der arabische Welt geführt. Sie unterstützt antiimperialistische Kämpfe und den palästinensischen Kampf gegen die israelische Vorherrschaft. Sie unterstützt jedoch nicht den arabischen Nationalismus oder den Nasserismus. Kürzlich haben sich über diese Frage zwei Strömungen von der Matzpen abgespalten. Die eine hält den Kampf gegen Zionismus für unbedeutend und ruft nach dem einfachen „Arbeiterkampf gegen bürgerliche Politik“. Die andere sieht im arabischen Nationalismus eine revolutionäre Kraft. Solch eine Spaltung war zu erwarten gewesen, aber die Mehrheit der Mitglieder der Matzpen hat sich weder für die eine noch die andere Linie entschieden. Die Matzpen glaubt, dass Revolutionäre in Israel eine wichtige Rolle in der israelischen Gesellschaft beim Sturz des Zionismus zukommt; und in dieser Frage unterscheidet sich die Matzpen nicht nur von der Siah und der Kommunistischen Partei, sondern auch von den Gruppen, die sich von ihr abgespalten haben.

Diese Analyse hat den spezifischen Klassencharakter der israelischen Gesellschaft und die besondere Struktur der herrschenden Klasse illustriert. Es handelt sich um eine Gesellschaft, die durch Einwanderung und Kolonisierung eines bereits bevölkerten Lands geprägt wurde, eine Gesellschaft, deren innere Einheit durch Konflikt mit einem externen Feind aufrechterhalten wird. In dieser Gesellschaft ist die herrschende Klasse eng mit dem Imperialismus verbunden und von ihm abhängig, dient aber nicht selbst durch wirtschaftliche Ausbeutung der israelischen Bevölkerung dem Imperialismus. Diese Klasse herrscht mithilfe einer Reihe bürokratischer Institutionen, die während des Kolonisierungsprozesses entwickelt wurden (Histadrut, Jewish Agency), und nur ein geringer Teil operiert mittels Privateigentum an Produktionsmitteln. Diese Merkmale können nicht als Ergebnis der inneren Dynamik der israelischen Gesellschaft erklärt werden; sie lassen sich jedoch leicht verstehen als Ergebnis der Dynamik des zionistischen Projekts selbst.

Sowohl die Erfahrung mit der politische Aktivität in Israel und der theoretischen Schlussfolgerung, die wir hier unterbreitet haben, führen zu einer Schlussfolgerung über die Strategie des revolutionären Kampfs in Israel: In unmittelbarer Zukunft muss der politische Kampf gegen den zionistischen Charakter Vorrang vor allem haben. Der Kampf muss darauf ausgerichtet sein, die Unterstützung all jener zu gewinnen, die unmittelbar unter dem Zionismus leiden. Dazu gehören alle, die wie die israelische Jugend oder israelischen Araber in ihrem Alltag in Konflikt mit dem Regime selbst geraten. Dies ist eine Strategie, die sich auf die Erschütterung des zionistischen Charakters des Regimes richtet.


Anmerkungen

1. Statistisches Jahrbuch [der israelischen Regierung], Zentralbüro für Statistik in Israel, 1969.

2. Im Jahr 2010 zählte die jüdische Bevölkerung in Israel (alle Altersstufen) rund 5.795.000, 68,8 Prozent waren in Israel geboren worden. – M.M. (2011)

3. Mosche Dajan, nach Davar, hebräische Tageszeitung, 2. Mai 1956.

4. Die große Mehrheit derjenigen, die vor 1948 eingewandert sind, waren europäischer Herkunft; von 1948 bis 1951 war das Verhältnis in etwa gleich; und seitdem kam die Mehrheit der Einwanderer von außerhalb Europas. Im Jahr 1966 kam nur die Hälfte der israelischen Bevölkerung aus Europa.

5. Bericht in Le Monde, 2. Juli 1969.

6. Oscar Gass, ohne Titel, Besprechung im Journal of Economic Literature, Dezember 1969: 1177.

7. Dieses Gesetz wurde im Jahr 1959 verabschiedet.

8. Diese Zahlen stammen aus N. Halevi und R. Klinov-Malul, The Economic Development of Israel (Bank von Israel und Frederick A. Praeger, 1968). Die Kategorie „andere Quellen“ unter „langfristiger Kapitaltransfer“ wurde in der Kategorie für langfristigen und einseitigen Transfer herausgenommen.

9. D. Patinkin, in Ma'ariv, 30. Januar 1970.

10. Zitiert nach Jedi'ot Acharanot, 30. September 1970. Bei einer Gesamtsumme von 1.034 Millionen Dollar an US-amerikanischer militärischer Auslandshilfe, außer Vietnam im Jahr 1970, erhielt Israel 500 Millionen Dollar.

11. Anfang Dezember 1970 stellte Sapir den Haushalt für 1970/71 vor, 40 Prozent waren für militärische Zwecke bereitgestellt. Dazu gehörte der Kauf von Waffen, teils abgedeckt durch die 500 Millionen Dollar, die Nixon versprochen hatte; die Entwicklung der Rüstungsindustrie und Rüstungsforschung; und die täglichen Kosten der nationalen Sicherheitsoperationen.

12. Siehe Why This Nation Does Buy British, Times, London, 28. März 1969.

13. Der Begriff „zionistisches Establishment“ wird in Israel benutzt, um die herrschende Gruppierung in den miteinander verschränkten zionistischen Institutionen zu bezeichnen.

14. Im Januar 1970 gab es zehn hebräische Tageszeitungen in Israel, von denen sieben subventioniert waren, dazu gehörten die Arbeiterzeitungen Davar und Lamerhav und die Mapam-Zeitung al-Hamischmar. Die drei Zeitungen in Privateigentum waren Ma'ariv und Jed'iot Acharanot, beides Abendzeitungen, die die expansionistische Politik unterstützen, und Ha'aretz, eine liberale Morgenzeitung im Besitz und geleitet von Gerschom Schocken. In Israel gibt es eine Militärzensur.

15. Leitartikel „The Harlot from the Cities Overseas and We – Thoughts on the Eve of [Jewish] New Year 5712“ (Die Dirne aus den Überseestädten und wir – Gedanken am Vorabend zum [jüdischen] Neujahrsfest 5712), Ha'aretz, 30. September 1951.

16. Die Oppositionsbewegung in Israel, insbesondere unter Hochschulstudenten, wurde in Akiva Orrs „Israel: Opposition Grows“, Black Dwarf, 12. Juni 1970, diskutiert.

17. Africa Research Group, Israel: Imperialist Mission in Africa, Tricontinental 15, 1969.

18. Arnold Rivkin, Africa and the West (Praeger, 1961).

19. Internationale Beilage anlässlich des Jubiläums der Histadrut 1920–1970.

20. Ebenda.

21. Details zu Israels Rüstungshilfe für Afrika siehe in: Africa Research Group, Israel: Imperialist Mission in Africa.

22. Bericht in Der Spiegel, 3. November 1969.

23. Theodor Herzl, Briefe und Tagebücher, Bd. 2: Zionistisches Tagebuch: 1895–1899 , 1983, S. 117–19.

24. Falk Instiute Report, 1961–63. Der Rest war zu gleichen Teilen im Besitz des Staats und der Histadrut.

25. Joseph Waschitz, The Arabs in Palestine (auf Hebräisch), Sifriat Po’alim, Merhaviah: 1947, S. 151.

26. Die Gewerkschaftsbeiträge werden von eigenen Beitragsbüros, die die Histadrut überall in Israel eingerichtet hat, eingetrieben, und Ortsgruppen erhalten Gelder vom Zentrum, nicht von ihrer örtlichen Mitgliedschaft. Das schränkt ihre Unabhängigkeit deutlich ein. Die Histadrut beschäftigt einen Stab von dreißigtausend Mitarbeitern und ihre Bürokratie übt scharfe Kontrolle über ihre Mitglieder aus; das Histadrut-Gebäude in Tel Aviv ist deshalb sogar als „Kreml“ bekannt.

27. Internationale Beilage zum Jubiläum der Histadrut, 1920–1970.

28. Mo’ed (auf Hebräisch) (Abteilung für Kultur und Bildung der Histadrut,1960), 3.

29. Waschitz, The Arabs in Palestine, S. 173.

30. Der Generalsekretär der Histadrut Enterprises, des Industrieflügels, der 25 Prozent der Volkswirtschaft kontrolliert, erzählte Anfang 1969 einer Gruppe zionistischer Geschäftsleute in Los Angeles, dass die Histadrut Enterprises sich in keiner Hinsicht von anderen kapitalistischen Organisationen unterscheiden, trotz ihrer Verbindungen zur Gewerkschaft; von ihnen werde erwartet, dass sie Profit machen und eine angemessene Kapitalrendite erwirtschaften, so wie jedes andere Privatunternehmen auch (Bericht in der Sunday Times, London, 27. Juli 1969).

31. Seit Abfassung dieses Artikels, vor allem nach den Wahlen von 1977, als die zionistische Arbeiterbewegung eine Niederlage erlitt, haben ihre Macht und ihr Einfluss abgenommen. Im Jahr 2009 war sie auf eine unbedeutende Kraft herabgesunken. Bei den Wahlen im selben Jahr hatte sie 11 von 120 Sitzen in der Knesset gewonnen (8 gewann die zentristische Arbeiterpartei und 3 die Mitte-links stehende Meretz). Zu diesem Zeitpunkt waren fast alle Staats- und Histadrut-Unternehmen ebenso wie die meisten Kibbuzim privatisiert worden. Die israelische Ökonomie ist von einem hoch globalisierten Privatkapital beherrscht. – M.M. (2011)

32. See Elie Lobel, L’escalade à l’intérieur de la société israélienne, Partisans, Nr. 52, (März/April 1970).

33. Diese Vorhersage hat sich als falsch herausgestellt: Avoda erlebte ihren Niedergang und verlor ihre beherrschende Position. – M.M. (2011)

34. In den Kibbuzim lebten niemals mehr als 5 Prozent der jüdischen Bevölkerung Palästinas oder Israels. Unabhängig von ihren anderen Beschränkungen kann deshalb nur schwerlich behauptet werden, dass sie die israelische Gesellschaft repräsentieren oder der Beweis dafür sind, dass Israel ein sozialistisches Land ist.

35. J. Amitai (Hg.), in: Siah, Nr. 5, August 1970.

36. William P. Rogers war Außenminister in der Regierung Nixons. – M.M. (2011)

37. Erklärung in: Zo Haderekh, 2. September 1970.


Last updated on 8.11.2011