REDS – Die Roten > Partei | Party > Lenin 1
Lenin war bereit und gewillt, sich nicht nur mit den allgemeinen Problemen der Theorie und der Politik zu befassen, sondern auch mit der Details der organisatorischen Arbeit. Das war eine seiner Stärken und die seiner Fraktion bzw. Partei, und es war ein Merkmal, das während der Iskra-Periode und der Vorbereitung für den zweiten Parteitag – der Jahre 1900-03 – deutlich wurde.
Lenin sehnte sich immer danach. aktive Parteiarbeiter aus dem Untergrund zu treffen. Er lud entlassene sibirische Exilierte und entkommene Gefangene dazu, ins Ausland zu kommen und eine Weile da zu verbringen, und er diskutierte mit ihnen die politischen, taktischen und organisatorischen Probleme, vor denen sie standen. Er zog vielversprechende Genossen in die zentrale Arbeit der Organisation hinein, indem er sie von einem Ort zu einem anderen verlegte und sie als Iskra-Agenten benutzte. Es gab zumeist zwanzig oder dreißig von diesen, mit denen Lenin regelmäßige Kontakte aufrechterhielt. Eine Schlüsselrolle bei der Aufrechterhaltung der Verbindungen mit Rußland wurde von Krupskaja gespielt.
Wladimir Iljitsch hatte durchgesetzt – wie er mir erzählte –, daß ich, sobald ich komme, Sekretärin der Iskra werden würde. Das bedeutete natürlich, daß die Beziehungen zu Rußland unter der engsten Kontrolle von Wladimir Iljitsch gepflegt werden sollten. Martow und Potressow hatten damals nichts dagegen, und die Gruppe „Befreiung der Arbeit“ hatte keinen eigenen Kandidaten und maß der Iskra auch keine besondere Bedeutung bei. Wladimir Iljitsch war es etwas peinlich gewesen, dies zu tun, aber er hatte es im Interesse der Sache für notwendig gehalten. Es gab sofort eine Unmenge zu tun. [1]
Es gab mehrere Probleme mit der Korrespondenz mit den russischen Aktivisten – vor allem die Einmischung der Polizei.
Liest man heute die Korrespondenz mit Rußland, so staunt man über die Naivität unserer damaligen Konspiration. Alle diese Briefe über Taschentücher (das waren Pässe), über gebrautes Bier, über warme Pelze (das war in unserer Geheimsprache illegale Literatur), all die Decknamen der Städte, die mit dem der Name der Stadt begann (Odessa – Ossip, Twer – Terenti, Poltawa – Petja, Pskow – Pascha usw.) das Ersetzen der Männernamen durch Frauennamen und umgekehrt – all das war äußerst leicht zu durchschauen und zu erraten. [2]
Trotzki berichtet:
Nadeschda Konstantinowna Kupskaja ... bildete den Mittelpunkt der gesamten Organisationsarbeit, empfing die ankommenden Genossen, unterwies und entließ die Abreisenden, stellte die Verbindungen her, schrieb Briefe, chiffrierte und dechiffrierte sie. In ihrem Zimmer konnte man stets den Geruch von gesengtem Papier wahrnehmen, vom Anwärmen der konspirativen Korrespondenz. Nicht selten klagte sie mit ihrer milden, aber beharrlichen Stimme, daß man zu wenig schreibe oder die Chiffre verwechsele oder mit der chemische Tinte derart umgehe, daß die Zeilen ineinander liefen und so weiter. [3]
Krupskaja koordinierte die Untergrundorganisation der Iskra mit einem Grad an Erfolg, den keine frühere russische revolutionäre Organisation erreicht hatte – und das alle wurde ohne einen einzigen Helfer in einem „Sitz“ mit einem Zimmer, das immer „nach verbranntem Papier“ roch.
Lenins Nerven litten.
... alles lastete denn auf Wladimir Iljitsch. die Korrespondenz mit Rußland rieb ihn sichtlich auf. Wochen- und monatelang auf Beantwortung der Briefe warten und die ganze Zeit mit dem Scheitern der Sache rechnen zu müssen, immer in Ungewißheit darüber zu sein, wie die Sache ihren Fortgang nahm – all das entsprach dem Charakter Wladimir Iljitschs absolut nicht. Seine Briefe nach Rußland sind voll von Bitten, pünktlich zu schreiben: „Noch einmal bitten und flehen wir dringend und inständig, uns öfter und ausführlicher zu schreiben, insbesondere uns umgehend, unbedingt noch am gleichen Tage, an dem der Brief eintrifft, wenigstens mit einigen Zeilen seinen Empfang zu bestätigen ...“ Daneben sind Briefe erfüllt von Bitten, schneller zu handeln. Nach jedem Brief aus Rußland, in dem es hieß: „Sonja schweigt wie tot“ oder „Sarin ist nicht rechtzeitig in das Komitee eingetreten“ oder „Mit der Alten ist keine Verbindung da“, konnte Wladimir Iljitsch nächtelang nicht schlafen. Dieser schlaflosen Nächte erinnere ich mich noch heute. [4]
Die Iskra spielte eine zentrale Rolle bei der Vorbereitung des Parteitags. Diese Zeitschrift hatte eine einzigartige Stellung in der Geschichte des Journalismus. Sie war die organisierende Zentrale einer Untergrundpartei in Rußland. Die Agenten der Redaktion – bis Ende 1901 betrug ihre Zahl neun [5] – reisten geheim durch das ganze Land, verknüpften Kontakte mit den lokalen Gruppen, gründeten Gruppen, wo keine existierten, und koordinierten ihre Arbeit. Frühere Versuche hatte den Pessimismus ermutigt. Als 1900 Lenin, Martow und Potressow
ins Ausland fuhren, um eine Zeitung und dadurch eine russische Organisation zu gründen, gingen sie das Risiko ein, daß sie das Schicksal aufeinanderfolgende Wellen von russischen Revolutionären vor ihnen erfahren würden. Diese waren ins Ausland mit derselben Hoffnung gefahren, daß sie aus Westeuropa eine revolutionäre Bewegung in Rußland schaffen würden; Im allerbesten Fall hatten einer nach dem anderen Organisationen von Emigranten gegründet, falls sie überhaupt etwas erfolgreich gegründet hatten. Aber dieses mal, „hatte das Triumvirat da Erfolg, wo diese anderen scheiterten“. [6]
Bei der Vorbereitung des Parteitags, der nach dem Mißgeburt des 1898er Parteitags, der wirkliche Gründungsparteitag der Partei sein und die Einheit unter den revolutionären Gruppen bilden sollte, überließ Lenin nichts dem Zufall.
Folgendes ist Teil eines Briefes von ihm an einen der Agenten der Iskra, F.W. Lengnick, der am 23. Mai 1902 geschrieben wurde:
Also ist es jetzt Ihre Aufgabe, von sich aus ein Komitee zur Vorbereitung des Parteitags zu gründen ..., die eigenen Leute in möglichst viele Komitees hineinzubringen; achten Sie aber auf sich und die ihrigen bis zum Parteitag wie auf Ihren Augapfel. Das alles ist äußerst wichtig, vergessen Sie das nicht! Seien Sie in diesem Punkt kühn, resolut, und erfinderisch, im übrigen aber zurückhaltend und vorsichtig.
Klug wie die Schlangen und sanft (mit den Komitees: mit dem „Bund“ und Petersburg) wie die Tauben. [7]
Er sagte einem anderen Agenten, I.I. Radtschenko, er sollte sehr vorsichtig gegenüber der jüdischen sozialistischen Organisation, dem Bund, sein.
Treten sie entschiedener auf und seien Sie auf der Hut. Übernehmen sie recht viele Bezirke, in denen Sie den Parteitag vorbereiten, berufen Sie sich auf das Büro (nennen Sie es anders), mit einem Wort, machen Sie es so, daß Sie die ganze Sache völlig in Ihren Händen haben, soll der „Bund“ sich vorläufig auf sich selbst beschränken ...
Also skizzieren Sie zunächst die Zusammensetzung eines „russischen Komitees zur Vorbereitung des Parteitags“, wie es für uns am vorteilhaftesten ist (vielleicht ist es günstiger zu sagen, daß Sie dieses Komitee bereits gebildet haben und sehr froh sind, daß sich der „Bund“ beteiligen will, oder so ähnlich). Übernehmen Sie unbedingt die Sekretärstelle in diesem Komitee. Das sind die ersten Schritte. Und dann werden wir weiter sehen.
Ich sage, „skizzieren Sie“ die Zusammensetzung, damit Sie freiere Hand haben. Legen Sie sich dem „Bund“ gegenüber nicht sofort fest (man kann beispielsweise sagen, daß die Verbindung mit der Wolga, dem Kaukasus, dem zentralgebiet – von dort ist jemand bei uns – und dem Süden – dorthin fahren zwei von uns – hergestellt ist), und richten Sie es so ein, daß das ganze Unternehmen in Ihrer Hand bleibt. Aber alles das recht vorsichtig, damit man Ihnen keine Vorwürfe machen kann. [8]
Die Loyalitätserklärungen, die in den Seiten der Iskra während des Winter 1902-03 erschienen, zeigen deutlich, daß Lenins Agenten erfolgreich ihre Mission durchführten. Iskra gewann ein Komitee nach dem anderen: im Dezember 1902 das Nischni-Nowgoroder Komitee; im Januar 1903 das Saratower Komitee; im Februar die Arbeiterunion des Nordens; im März das Komitee der Don (Rostow), die Arbeiterunion Sibiriens, das Kasaner und das Ufaer Komitee; im April das Tulaer,das Odessaer und das Irkutsker Komitee; im Mai die Bergarbeitergewerkschaft vonSüdrußland und das Ekaterinoslawer Komitee. [9]
Die Arbeit der Agenten der Iskra wurde gut von der General der Gendarmerie Spiridowitsch beschrieben:
Zusammengeschweißt zu einer kompakten konspirativen Gruppe von Berufsrevolutionären, reisten sie von Ort zu Ort, wo auch immer es Parteikomitees gab, bildeten Kontakte mit ihren Mitgliedern, lieferten ihnen illegale Literatur, halfen Druckereien zu gründen und sammelten die Information, die von Iskra benötigt wurde. Sie drangen in die lokalen Komitees ein, führten ihre Propaganda gegen den „Ökonomismus“ durch, beseitigten ihre ideologischen Gegner und unterordneten so die Komitees ihrem Einfluß. [10]
Nach Monaten der ständigen Arbeit wurde die Korrespondenz mit den Agenten der Iskra und mit anderen in Rußland regelmäßig und ihr Ausmaß stieg beträchtlich. Sie gab Lenin eine wirkliche Einsicht in das Denken und in die Gefühle der militanten Arbeiter. Wie Krupskaja er ausdrückte:
Die revolutionäre Bewegung in Rußland wuchs, und zugleich wuchs auch unsere Korrespondenz mit Rußland. Die kam bald bis auf dreihundert Briefe im Monat. Für die damalige Zeit war das eine enorme Menge. Wieviel Material für Iljitsch! Er verstand es, die Briefe der Arbeiter zu lesen. Ich entsinne mich noch eines Briefes von Arbeitern der Odessaer Steinbrüche. Ein kollektiver Brief mit einigen urwüchsigen Handschriften, ohne Subjekt und Prädikat, ohne Punkte und Kommas, aber er atmete unerschöpfliche Energie, Bereitschaft zum Kampf bis zum letzten, bis zum Sieg, ein Brief, farbenprächtig durch jedes seiner naiven und überzeugten, unerschütterlichen Worte. Ich weiß nicht mehr, wovon in diesem Brief die Rede war, aber ich erinnere mich noch deutlich seines Aussehens, des Papiers, der vergilbten Tinte. Wladimir Iljitsch las diesen Brief immer wieder, und dann ging er tief in Gedanken auf und ab. Die Arbeiter der Odessaer Steinbrüche hatten sich die Mühe nicht umsonst gemacht, als sie den Brief an Iljitsch schrieben, sie schrieben dem Genossen, dem sie schreiben mußten, der sie am besten verstanden hat. [11]
Krupskaja war auch die Kassiererin der Bolschewistischen Partei mit einzigem Zugang zu ihren Büchern. Zusätzlich organisierte sie den Transport von Iskra nach Rußland. Einer der Menschen, der sich hauptsächlich mit der Durchführung des eigentlichen Transports nach Rußland – Ossip A. Pjatnitski – gab eine lebhafte Beschreibung der angewandten Methoden:
Um die Beförderung der Literatur nach Rußland in kleinen Mengen umgehend auszuführen, benutzten wir Koffer mit doppeltem Boden. Auch vor meiner Ankunft in Berlin stellte eine kleine Fabrik solche Koffer für uns in großen Mengen. Aber die Zöllner an der Grenze rochen bald Lunte und mehrere Ausflüge scheiterten. Anscheinend erkannten sie die Koffer, die alle vom selben Stil waren. Dann fingen wir selber damit an, doppelte Böden aus starker Pappe in normalen Koffern einzubauen, in denen wir 100 bis 150 neue Exemplare der Iskra einpacken konnten. Diese doppelten Böden wurden so geschickt eingeklebt, daß niemand erkennen konnte, daß der Koffer irgendwelche Literatur enthielt. Noch wog der Koffer viel mehr als Ergebnis davon. Wir führten diesen Vorgang auf allen Koffern der ausreisenden Studenten und Studentinnen, die mit der Iskra-Gruppe sympathisierten; und auch auf den Koffern aller Genossen, die nach Rußland reisten, legal oder illegal. Aber auch das reichte nicht aus. Die Nachfrage nach der neuen Literatur war riesig. Wir erfunden jetzt den „Brustharnisch“: für die Männer stellten wir eine Art Weste her, worin wir zwei oder drei Hundert Exemplare der Iskra und dünne Broschüren stecken konnten; für die Frauen bauten wir spezielle Oberteile und nähten Literatur in ihre Röcke ein. Mit unserer Anlage gerüstet konnten Frauen etwa drei oder vier Hundert Exemplare der Iskra tragen.
Das nannten wir in unserem Sprachgebrauch „Expreßtransport“. Jeder, den wir bekommen konnten, mußte diesen „Brustharnisch“ anziehen ... verantwortliche Genossen sowie Normalsterbliche. [12]
Diese Methode, Iskra nach Rußland zu transportieren, war umständlich und sehr teuer. Wie Krupskaja sich viele Jahre später daran erinnerte: „Diese Transporte verschlangen eine Menge Geld und Kraft, die Arbeit war mit großem Risiko verbunden, und man mußte damit rechnen, daß nicht mehr als der zehnte Teil aller Sendungen den Bestimmungsort erreichte.“ [13] Laut Gerücht hätte die Zeitung eine Auflage von 100.000 in Kiew, aber tatsächlich betrug die Gesamtzahl der gedruckten Exemplare der ersten Ausgabe lediglich 8.000. [14]
Lenin war unter revolutionären Führern zu diesem Zeitpunkt einzigartig in seiner Haltung zu den Details der Parteiorganisation. Das läßt sich vielleicht am besten verstehen, indem man seinen Standpunkt dem z.B. von Rosa Luxemburg und ihren Freunden in der Führung der polnischen Sozialdemokratischen Partei gegenüberstellt, die folgendermaßen beschrieben worden ist:
Zu einem großen Teil handelte jedes Mitglied der Elite auf eigener Initiative und nach seinen eigenen Vorlieben und Gewohnheiten. Befehle waren wirklich selten; außer besonderen Fällen ... bestand die Kommunikation darin, rabbinische Meinungsnuancen zu verteilen. Dschersinski war über diese Laxheit erschrocken und betrachtete sie als Beweis des Verfalls. „Keine Politik, keine Richtung, keine gegenseitige Hilfe ... jeder muß sich alleine durchschlagen“ ... Weit davon entfernt, eine zufällige Lücke in der Verwaltung der Partei zu sein, war diese willkürliche Informalität absichtlich und sie wurde eifersüchtig bewahrt. Einige Führer konnten es gar nicht leiden, sich überhaupt mit Geld und der organisatorischen Routine zu beschäftigen; sie hielten sie von ihrem Schreiben fern. „Ich habe keine Lust, mich mit Geldfragen zu beschäftigen ... Sie müssen sich an Wladek [Olszewski], den Kassierer, in solchen Fragen herantreten“, schrieb Marchlewski entrüstet 1902 an Cezaryna Wojnarowska. Dasselbe galt noch stärker für Rosa Luxemburg. Zu irgendeinerm Zeitpunkt beschloß die Partei formell, daß sie sich überhaupt nicht mit organisatorischen Fragen beschäftigen sollte, daß sie sich nicht in den offiziellen Konferenzen bzw. Kongressen beteiligen sollte.[1*]
Wie Rosa Luxemburg war auch Trotzki nicht an der Parteiverwaltung beteiligt. Aber der Grund dafür war, daß er eigentlich keiner Partei angehörte. Zwischen 1904, als er mit den Menschewiki brach, und 1917, als er den Bolschewiki beitrat, war er nur mit einer kleinen losen Gruppierung von Schriftstellern verbunden.
Die gesamte Vorbereitung des 1903er Parteitags wann in Lenins Händen. „Wie sehr hatte Wladimir Iljitsch diesen Parteitag herbeigesehnt!“, erging Krupskaja in Erinnerung. [16] Aber trotz seiner ganzen Beharrlichkeit und der gesamten harten Arbeit nahm der Parteitag einen völlig unerwarteten Gestalt an. Anstatt ein Parteitag der Vereinigung zu sein, war es ein Parteitag, wo die russischen Marxisten sich radikal in zwei getrennte Tendenzen und Organisationen spaltete – die Bolschewiki und die Menschewiki.
Am Anfang des Parteitags ging alles gut für die vereinigte Führung von Plechanow, Lenin, Martow, Axelrod, Sassulitsch und Potressow. Von den 51 Stimmen, gehörten 33, oder eine klare Mehrheit, den Anhängern der Iskra-Position. Lenins vorsichtige Vorbereitung hatte geholfen, das zu einer Sicherheit zu machen. Der Hauptrivale der Iskra, die „ökonomistische“ Zeitung Rabotscheje Delo, hatte nur 3 Stimmen, der Jüdische Bund 5 Stimmen und 6 der übrigen Delegierten waren Anhänger keiner Gruppierung. Plechanow und Lenin nannten letztere „den Sumpf“, da sie manchmal mit den Iskristen stimmten und manchmal gegen sie. Wenn die 33 Iskristen zusammenhielten, könnte sie sicher über alle Fragen gewinnen.
Die ersten drei Sitzungen des Parteitags (aus einer Gesamtzahl von 37) beschäftigten sich hauptsächlich mit trivialen Fragen über die Verfahrensweise [Prozedur]. Danach kam die Diskussion über das Parteiprogramm, die wichtigste Sache auf der Tagesordnung. Diese wurde von Plechanow eingeleitet. Die Hauptfrage, über die Diktatur des Proletariats, gewann fast einstimmige Unterstützung von allen außer den „Ökonomisten“ Martynow und Akimow. Als das Programm schließlich angenommen wurde, stimmten alle Anwesenden dafür außer Akimow, der sich enthielt.
Akimow griff das Programm wegen seines Geistes der Vormundschaft der Partei über dem Proletariat.
Die Begriffe „Partei“ und „Proletariat“ werden einander entgegengestellt, erstere als aktives, verursachendes. kollektives Wesen, zweiteres als passives Mittel, worauf die Partei wirkt. Der Name der Partei wird stets als Subjekt benutzt, im Werfall, der Name des Proletariats als Objekt im Wenfall ... Die wesentliche Bedingung für die soziale Revolution ist die Diktatur des Proletariats, d.h. die Eroberung von soviel Macht durch das Proletariat, wie es ihm ermöglichen wird, alle Widerstandsversuche seitens der Ausbeuter zu unterdrücken.
Wie könnte man die Billigung dieser Diktatur mit der Forderung nach einer demokratischen in Einklang bringen? Ein Delegierter, Posadowski, fragte den Parteitag, ob die Partei ihre künftige Politik diesem oder jenem demokratischen Prinzip als etwas mit absolutem Wert unterordnen sollte oder ob „ob man alle demokratischen Prinzipien ausschließlich den Interessen der Partei unterordnen muß“. Plechanow gab eine deutliche und entscheidende Antwort:
Jedes demokratische Prinzip muß man nicht an sich, abstrakt betrachten sondern in bezug auf das, was man als das grundsätzliche Prinzip der Demokratie nennen könnte, nämlich salus populi suprema lex [A]. Übertragen in die Sprache des Revolutionärs heißt dies, daß der Erfolg der Revolution das höchste Gesetz ist. Und wenn der Erfolg der Revolution eine vorübergehende Beschränkung auf das Funktionieren dieses oder jenes demokratische Prinzip forderte, dann wäre es ein Verbrechen [kriminell], eine solche Beschränkung zu unterlassen. Meiner Meinung nach sage ich, daß man auch das Prinzip des allgemeinen Wahlrechts vom Standpunkt dessen betrachten müßte, das ich als grundsätzliche Prinzip der Demokratie bezeichnet habe. Hypothetisch ist es möglich, daß wir Sozialdemokraten uns gegen das allgemeine Wahlrecht aussprechen könnten. Die Bourgeoisie der italienischen Republiken enthielten Menschen, die dem Adel angehörten, politische Rechte. Das revolutionäre Proletariat könnte die politischen Rechte der höheren [oberen] Klassen einschränken, genau wie die höheren [oberen] Klassen einmal seine politischen Rechte einschränkte. Man kann die Angemessenheit solcher Maßnahmen beurteilen nur auf der Basis: salus revolutiae suprema lex [B].
Und wir müssen auch dieselbe Position über die Frage der Dauer der Parlamente nehmen. Wenn in einem Ausbruch der revolutionären Begeisterung das Volk ein sehr gutes Parlament – eine Art chambre introuvable [C] – wählen sollte, dann wären wir dazu gezwungen, den Versuch zu unternehmen aus ihm ein long parliament [D] zu machen; und wenn die Wahlen sich als unerfolgreich bewiesen, müßten wir es nicht nach zwei Jahren auflösen, sondern, wenn möglich, nach zwei Wochen. [17]
Plechanows Erklärung beschrieb genau die wirkliche Politik der Bolschewiki, besonders 1917; er lebte lang genug, um seine eigenen Worte bitter zu bedauern.
Martow, der bis zum Ende des Parteitags Lenins Gegner geworden war, hatte zu diesem Zeitpunkt keine Meinungsverschiedenheiten mit Plechanows Äußerung über die Diktatur des Proletariats. Seine Definition war jedoch weniger Extrem. Einige Wochen später in einem Bericht über den Parteitag zum Kongreß der Russischen Sozialdemokraten im Ausland versuchte Martow, Plechanow zu „verteidigen“, indem er seine Worte abmilderte: „Diese Worte [Plechanows] erregten die Entrüstung einiger Delegierter; diese wäre leicht vermieden worden, wenn Genosse Plechanow hinzugefügt hätte, daß man natürlich nicht eine so tragische Situation vorstellen könnte, wo das Proletariat, um seinen Sieg zu konsolidieren [befestigen], auf solche politischen Rechte wie die Pressefreiheit mit Füßen treten müßte. (Plechanow: Merci!)“ [18]
Trotzki, der später im Parteitag Martow gegen Lenin unterstützen sollte, verpaßte zu diesem Punkt, als er den Begriff Diktatur des Proletariats verteidigte, die harsche Wirklichkeit, daß die Diktatur sich gegen die konservativen Ideen richten müsse, die unter die Massen vom alten Gesellschaftssystem verbreitet würden, das immer noch um sein Überleben kämpfe. Er verteidigte das Programm mit einer Umschreibung aus dem Kommunistischen Manifest:
Die Herrschaft der Arbeiterklasse ist unvorstellbar, bis die große Masse der Arbeiter im Wunsch nach dieser <Herrschaft vereinigt ist. Diese würde nicht die Diktatur einer kleinen Bande von Verschwörern bzw. einer Minderheitspartei sein, sondern der überwiegenden Mehrzahl im Interesse der überwiegenden Mehrzahl, um die Konterrevolution zu verhindern. Kurz gesagt, sie würde den Sieg der wahren Demokratie darstellen. [19]
Dies war natürlich keine Antwort auf Akimows Argument, besonders für Rußland, wo das Proletariat eine winzige Bewegung war.
Lenin nahm nur einen kleinen Teil an der großen Debatte über das Programm, außer seiner Intervention über die Teile, die das Agrarprogramm betrafen (s. Kapitel 11). Es ist jedoch klar, wie seine Politik 1917 zeigte, daß er mit Plechanow in voller Übereinstimmung war.
Das vom Parteitag angenommene Programm war fast dem vorgelegten Entwurf gleich. [20] Die einzigen Unterschiede waren die Hinzufügung einer Forderung nach der Wahl von Richtern und einige Detailänderungen bei den Forderungen über Gesetzgebung für die Verbesserung von Arbeitsbedingungen. Es ist interessant zu merken, daß während der Debatte über das Programm Martynow, einer der „ökonomistischen“ delegierten, Lenins Was tun? scharf angriff, aber überhaupt keine Unterstützung bekam.
Es lohnt sich im Lichte der späteren Ereignisse zu wiederholen, daß das Programm einstimmig angenommen wurde, wobei ein Delegierter sich enthielt. Die Einheit der Iskristen schien etwas weniger vollständig bis zum Zeitpunkt, wo die 16. und die 17. Sitzung des Parteitags stattfanden. Mehrere sehr enge Abstimmungen zeigten, daß einige von ihnen mit dem Bund bzw. den „Ökonomisten“ gegen Lenin und Plechanow stimmten. Aber diese Abstimmungen waren alle über kleine Punkte.
Die Bombe schlug bei der 22. Sitzung des Parteitags ein, die dem Parteistatut gewidmet wurde. Der Anlaß war die Diskussion über den ersten Paragraphen des Entwurfs des Statuts, der Mitgliedschaft definierte. Lenin schlug vor, daß Paragraph 1 ein Parteimitglied als jemand definieren sollte, „der das Parteiprogramm anerkennt und sie durch materielle Mittel und durch persönliche Beteiligung an einer der Parteiorganisationen unterstützt“. [21] Martow schlug eine Alternative vor, die genau in derselben Weise anfing, aber wo der kursiv geschriebene Text folgendes lautete: „und durch regelmäßige persönliche Zusammenarbeit unter der Leitung einer der Parteiorganisationen“. [22]
Lenin ergriff das Wort immer wieder, um seine Formulierung zu erklären: Er wollte eine straff organisierte Partei von Revolutionären.
... die Partei soll nur der Vortrupp, der Führer der gewaltigen Masse der arbeiterklasse sein, die sich ganz (oder fast ganz) „unter der Kontrolle und Leitung“ der Parteiorganisationen betätigt, die aber dier „Partei“ nicht ganz angehört und nicht angehören darf ... unter Verhältnissen, die erfordern, die Arbeit völlig im Verborgenen zu leisten und den größten Teil der Tätigkeit in engen Geheimzirkeln und sogar in privaten Zusammenkünften zu konzentrieren, für uns höchst schwierig, ja beinahe unmöglich ist, die bloßen Schwätzer von den wirklich Arbeitenden zu unterscheiden. Und es dürfte sich kaum ein zweites Land finden, in dem die Vermengung dieser beiden Kategorien so üblich und soviel Verwirrung und Schaden stiftet wie in Rußland ... wir leiden fürchterlich unter diesem Übel ...Es ist besser, zehn Arbeitende bezeichnen sich nicht als Parteimitglieder (die wirklich Arbeitenden jagen Titeln nicht nach!), als daß ein Schwätzer das Recht und die Möglichkeit hat, Parteimitglied zu sein. Das ist der Grundsatz, der mir unwiderleglich erscheint und der mich veranlaßt, gegen Martow zu kämpfen ... man darf nicht vergessen, daß jedes Parteimitglied für die Partei verantwortlich ist und daß die Partei für jedes Mitglied die Verantwortung trägt. [23]
Martow redete auch wiederholt. Er war für eine breite Partei. Trotzki unterstützte Martow, was überraschend war, da in einer früheren Sitzung er als noch extremerer Zentralist schien als Lenin. So hatte er erklärt:
Das Statut, sagte er (Genosse Akimow), definiert nicht den Zuständigkeitsbereich des Zentralkomitees mit ausreichender Genauigkeit. Ich kann nicht mit ihm übereinstimmen. Im Gegenteil: Diese Definition ist genau und bedeutet, daß, insofern die Partei eine Gesamtheit bildet, ihm muß die Kontrolle über die lokalen Komitees zugesichert werden. Genosse Lieber sagte, als er meinen Ausdruck borgte, daß das Statut „organisiertes Mißtrauen“ sei. Das stimmt. Aber ich benutzte diesen Ausdruck mit Bezug auf das vom Sprecher des Bundes vorgeschlagene Statut, die das organisierte Mißtrauen seitens eines Teils der Partei gegenüber der gesamten Partei darstellte. Unser Statut stellt andererseits das organisierte Mißtrauen der Partei gegenüber aller ihrer teile dar, d.h. Kontrolle über alle lokale, Bezirks-, nationale und andere Organisationen. [24]
Jetzt sagte Trotzki plötzlich: „Ich glaube nicht, daß man durch das Statut den Opportunismus austreiben kann. Ich gebe nicht dem Statut irgendeine Art mystischer Interpretation ... Der Opportunismus wird von viel komplizierteren [komplexeren] Ursachen als diesen oder jenen Paragraphen im Statut verursacht; er wird durch das verhältnismäßige Niveau der Entwicklung der bürgerlichen Demokratie und des Proletariats verursacht.“ [25]
Axelrod sprach sich auch gegen Lenin aus. Plechanow stellte sich jedoch an seiner Seite: „Ich habe eine vorgefaßte Idee, aber je mehr ich darüber nachdenke, was gesagt wurde, desto stärker ist meine Überzeugung, daß die Wahrheit mit Lenin liegt ... Intellektuelle mögen aus individualistischen Gründen Bedenken haben, der Partei beizutreten, um so besser, da sie im allgemeinen Opportunisten sind ... Aus diesem Grund, wenn aus keinem anderen, sollten die Gegner des Opportunismus für seinen Entwurf stimmen.“ [26]
Die Iskristen waren gespalten und Lenins Vorschlag wurde mit 28 Stimmen gegen 23 abgelehnt. Martows Mehrheit schloß die fünf delegierten des Bundes sowie die beiden „Ökonomisten“ ein. Diese sieben gaben Martow und seine Anhänger eine Mehrheit gegen Lenin, die ausrichte, um den Parteitag danach zu dominieren.
Wie konnten Martow und Trotzki, die rückhaltlos Lenins Was tun? unterstützten, das vorschlug, daß dem Zentralkomitee der Partei absolute Autorität gegeben werden sollte, Lenins Definition der Mitgliedschaft der Partei ablehnen? Starke zentralistische Führung mit loser Mitgliedschaft zu kombinieren, war ein zu einem Extrem getriebener Eklektizismus.
Die harsche Notwendigkeit des demokratischen Zentralismus innerhalb der revolutionären Arbeiterpartei entsteht aus den harschen Imperativen der Diktatur des Proletariats. Martow und Trotzki schreckten davor zurück. Außerdem muß die Führung einer revolutionären Partei das höchste Beispiel der Hingabe und der völligen Identifikation mit der Partei in ihrem Alltagsleben liefern. Das verleiht ihr die moralische Autorität, um die maximale Opferbereitschaft von der Basis zu fordern.
Jahre früher hatte Engels in einem Argument gegen die Anarchisten gesagt, daß die proletarische Revolution eine sehr starke [strenge] Disziplin, eine starke Autorität fordere.
Haben diese Herren nie eine Revolution gesehen? Eine Revolution ist gewiß das autoritärste Ding, das es gibt; sie ist der Akt, durch den Teil der Bevölkerung dem anderen Teil seinen willen vermittels Gewehren, Bajonetten und Kanone, also mit denkbar autoritärsten Mitteln aufzwingt; und die siegreiche Partei muß, wenn sie nicht umsonst gekämpft haben will, dieser Herrschaft Dauer verleihen durch den Schrecken, den ihre Waffen den Reaktionären einflößen. [27]
Daher kann die revolutionäre Partei es nicht vermeiden, starke Forderungen nach Opferbereitschaft und Disziplin von ihrer eigenen Mitgliedern zu machen. Martows Definition der Mitgliedschaft der Partei paßte mit der Schwäche seiner Vorstellung der Diktatur des Proletariats zusammen.
Nach dieser Entscheidung Hühner Paragraph 1 des Parteistatuts fand Lenin sich wiederholt in der Minderheit. Während der 23. bis zur 26. Sitzung trug Martow – der jetzt sich ständig Lenin entgegenstellte – den Sieg über eine Frage nach der anderen davon. Die Fragen waren jedoch von ziemlich kleiner Bedeutung.
Lenin gewann eine Mehrheit wieder bei der 17. Sitzung, wo der Wunsch des Jüdischen Bundes, die einzige Organisation der jüdischen Arbeiter zu sein und seine Autonomie in der Partei aufrechtzuerhalten, niedergeschlagen wurde (durch 41 Stimmen gegen 5, mit 5 Enthaltungen). Bald danach verließen die fünf delegierten des Bundes den Parteitag. Dann verließen auch die beiden „ökonomistischen“ delegierten den Parteitag, weil der Parteitag entschieden hatte, daß der iskristische Bund der Russischen Revolutionären Sozialdemokraten im Ausland als einzige Vertreter der Partei im Ausland sein sollte. Martow verlor dadurch auf einem Schlag 7 Stimmen, was seine Unterstützung auf 20 Stimmen reduzierte, während Lenin seine 24 behielt.
Der Parteitag mußte jetzt die führende Gremien der Partei wählen. Er hatte schon Übereinstimmung über die zentrale Struktur erreicht. Der Statut hatte ein Zentralkomitee bezeichnet, das innerhalb Rußlands arbeiten sollte, und hatte Iskra als Zentralorgan der Partei für die ideologische Führung ernannt. Über die beiden sollte es einen Parteirat geben, der aus fünf Mitglieder bestehen sollte – zwei vom Zentralkomitee, zwei vom Zentralorgan und eins vom Parteitag gewählt.
Mit seiner Mehrheit setzte Lenin seine Kandidatenliste für das Zentralkomitee von drei Mitgliedern durch. Gerade die Redaktion der Iskra, jetzt Zentralorgan der Partei, stellte die Schwierigkeit dar, da es allgemein angenommen wurde, daß die ursprünglichen sechs gewählt würden. Vier von diesen, Martow, Potressow, Axelrod und Sassulitsch, waren jetzt Gegner Lenins. Lenin schlug eine Redaktion mit bloß drei Mitgliedern vor – Plechanow, Lenin und Martow. Diese Frage war die Frage, wobei die Partei sich in die Bolschewiki (Mehrheit) und die Menschewiki (Minderheit) spaltete.
Plechanow, Lenin und Martow wurden als die Redaktion gewählt. Noskow, Krshishanowski und Lengnik, „alle drei Leninisten“, wurden als zentralkomitee gewählt. Plechanow wurde als Vorsitzender der Parteirat gewählt. Die Diskussion über die Mitgliedschaft der Redaktion – ob man die sechs bestehenden Mitglieder wiederwählen sollte, wie Martow wünschte, oder die drei, die Lenin vorschlug – dauerte und dauerte neun lange Sitzungen des Parteitags lang. Die Debatte war bitter und aggressiv.
Nach dem langen und erschöpfenden Streit über diese Frage ging der übrige Teil des Parteitags, insgesamt ein Tag, vorbei, als ob die Delegierten halbschlafend waren und es ihnen gleichgültig war. Von den 24 Punkten auf der Tagesordnung hatten sie bis zum letzten Tag bloß 4 behandelt. Nach 17.00 Uhr am letzten Tag – nach einem Monat von Beratungen – fing der Parteitag eine planlose Diskussion über einige Beschlüsse über taktische Fragen. Dies schlossen Erklärungen ein über Demonstrationen, über die Gewerkschaftsbewegung und über Arbeit unter den Sekten, über Arbeit unter der studentischen Jugend, über das Verhalten beim Verhör, über Vertrauensleute, über den Internationalen Kongreß in Amsterdam 1904, über die Liberalen (Starowers Beschluß), über die Liberalen (Plechanows Beschluß), über die Sozialisten-Revolutionäre, über Parteiliteratur, über antijüdische Pogrome.
Der unglücklichste Beschluß, der angenommen wurde, war der, der Potressow (Starower) stellte und Martow und Axelrod unterstützten, über sozialistische Unterstützung für Liberale unter folgenden Bedingungen: (1) daß die „liberalen bzw. liberal-demokratischen Tendenzen deutlich und unzweideutig erklären“ sollten, „daß in ihrem Kampf gegen die autokratische Regierung sie sich entschlossen auf der Seite der russischen Sozialdemokraten stellen werden“! (2) daß die Liberalen „nicht in den Programmen Forderungen einschließen werden, die im Widerspruch zu den Interessen der Arbeiterklasse bzw. der Demokratie im allgemeinen stehen oder ihr politisches Bewußtsein verdunkeln“, und (3) daß sie das allgemeine, gleiche, geheime und direkte [unmittelbare] Wahlrecht zur Parole ihres Kampfes machen sollten. (Siese sollten zur Ursache von weitverbreiteten Mißverständnisse über das revolutionäre Potential der Liberalen führen.) Die Delegierten waren so müde, daß sie diesen Beschluß Annahmen neben eine Gegensätzlichen, den Plechanow stellte und Lenin unterstützte. In Potressows Beschluß, der von Martow, Sassulitsch und Axelrod (wie auch erstaunlicherweise von Trotzki) unterstützt wurde haben wir ein Vorgeschmack des Menschewismus von 1905 und danach. [28] Es ist interessant, daß sowohl zur Zeit des Parteitags als auch danach Lenin diesem Beschluß sehr wenig Aufmerksamkeit schenkte und viel interessierter am Streit über die Größe der Redaktion war.
Die Frage, ob es in der Redaktion drei oder sechs Serien geben sollte, über die die Partei sich spaltete, schien wie ein Sturm im Wasserglas zu sein, eine Frage des persönlichen Streits, die zu unbedeutend war, um eine ernsthafte Bewegung zu spalten. Lenin betrachtete die Differenzen als einen Streit zwischen denjenigen, die einerseits das Parteigeist der Ernennung von Amtsträgern akzeptierten, und denjenigen, die sich an den Haltungen der Kreise und der „Filzokratie“ [„alten Seilschaften“ ?] gewöhnt hätten, einen Streit, der ein großes persönliches Element enthalte. Er war zu jenem Zeitpunkt überhaupt nicht sicher, ob dies eine Spaltung rechtfertigte.
Die Anhänger der alten Redaktion der Iskra benutzten Argumente wie folgende: „Der Parteitag hat weder das moralische noch das politische Recht, die Redaktion umzumodeln“ (Trotzki); „das ist eine allzu heikle Frage“ (Trotzki wieder); „wie sollen sich die nichtgewählten Mitglieder der Redaktion dazu verhalten, daß der Parteitag sid in der Redaktion nicht mehr sehen will“ (Zarjow). [29]
Lenins Bemerkung lautete:
Solche Argumente verschoben die Frage bereits völlig auf die Ebene des Mitleids und der Kränkung, was ein offrenes Eingeständnis des bankrotts auf dem Gebiet wirklich prinzipieller, wirklich politischer Argumente ist ... Stellen wir uns auf diesen spießbürgerlichen, nicht parteimäßigen Standpunkt, so werden wir bei jeder Wahl vor der Frage stehen: Wird Petrow es nicht übelnehmen, daß nicht er, sondern Iwanow gewählt worden ist, wird dieses oder jenes Mitglied des OK [Organisationskomitees] es nicht übelnehmen, daß nicht er, sondern ein anderer ins ZK [Zentralkomitee] gewählt worden ist? Wohin soll das führen, Genossen? Wenn wir uns hier versammelt haben, nicht um uns gegenseitig Annehmlichkeiten zu sagen, nicht um spießbürgerliche Liebenswürdigkeiten auszutauschen, sondern um die Partei zu schaffen, dann dürfen wir einem solchen Standpunkt keinesfalls beipflichten. Wir haben die Aufgabe, Funktionäre zu wählen, und dabei kann nicht die Frage stehen, ob man diesem oder jenem Nichtgewhlten mißtraut, sondern nur die Frage, ob man der Sache nützt und ob der Gewählte sich für das Amt geeignet, für das er gewählt werden soll. [30]
Er argumentierte gegen „die alte, traute Kumpanei ..., die ihre Zirkel‚kontinuität‘ verteidigt“. [31]
Die Leute waren so gewöhnt an die Glasglocke einer abgeschlossenen und gemütlichen kleinen Gesellschaft, daß sie gleich in Ohnmacht fielen, als man das erstemal unter eigener Verantwortung auf offenem und freiem Kampfplatz auftrat ... Die Mentalität des Intellektuellen-Individualismus und des Zirkelwesens kam in Widerstreit mit der Forderung des offenen Auftretens vor der Partei. [32]
Als Martow, der es ablehnte, die Entscheidung des Parteitags über die Redaktion zu befolgen, erklärte: „Wir sind keine Leibeigenen!“ [33], argumentierte Lenin gegen diesen „aristokratischen Anarchismus“ und sagte: „Er muß lernen, die Erfüllung der Pflichten eines Parteimitglieds nicht nur von den einfachen Mitgliedern, sondern auch von den ‚Leuten an der Spitze‘ zu fordern ...“ [34] Warum versuchten Martow und seine Freunde, die wirkliche Ineffizienz [Unfähigkeit] der jetzt vom Parteitag abgesetzten Mitglieder der alten Redaktion zu leugnen?
Das alte Sechserkollegium war so wenig arbeitsfähig, das es im Laufe von drei Jahren kein einziges mal in vollem Bestand zusammentrat – das ist unglaublich, aber es ist eine Tatsache. Von den 45 Nummern der Iskra ist keine einzige (in redaktionell-technischer Hinsicht) von jemand anderm zusammengestellt worden als von Martow oder Lenin. Und außer Plechanow hat kein einziges Mal jemand eine wichtige theoretische Frage aufgeworfen. Axelrod hat überhaupt nicht mitgearbeitet (null Artikel in der Sarja und 3-4 in sämtlichen 45 Nummern der Iskra). Sassulitsch und Starower beschränkten sich auf Beiträge und Ratschläge, ohne jemals ausgesprochen redaktionelle Arbeit zu leisten. [35]
Als er seine Beweggründe erklärte, sagte Lenin, daß in den 45 Ausgaben des alten Iskra Martow 39 Artikel beigetragen habe, Lenin 32 und Plechanow 24. Sassulitsch habe nur 6 Artikel geschrieben, Axelrod 4 und Potressow 8. [36]
Der Wunsch, auf Grund von guten Manieren Unterstützung für die Veteranen auszudrücken, anstatt alles den Bedürfnissen der Revolution zu unterordnen, war Lenin völlig fremd. keineswegs war er kalt gegenüber den Wegbereitern [Pionieren] des russischen Marxismus. Er hing sehr an Vera Sassulitsch, was auch der Fall bei Krupskaja war. „‚Du wirst Vera Iwanowna ja sehen‘, sagte Wladimir Iljitsch am Abend meiner Ankunft in München zu mir, ‚das ist ein kristallklarer mensch.‘ Ja, das war sie in der Tat.“ [37]
Ihre heldenhafte Vergangenheit brachte bei Lenin eine Saite tief in seinem Herzen zum Erklingen. Januar 1878 schoß sie, als junge Frau im Alter von 29 Jahre, den General Trepow, den Chef der Gendarmerie in Petersburg an als Protest gegen die Mißhandlung und Erniedrigung eines politischen Gefangenen. Bei ihrem Gerichtsverfahren wurden schreckliche polizeiliche Mißbräuche enthüllt. Die Schöffen [Geschworenen] waren von den Enthüllungen so schockiert, daß sie sie freisprachen. Als die Polizei versuchte, sie vor dem Gericht zu verhaften, wurde sie von einer sympathisierenden Menschenmenge gerettet, die ihr zum Entkommen half. Im Ausland war sie in engem Kontakt mit Karl Marx. Sie wurde von Lenin sehr geliebt und bewundert und er wußte sehr wohl, daß ihre Entlassung aus der Redaktion der Iskra ihr einen sehr harten Schlag versetzen würde. Wie Krupskaja es ausdrückte:
Vera Iwanowna hatte furchtbares Heimweh nach Rußland. Sie reiste 1899, glaube ich, illegal nach rußland, nicht um dort zu arbeiten, sondern nur, um mal zu sehen, „wie der Bauer jetzt aussieht, was für eine Nase er jetzt hat“. Und als die Iskra zu erscheinen begann, fühlte sie, daß das ein Stück Rußland war, und klammerte sich krampfhaft daran. Für sie bedeutete das Ausscheiden aus der Iskra eine erneute Trennung von Rußland und ein Wiederversinken in dem erstickenden Sumpf der Emigration.
Darum war sie so empört, als auf dem II. Parteitag die Frage der Redaktionsbesetzung der Iskra behandelt wurde. Für sie war das keine Frage der Eigenliebe, sondern eine Lebensfrage. [38]
Lenin war jedoch intellektuell zu ehrlich, der Sache zu sehr gewidmet, um die Bedürfnisse der Organisation seinen eigenen Gefühlen aufzuopfern. Und daher mußte Vera Sassulitsch gehen. Diejenigen, die bereit waren, die Bedürfnisse der Bewegung zweitrangigen Überlegungen zu unterordnen, zeigten sich später als Versöhnler, nicht Revolutionäre. Aber diese Tatsache warbislang auch von den Adleraugen Lenins verhüllt.
Aus dem oben beschriebenen Ereignis könnte man die Schlußfolgerung ziehen, daß Lenin gegenüber seinen Genossen herzlos, kalt und rücksichtslos gewesen sei. Nichts war weiter von der Wahrheit entfernt. In Wirklichkeit war er sehr warm und großzügig ihnen gegenüber und zeigte Liebenswürdigkeit und Aufmerksamkeit auf alle ihre Bedürfnisse. Auch als er mit Menschen politisch brach, verlor er oft nicht seine Zuneigung zu ihnen. Ein typisches Beispiel war seine Haltung gegenüber Martow.
Es fiel ihm schwer, mit Martow zu brechen. Die zeit der Petersburger Arbeit, die Zeit der Zusammenarbeit in der alten Iskra hatte sie innig verbunden. Martow war ein äußerst empfindsamer Mensch, der vermöge seines Feingefühls Iljitschs Gedanken zu erfassen und talentwoll zu entwickeln vermochte. Später erkämpfte Wladimir Iljitsch die Menschewiki erbittert, aber jedesmal, wenn Martow seine Linie auch nur ein wenig ausrichtete, wurde sein früheres Verhältnis zu Martow wieder wach. So zum Beispiel 1910, als Martow und Wladimir Iljitsch in Paris zusammen in der Redaktion des Sotsial-Demokrat arbeiteten. So manchmal berichtete Wladimir Iljitsch erfreut, wenn er aus der Redaktion kam, daß Martow für die richtige Linie eintrete und sogar gegen Dann Stellung nehme. Und wie erfreut war Wladimir Iljitsch über Martows Verhalten in den Julitagen (viel später, schon in Rußland), weniger aus dem Grund, weil es den Bolschewiki besonders nützlich wäre, als deshalb weil Martow eine Haltung gezeigt hatte, wie sie sich für einen Revolutionär geziemte. [39]
Während des Winters 1919-20 hörte Lenin, daß Martow sehr krank sei, und schickte ihm die besten verfügbaren Ärzte in Moskau.
Kein persönliches Element beeinflußte Lenins politische Einschätzung von Individuen und umgekehrt. Krupskaja schrieb:
Ein besonderer Zug Lenins, daß er es verstand, die prinzipiellen Meinungsverschiedenheiten von Intrigen, von persönlichen Stänkereien zu trennen und die Sache selbst über alles zu stellen ... Wenn ein Gegner über Lenin herfiel, so brauste er auf, wehrte sich rücksichtslos, verteidigte seinen Standpunkt. Wenn man aber dann vor neuen Aufgaben stand und es sich herausstellte, daß es möglich war, mit dem Gegner zusammenzuarbeiten, dann verstand es Lenin, dem Gegner von gestern wie einem Genossen gegenüberzutreten. Und dazu brauchte er sich absolut keinen Zwang anzutun. Darin lag Lenins große Stärke. Bei aller seiner prinzipiellen Vorsicht war er ein großer Optimist den Menschen gegenüber. Er irrte sich mitunter, aber im großen und ganzen war dieser Optimismus für die Sache sehr nützlich. [40]
Er konnte gleichzeitig einen Menschen sehr stark wegen seinem aktuellen politischen Standpunkt angreifen und seinen Beiträgen in anderen Bereichen huldigen.
In einem Brief über Plechanows politischen Bankrott in 1905 schrieb er: „Schade um den Alten, er ... ist doch ein kluger Kopf ...“ [41] Zwei Jahre später, in einem Artikel, der Plechanow bitter für seine Politik während der 1905er Revolution angriff, gab er sich besondere Mühe, seine wichtigen früheren theoretischen Beiträge zu loben.
Wiederum, in einem Brief Hand die Redaktion der Prawda, der irgendwann nach dem 25. Mai 1913 geschrieben wurde, konnte Lenin die Vergangenheit übersehen und schreiben: „Er [Plechanow] ist jetzt wertvoll, denn er kämpft gegen die Feinde der Arbeiterbewgung.“ [42] Auch nach 1917, als Plechanow nicht nur den Krieg unterstützte, sondern sich in seiner Zeitung Jedinstwo besondere Mühe gab, Lenin zu beschuldigen, daß er ein bezahlter deutscher Agent sei, lobte Lenin weiter Plechanows Beiträge zur marxistischen Theorie.
Lenin zeigte große Wärme und Taktgefühl, als er Genossen dabei half, sich zu entwickeln und ihre Kenntnisse zu verbessern. Krupskaja schreibt:
... es kommt mir in Erinnerung, wie sich Lenin unerfahrenen Autoren gegenüber benahm. Er achtete auf das Wesentliche, auf den Kern der Arbeit, dachte darüber nach, wie er helfen konnte, Fehler zu berichtigen. Alles das tat er aber sehr behutsam, so daß der Betreffende mitunter gar nicht merkte, daß er berichtigt wurde. Jemand in der Arbeit zu helfen, ihn zu unterstützen – darin war Lenin Meister. Wollte er beispielsweise irgend jemand beauftragen, einen Artikel zu schreiben, war aber nicht davon überzeugt, daß der Betreffende ihn auch so schreiben würde, wie es nötig war, so unterhielt er sich mit ihm erst eingehend über das ihm vorschwebende Thema, entwickelte seinem Gedankengang, weckte das Interesse des ändern, sondierte ihn nach allen Richtungen und schlug ihm schließlich vor: „Wollen Sie nicht über dieses Thema einen Artikel schreiben?“ Und der Genosse merkte auf diese Weise gar nicht, wie sehr ihm diese Unterhaltung mit Lenin geholfen hatte, merkte nicht, wenn er in seinem Artikel Aussprüche und Redewendungen von Lenin brachte. [43]
Wenn Lenin eine Schwäche hatte, bestand es darin, daß´er sich zu leicht in Menschen verliebte. „Wladimir Iljitsch pflegte sich manchmal für einen Menschen besonders zu erwärmen. Wen er an einem Menschen einen wertvollen Zug wahrnahm, so suchte êr sich ihn gleich zu nähern.“ [44] Aber diese Perioden der Erwärmung setzten sich nicht lange fort. Während bei der ersten Bekanntschaft Lenin immer bereit war, „sich mit einem neuen Mitarbeiter zu verlieben“, nahm er nach einer längeren Bekanntschaft fast immer Elemente der Schwäche in ihm wahr.
Er neigte dazu, seine Haltung einem Menschen gegenüber radikal zur verändern abhängig davon, ob zu jenem Zeitpunkt er auf seiner Seite oder gegen ihn stand. Es gab keine Unberechenbarkeit in diesen Verbindungen. Der Grund, warum man oft in Lenins Schriften überraschende Gegensätze in seinen Bemerkungen über Menschen findet, besteht darin, daß seine Grundregel hieß, daß die Notwendigkeiten des Kampfes den Vorrang vor allem anderen hatten. Lenins immense Selbstbeherrschung, die es ihm ermöglichte, die Beiträge der Menschen, einschließlich seinen Gegnern, objektiv zu schätzen, sinne Großmut [Großzügigkeit] des Geistes und seine außerordentliche Wärme verdienten ihm nicht nur das Vertrauen, sondern auch die Liebe seiner Mitarbeiter.
Nach diesem Exkurs über Lenins Haltung zu seinen Genossen kehren wir jetzt zurück zu den folgen des 1903er Parteitags.
Einmal auf einem Spaziergang merkte Leo Tolstoi in der Ferne die Gestalt eines Mannes, der sich hockte und merkwürdige Gesten machte; ein Wahnsinniger, dachte er – aber als er sich näher zog, wurde er überzeugt, daß der Mann sich mit notwendiger Arbeit beschäftigte – er wetzte einen Messer auf einem Stein. Lenin zitierte gern dieses Beispiel. Die unaufhörlichen Diskussionen und die fraktionellen Streitereien beim 1903er Parteitag schienen einem Außenbeobachter wie die Aktivitäten von Wahnsinnigen.
Es wäre schwierig ein Ereignis zu finden, das so lächerlich und bedeutungslos schiene als diese Spaltung zwischen den Bolschewiki und den Menschewiki. Wenn man das Protokoll des Parteitags liest, muß man erstaunt werden, daß gerade dieser ein Wendepunkt in der Geschichte der russischen Arbeiterbewegung war. Auch die Teilnehmer glaubten nicht, daß die Spaltung von großer Bedeutung sei, noch daß sie lange dauern würde. So schrieb Lunatscharski später:
Die größte Schwierigkeit bei diesem Kampf bestand darin, daß der zweite Parteitag, nachdem er die Partei gespaltet hatte, immer noch nicht die wirklich tiefliegenden Differenzen zwischen den Martowisten einerseits und den Leninisten andererseits ergründet hatte. Diese Differenzen wandten sich anscheinend um den einen Paragraphen des Parteistatuts und um das Personal der Redaktion. Viele waren über die Bedeutungslosigkeit des Grundes, der zur Spaltung geführt hatte, verlegen. [45]
Pjatnitski, später ein prominenter Funktionär der Komintern, aber zu jenem Zeitpunkt ein junger Arbeiter, schrieb in seinen Erinnerungen:
Ich konnte nicht verstehen, warum geringfügige Differenzen, uns von der Zusammenarbeit abhielt ... Gerüchte über Differenzen in der Iskra-Gruppe selbst erreichten uns.
Ich konnte diese Gerüchte kaum glauben. Wir hatten erwartet, über wichtige Differenzen mit der Gruppe Rabotscheje Delo und ihren Anhängern zu hören; aber ich hatte persönlich keine Uneinigkeit innerhalb der Iskra-Gruppe ertwartet, die ich immer als homogene Körperschaft betrachtet hatte. Die Qualen der Unsicherheit dauerten viele Tage. Schließlich kehrten die Delegierten von Parteitag zurück nach Berlin. Wir hörten berichte über den Parteitag von beiden Seiten, und sofort fing jede Seite für ihre Linie zu agitieren. Ich war zwischen den beiden hin- und hergerissen. Einerseits tat es mir sehr leid, daß sie Sassulitsch, Potressow ... und Axelrod gekränkt hatten, indem sie sie aus der Redaktion der Iskra ausgeschlossen hatten ... Außerdem waren Genossen, denen ich schr nah stand, ... im menschewistischen Lager, während ich die vom Genossen Lenin befürwortete organisatorische Struktur der Partei völlig unterstützte. Logisch war ich mit der Mehrheit, aber meine persönlichen Sympathien, wenn ich mich so ausdrücken darf, waren mit der Minderheit. [46]
Der Ingenieur Krshishanowski, der in jenen Jahren sehr nah an Lenin war, erinnert sich: „Mir persönlich schien der Gedanke des Opportunismus des Genossen Martow besonders weit hergeholt.“ [47] Es gibt jede Menge solcher Aussagen. aus Petersburg, aus Moskau, aus den Provinzen kamen Proteste und Beschwerden. Niemand wollte die Spaltung, die beim Parteitag unter den Iskristen stattgefunden hatte, wahrhaben. [48]
Ein Fabrikarbeiter schrieb an Lenin und beschwerte sich über die Spaltung und den „sinnlosen (check) Fraktionskampf“:
Nun sagen Sie mir, Genosse! Ist es normal, daß man alle Kraft aufwendet, um die Komitees zu bereisen, nur damit man über die Mehrheit und die Minderheit sprechen kann? Ich weiß nicht recht. Ist diese Frage wirklich so wichtig, daß man ihr alle Kräfte opfern und einander ihretwegen fast als Feind betrachten muß? Das faktische Ergebnis ist, daß in ein Komitee, dessen Mitglieder, nehmen wir an, dem einen Lager angehören, niemand mehr hineinkommen kann, der dem anderen Lager angehört, mag er noch so brauchbar für die Arbeit sein; ja noch schlimmer, er kommt selbst dann nicht hinein, wenn er für die Arbeit unentbehrlich ist, wenn sie stark unter seiner Abwesenheit leidet. Damit will ich natürlich nicht sagen, daß der Kampf um diese Frage ganz aufgegeben werden soll: durchaus nicht, nur müßte er meines Erachtens einen andern Charakter tragen, und wir dürften um seinetwillen nicht unsere Hauptaufgabe vergessen, nämlich die Propaganda der sozialdemokratischen Ideen unter den Massen, denn vergessen wir das, so schwächen wir damit unsere Partei. Ich weiß nicht, ob es von mir respektlos ist, aber wenn ich mit ansehen muß, wie die Interessen der Sache in den Schmutz getreten und vollkommen vergessen werden, so kenne ich sie alle politische Intriganten. Es tut einem weh, und man fürchtet für die Sache selbst, wenn man sieht, daß die Leute, die an ihrer Spitze stehen, mit etwas ganz anderm beschäftigt sind. Betrachtet man das, denkt man: Ist unsere Partei wirklich zu ewigen Spaltungen wegen solchen Kleinigkeiten verurteilt, sind wir wirklich unfähig, den Kampf gleichzeitig nach innen und nach außen zu führen? [49]
Persönliche Stänkerei und Verunglimpfung verschärften die Spaltung. Jahre später konnte Lenin schreiben:
Nirgendwo in der Welt ist es auch nur bei einem einzigen prinzipiellen Kampf zwischen den Gruppen innerhalb der sozialdemokratischen Bewegung ohne vielerlei persönliche und organisatorische Konflikte abgegangen. Speziell die „konfliktbedingten“ Ausdrücke herauszufischen ist Sache von Schmutzfinken. Sich durch diese Konflikte verwirren lassen, sich von ihnen entmutigt oder verachtungsvoll abwenden – dort ist doch alles Krakeel! – können nervenschwache Dilettanten aus dem Kreis der „Sympathisierenden“. [50]
Zu jenem Zeitpunkt, 1903, fügte die persönliche Feindseligkeit zwischen den Gegnern zur Verwirrung hinzu.
Daß Lenin selbst überhaupt nicht über die Tiefe der Spaltung und ihre künftige Bedeutung klar war, ist aus seiner Schriften jener Zeit deutlich. Seine Unsicherheit zeigt sich zum teil durch die Tatsache, daß der Teil seiner Werke, der diese Periode deckt, eine beispiellose Anzahl von ungeschickten Briefen, unverkündeten Erklärungen und entworfenen, aber nicht veröffentlichten Artikeln enthält. Diejenigen, die ans Tageslicht kamen, zeigen, daß er nicht erwartete, daß die Spaltung mit den Menschewiki lange dauern würde, und daß er es nicht für gerechtfertigt hielt, die Partei über „geringfügigen“ Fragen aufzulösen. so schrieb er in einem Brief an A.N. Potressow (13. September):
Und nun frage ich mich: Weswegen sollen wir uns eigentlich für das ganze Leben als Feinde trennen? Ich gehen in den Gedanken alle Ereignisse und eindrücke des Parteitags durch, ich gebe zu, daß ich oft in fürchterlicher Gereiztheit, in „Wut“ aufgetreten und vorgegangen bin, ich will gern jedem gegenüber diese meine Schuld bekennen, wenn man als Schuld bezeichnen kann, was durch die Atmosphäre, als Reaktion, durch die Repliken, den Kampf etc. natürlicherweise hervorgerufen wurde. Aber betrachte ich jetzt ohne jede Wut die erreichten Resultate, das in wütendem Kampf Durchgesetzte, so kann ich in den Ergebnissen nichts, absolut nichts Schädliches für die Partei und absolut nichts Kränkendes oder Beleidigendes für die Minderheit erblicken. [51]
Sechs Monate nach dem Parteitag konnte er schreiben: „Die Meinungsverschiedenheiten, die diese beiden Flügel gegenwärtig voneinander trennen, laufen hauptsächlich nicht auf programmatische und nicht auf taktische, sondern nur auf organisatorische Fragen hinaus“ [52]; „die organisatorischen Fragen ... sind selbstverständlich ... weniger grundlegend als die Fragen des Programms und der Taktik ...“ [53] „Früher schieden wir uns in großen Fragen, die manchmal sogar eine Spaltung rechtfertigen konnten, jetzt sind wir schon über alles Große und Wichtige einig, jetzt trennen uns nur noch Schattierungen, um die man streiten kann und muß, in denen sich zu scheiden aber unsinnig und kindisch wäre ...“ [54] „Um ... würdige Vertreter des klassenbewußten kämpfenden Proletariats, würdige Teilnehmer der internationalen Arbeiterbewegung zu sein, müssen die Mitglieder unserer Partei aus allen Kräften danach streben, daß keine persönlichen Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der von unserem Programm anerkannten Prinzipien und über die Methoden ihrer Durchführung die einmütige Zusammenarbeit unter der Leitung unserer zentralen Körperschaften stören noch jemals stören können.“ [55]
Lenin schwankte monatelang. Trotz dem von den Kultaufbauer propagierten Mythos war er nicht allwissend und konnte nicht die Ergebnisse des „kleinen Risses“ in der Partei vorhersehen. Seine Unentschlossenheit wirkte schlecht auf seine Nerven aus. Am Vorabend des zweiten Parteitags, erinnert sich Krupskaja: „Wladimir Iljitsch war so überreizt, daß er an einem schweren Nervenleiden erkrankte, dem ‚heiligen Feuer‘, einer Entzündung der Nervenendigungen an Brust und Rücken. ... Auf der Reise nach Genf delirierte Wladimir Iljitsch, und nach unserer Ankunft mußte er hinlegen und volle zwei Wochen das Bett hüten.“ [56] Während des Parteitags war er so überreizt, daß er aufhörte, überhaupt zu schlafen, und äußerst unruhig war. [57]
Eigentlich ging Lenin nach jedem Parteitag weg, normalerweise mit Krußskaja, auf einer langen Wanderung bzw. Radtour. Seine Selbstdisziplin war so groß, daß es wenige Zeichen der großen Wogen der Gefühle, die ihn erschütterten, gab. Trotzdem gibt es in Krupskajas Erinnerungen ständige Hinweise auf Wochen und Monaten der nervösen Erschöpfung.
Wenn er seine Gleichmut erhalten und weitermachen konnte, wobei er seine intellektuelle Ehrlichkeit behielt und minimal von persönlichen Störungen von seinen Nerven und Spannung beeinflußt wurde, war es hauptsächlich auf seine Lebensgefährte Krupskaja zurückzuführen, deren außergewöhnliche Persönlichkeit, Widmung zur Sache, Energie und Reinheit des Charakters und unverbrüchliche Liebe ihn aufrechterhielt.
Jetzt kehren wir zu den Ereignissen nach dem 1903er Parteitag – erst sechs Monate später kam Lenin endgültig zum Schluß, daß die Spaltung gerechtfertigt und notwendig war. Er hörte Au zu verzögern und trat entschlossen mit dem Argument hervor, daß die Spaltung eine Widerspiegelung der Unterschiede zwischen dem proletarischen Flügel der Partei und dem kleinbürgerlich-intellektuellen Flügel sei.
In seinem 230seitigen Rückschau auf den 1903er Parteitag und seine Folgen, unter dem Titel Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück (geschrieben Februar-Mai 1904) veröffentlicht, sagt er: „Dem Intellektuellen-Individualismus, der schon in den Debatten über §1 heutzutage getreten ist und seine Neigung zum opportunistischen Denken und zur anarchistischen Phrase offenbart hat, erscheint jede proletarische Organisation und Disziplin als Leibeigenschaft.“ [58]
Er zitiert einen Brief an Iskra (jetzt eine menschewistische Zeitung), der ihn anprangerte, da er sich die Partei als „eine ungeheure Fabrik“ vorstelle, die von einem Direktor im Gestalt des Zentralkomitees geleitet werde. Lenin Bemerkung lautet, der Schreiber
ahnt nicht, daß das von ihm gebrauchte furchtbare Wort sofort die Mentalität des bürgerlichen Intellektuellen verrät, der weder die Praxis noch die Theorie der proletarischen Organisation kennt. Gerade die Fabrik, die so manchem nur als Schreckengespenst erscheint, ist die höchste Form der kapitalistischen Kooperation, die das Proletariat vereinigte und disziplinierte, die es lehrte, sich zu organisieren, und es an die Spitze aller übrigen Schichten der werktätigen und ausgebeuteten Bevölkerung stellte. Gerade der Marxismus als Ideologie des durch den Kapitalismus geschulten Proletariats belehrte und belehrt die wankelmütigen Intellektuellen über den Unterschied zwischen der ausbeuterischen Seite der Fabrik (der auf der Furcht vor dem Hungertod beruhenden Disziplin) und ihrer organisierenden Seite )der auf der gemeinsamen, durch die Bedingungen der technisch hochentwickelten Produktion vereinigten Arbeit beruhenden Disziplin). Disziplin und Organisation, die der bürgerlichen Intellektuelle so schwer begreift, eignet sich das Proletariat dank der „Schule“, die es in der Fabrik durchmacht, besonders leicht an. [59]
Wenn er die Intelligenz angreift und die Notwendigkeit der revolutionären Partei betont, um sie zu disziplinieren, zitiert Lenin ausführlich Kautskys geniale Charakterisierung von intellektuellen Individualisten:
... der Literat ist ja kein Kapitalist. Er hat wohl ein bürgerliche Lebenshaltung und muß sie aufrecht halten können, soll er nicht verlumpen, aber er ist auf den Verkauf seines Arbeitsproduktes, oft seiner Arbeitskraft angewiesen und wird vielfach selbst von Kapitalisten ausgebeutet und degradiert. Der Literat steht also in keinem ökonomischen Gegensatz zum Proletariat. Aber seien Lebenslage und seine Arbeitsbedingungen sind keine proletarischen und daraus erwächst ein Gegensatz im empfinden und Denken.
Der Proletarier ist nichts als isoliertes Individuum. Seine ganze Kraft, sein ganzes Fortschreiten, alle seine Erwartungen und Hoffnungen schöpft er aus der Organisation, aus dem planmäßigen Zusammenwirken mit seinen Genossen. Er fühlt sich groß und stark, wenn er den Teil eines großen und starken Organismus bildet. Dieser ist ihm die Hauptsache, das Individuum gilt demgegenüber sehr wenig. Er kämpft mit vollster Hingebung als Stück der anonymen Masse, ohne Aussicht auf persönlichen Gewinn oder persönlichen Ruhm, erfüllt seine Pflicht auf jedem Posten, auf den er gestellt wird, in freiwilliger Disziplin, die sein ganzes Fühlen und Denken erfüllt.
Ganz anders der Literat. Er kämpft nicht mit Machtmitteln, sondern mit Argumenten. Seine Waffen sind sein persönliches Wissen, sein persönliches Können, seine persönliche Überzeugung. Er kann nur zur Geltung kommen durch seine Persönlichkeit. Vollste Freiheit für sie erscheint ihm als die erste Bedingung gedeihlichen Wirkens. Nur schwer fügt er sich einem Ganzen als dienendes Glied ein, nur der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe. Die Notwendigkeit der Disziplin erkennt er nur für die Masse, nicht für auserlesene Geister an. Und zu diesen rechnet er sich natürlich auch ...
Nietzsches Philosophie mit ihrem Kultus der Über- oder Herrenmenschen, dem das Ausleben der eigenen Persönlichkeit alles ist und jede Unterordnung der Person unter einen großen gesellschaftlichen Zweck ebenso abgeschmackt wie erbärmlich erscheint, diese Philosophie ist die richtige Lebensanschauung des Literaten, sie macht aber völlig untauglich zur Einreihung in den Klassenkampf des Proletariats.
Neben Nietzsche der bedeutendste Vertreter einer auf das Empfinden des Literatentums aufgebauten Lebensanschauung ist wohl Ibsen, dessen Dr. Stockmann im Volksfeind nicht ein Sozialist ist, wie mancher geglaubt hat, sondern der Typus des Literaten, der in Konflikt geraten muß mit der proletarischen Bewegung, überhaupt mit einer Volksbewegung, sobald er versucht, in ihr zu wirken. Denn die Grundlage der proletarischen, wie jeder demokratischen Bewegung, ist die Achtung vor der Majorität der Genossen. Der typische Literat à la Stockmann sieht in der „kompakten Majorität“ ein Ungeheuer, das niederzuwerfen ist. [60]
Lenin schlußfolgerte, daß die Position, die Martow und seine Anhänger nahmen, Kapitulation vor dem Individualismus der Intellektuellen widerspiegelte.
Es ist interessant, Lenins Argumente in Was tun? mit denen in Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück zu vergleichen. Im ersteren Werk war das Ziel der Kritik der lokale Aktivist, dessen Horizont das enge des Kreises sei. Daher die Vorstellung, daß das Proletariat rein „spontan zum trade-unionistischen Bewußtsein gezogen“ (check) werde und daß die marxistische Intelligenz eine zentrale Rolle dabei zu spielen habe, den Arbeitern Klassen- und politisches Bewußtsein von außen zu bringen. Jetzt, zwei Jahre später, in Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück müßten die proletarischen Elemente in der Partei Disziplin auf die Intelligenz zwingen. Zeiten ändern sich, die Bedürfnisse der Bewegung ändern sich und Lenin spannt den Bogen sehr, um den notwendigen Kurs zu steuern.
Die 1903er Spaltung war ein Vorgeschmack späterer Entwicklungen. die politischen Unterschiede zwischen Lenin und Martow, wenn man sie statisch, d.h. mechanisch, betrachtet, waren zu klein, um eine Spaltung zu rechtfertigen. Aber wenn man sie vom Standpunkt ihrer Entwicklung, d.h. dialektisch, ansieht, ist es klar, daß kleine Unterschiede zu großen werden können. In der vereinigten Partei sind kleinbürgerliche Kreise nicht von Arbeiterkreisen völlig isoliert; eine Fraktion neigt dazu, um sich eine nichtproletarische soziale Gruppe zu sammeln und zu ihrem Sprachrohr zu werden, während die andere zunehmend antagonistisch gegenüber diesen kleinbürgerlichen Elementen wird. Aber 1903 waren die Unterschiede ausschließlich im organisatorischen Bereich und politische und programmatische Unterschiede hatten sich noch nicht gezeigt. Aus diesem Grund betrachtete Lenin am Anfang die Spaltung als nicht gerechtfertigt. Gerade die Existenz von getrennten Organisationen kann zu politischen unterschieden führen, als die Politik sich in ihnen entwickelt, und das persönliche Element kann eine bedeutende Rolle bei der Gestaltung der Politik in jeder Gruppe spielen.
Es stimmt, daß 1903 die beiden Fraktionen in ihrer Zusammensetzung nicht chemisch rein waren. Auf der Seite der Bolschewiki stand Plechanow, der später ein extremer rechter Menschewik wurde, und auf der Seite der Menschewiki standen Trotzki und Rosa Luxemburg. Aber der Charakter der Fraktionen wurden grundsätzlich von den beiden Führern bestimmt, die sich am meisten in ihren Merkmalen voneinander unterschieden, Lenin und Martow. Die Tatsache, daß die Bolschewiki von Anfang an die „Harten“ genannt wurden und die Menschewiki die „Weichen“, war eine psychologische Charakterisierung, die im ganzen und großen der Führung der beiden Flügel der Bewegung paßte. Alle sprachen von Lenins Härte und man sprach nicht minder von Martows Weichheit. Viele Jahre nach dem 1903er Parteitag nannte Trotzki Martow „einen Hamlet des demokratischen Sozialismus“: „Sein Gedanke [wurde] nicht unterstützt von der Triebfeder des Willens.“ [61]
Ein Ausdruck der Unterschiede der psychologischen Merkmale zwischen Lenin und Martow läßt sich gerade in der Wahl der Namen „Bolschewiki“ und „Menschewiki“. Lenin hielt fest den Titel „Bolschewik“ fest, während Martow das Etikett „Menschewik“ demütig den Rest seines Lebens trug. Auch als Martow eine Mehrheit hatte, nannte er sich „Menschewik“!
Eine der Broschüren, die Martow gegen Lenin nach dem zweiten Parteitag schrieb, hatte den Titel „Noch einmal in der Minderheit!“ Wäre Lenin über allen jeder Frage beim Parteitag in einer Minderheit gewesen, wie es der Fall mit dem Paragraphen 1 des Statuts war, hätte er seine Gruße „Menschewiki“ genannt? Natürlich nicht. Er hätte sie wahrscheinlich die „Harten“, die „orthodoxen Marxisten“ die „revolutionären Sozialdemokraten“ oder ähnliches genannt. Die Namen die Martow und Lenin wählten, waren symptomatisch: Fatalismus und Unterwürfigkeit gegen Willenskraft und Aktion. Hier wurden die historischen und die persönlichen Faktoren ineinander verstrickt.
Sicherlich konnte man 1903 Martow nicht politisch als Reformist bezeichnen. Er zeigte Zeichen des Zentrismus, der ein allgemeiner Begriff ist für sehr verschiedene Tendenzen und Gruppierungen, die vom Reformismus zum Marxismus reichen. Eine der Hauptmerkmale der Zentristen ist die Weise, wie sie die Notwendigkeit eine deutlichen Trennung zwischen der Avantgarde der Klasse und der Masse , der Initiative der Minderheit und der Routine der Mehrheit verdunkelt. Der Hauptnachteil des Zentrismus ist sein historischer Fatalismus. Weil er vom Wesen her so unbestimmt ist, weil es ihm so sehr klare scharfe Bezeichnung seines Wesens fehlt, weil er zwischen dem Marxismus und dem Reformismus schwankt, bewegen sich nicht alle zentristischen Gruppierungen in dieselbe Richtung. Einige bewegen sich nach links zum Marxismus und einige nach rechts zum Reformismus. Außerdem, da es ihnen an Konsequenz fehlt, bewegen sich Zentristen manchmal nach links und dann später schwenken sie auf eine Rechtskurs um. Im Prozeß findet eine Unterscheidung innerhalb der Gruppierung selbst statt und daraus entstehen Spaltungen: einigen Teile bewegen sich völlig zum Reformismus, während andere treten dem revolutionären Flügel der Arbeiterbewegung bei.
Im zaristischen Rußland wurden die Unterscheidung zwischen konsequenten Revolutionären, Zentristen und Reformisten vom autokratischen Regime selbst verhindert. In Westeuropa beschrieben sich die mäßigsten Elemente der Arbeiterbewegung unverhohlen als Reformisten. Aber unter dem zaristischen Regime konnten auch die mäßigsten Sozialisten sich zu einer Partei der Reform nicht bilden. Der, während andere treten dem revolutionären Flügel der Arbeiterbewegung bei.
Im zaristischen Rußland wurden die Unterscheidung zwischen konsequenten Revolutionären, Zentristen und Reformisten vom autokratischen Regime selbst verhindert. In Westeuropa beschrieben sich die mäßigsten Elemente der Arbeiterbewegung unverhohlen als Reformisten. Aber unter dem zaristischen Regime konnten auch die mäßigsten Sozialisten sich zu einer Partei der Reform nicht bilden. Der „parlamentarische Weg zum Sozialismus“ konnte niemanden in einem Land anziehen, wo es kein Parlament gab. Mindestens ein Halbparlament war nötig – die zaristische Duma von späteren Jahren –, bevor ein parlamentarischer Kretinismus seinen Kopf erheben konnte. Niemand in der russischen sozialistischen Bewegung rollte offen die Fahne des Reformismus auf.
Die bolschewistische und die menschewistische Fraktion der russischen Sozialdemokratie steuerten sich auf eine tiefe Spaltung zu, die wirklich politisch Ausdruck den latent vorhandenen Tendenzen der beiden Fraktionen verleihen und die die Möglichkeit einer Versöhnung ausschließen sollte. Dieses Ergebnis wurde überhaupt nicht von einem der Teilnehmer an den Streiten jener Tage vorhergesehen.
Es bedurfte des Jahrs der 1905er Revolution und der Periode der Reaktion 1907–10, bevor der Menschewismus völlig gestaltet wurde. Weil der Menschewismus des Jahres 1903 zum großen teil Zentrismus war, war die Haltung der Bolschewiki, einschließlich Lenin, zur Spaltung sehr unklar und instabil. Eine weitere Folge war, daß der Prozeß der vollständigen Trennung zwischen dem Bolschewismus und dem Menschewismus mehrere Jahre dauerte. Um die Entwicklung vorwegzunehmen, lief die Geschichte ihres Verhältnisses folgendermaßen:
Juli-August 1903 |
|
offizielle Spaltung |
Frühjahr 1905 |
|
wirkliche Spaltung |
1906-07 |
|
Halbeinheit |
1908-09 |
|
Spaltung |
1910 |
|
Halbeinheit |
Januar 1912 |
|
endgültige Spaltung. |
Kurz nach dem Parteitag änderte Plechanow, der Lenin da unterstützt hatte, seine Meinung. Er kündigte an, er könne es nicht ertragen, „auf seine Genossen zum schießen“, „vielmehr als eine Spaltung zu haben, ist es besser, eine Kugel ins Gehirn einzuschießen“. Er entschied, Martow, Axelrod, Sassulitsch und Potressow einzuladen, der Redaktion der Iskra beizutreten. Lenin trat entsetzt zurück.
Lenins sofortige Reaktion bestand darin, für die Einberufung eines neuen Parteitags zu organisieren. Daher schrieb er am 10. Dezember 1903 an einen seiner engsten Freunde, G.M. Krshishanowski:
Es gibt nur eine Rettung – den Parteitag. Seine Losung: Kampf gegen die Desorganisatoren. Nur mit dieser Losung kann man die Martowleute überführen, die breiten Massen gewinnen und die Lage retten. Meiner Meinung nach besteht der einzig mögliche Plan in folgendem: über den Parteitag vorläufig kein Wort, vollständige Geheimhaltung. Alle Kräfte, aber auch alle, Ion die Komitees schicken und zu Instruktionsfahrten einsetzen. Kaff für einen Frieden, für die Beendigung der Desorganisation und für die Unterordnung unter das Zentralkomitee. Mit aller Kraft die Komitees durch unsere Leute stärken. Die Martowleute und die Leute vom Jushny Rabotschi mit allen Mitteln der Desorganisation überführen, mit Dokumenten, Resolutionen gegen die Desorganisatoren; die Resolutionen der Komitees müssen beim Zentralorgan nur so angeflogen kommen. Dann müssen wir in die schwankenden Komitees Leute hineinbringen. Die Komitees erobern mit der Losung: Kampf der Desorganisation – das ist die Hauptaufgabe: Der Parteitag muß spätestens im Januar stattfinden, deshalb geht mit aller Energie daran ...
Ich wiederhole: entweder völlige Niederlage ... oder sofortige Vorbereitung des Parteitags Vorbereitet werden muß er vorerst insgeheim innerhalb von maximum einem Monat, danach innerhalb von drei Wochen die Forderungen der Hälfte des Komitees einholen und den Parteitag einberufen. Noch einmal: das ist die einzige Rettung. [62]
Es dauerte jedoch 18 Monate, bis Lenin Mai 1905 den Parteitag einberufen und dadurch die Spaltung mit den Menschewiki besiegeln lassen konnte.
Zuerst begegnete er Widerstand zur Idee eines neuen Parteitags vom Zentralkomitee. Obwohl seine Mitglieder alle Bolschewiki waren, waren sie über die Spaltung immer mehr verärgert und suchten nach einem Kompromiß mit den Menschewiki:
kurz nach dem Januar-Plenum drückten fünf der sechs Mitglieder des Zentralkomitees, die damals in Rußland waren, ihre Mißbilligung über Lenins Forderung eines neuen Parteitags aus. Sie lehnten auch seinen Vorschlag ab, daß sie zwei weitere Mitglieder kooptieren sollten – die Beweggründe hinter dem Vorschlag waren allzu durchsichtig. Ihr Brief endete: „Wir alle flehen den Alten (Lenin) an, seinen Streit aufzugeben und die Arbeit anzufangen. Wir warten auf Flugblätter, Broschüren und alle Art Rat – die beste Weiße, die Nerven zu beruhigen und die Verleumdung zu beantworten.“
Aber gerade diesen Kurs wollte Lenin nicht einnehmen. „Ich bin keine Maschine“, antwortete er, „und kann nicht unter den gegenwärtigen skandalösen Umständen arbeiten.“ [63]
Nach Monaten der erbitterten Korrespondenz mit seinen Mitgliedern wurde er bis zum Sommer 1904 praktisch aus dem Zentralkomitee vertrieben, obwohl formell immer noch ein Mitglied. Juli 1904 machte das Zentralkomitee einen Schritt zu einem Kompromiß mit den Menschewiki: in einer in der Iskra veröffentlichten Ankündigung erkannte es die Autorität der Redaktion der Zeitung (die aus fünf Menschewiki einschließlich Plechanow bestand), rief Lenin dazu auf, der Redaktion wieder beizutreten, und prangerte seine Agitation für einen neuen dritten Parteitag, um mit den Menschewiki abzurechnen, an.
Lenin hatte ohne das Wissen des ZK eine Körperschaft unter dem Namen des Südbüros des ZK gegründet unter der Führung von W.W. Worowski, der nicht ein Mitglied des Zentralkomitees war. Es hatte keinen offiziellen Status, diente aber Lenin als Mittel für die Einberufung eines neuen Parteitags. Das ZK löste das Südbüro auf und entzog Lenin die Befugnisse des Vertreters des Zentralkomitees im ausland, wobei es die Veröffentlichung seiner Schriften ohne ihre Bewilligung verbot. [64] An Stelle von Lenin ernannte es Noskow, einen Versöhnler, als seinen offiziellen Vertreter im Ausland
Aber Lenin sah nicht untätig zu, während dies alle passierte. Mit der Hilfe von Krupskaja in Genf und einer Gruppe von Anhängern, die innerhalb Rußlands arbeiteten, baute er hinein völlig neuen Satz von zentralisierten Komitees, ohne Rücksicht auf den Paragraphen 6 des Parteistatuts, der dem Zentralkomitee das Recht vorenthielt, Komitees zu organisieren und anzuerkennen. Drei Konferenzen von bolschewistischen Ortskomitees wurden September–Dezember 1904 durchgeführt: (1) die Südliche (die Komitees aus Odessa, Jekaterinoslaw und Nikolajew); (2) die Kaukasische (die Komitees aus Baku, Batum, Tiflis und Imeretien-Mingrelien); und (3) die Nördliche (die Komitees aus St. Petersburg, Moskau, Twer, Riga, Norther (?) und Nishni-Nowgorod). Auf Lenins Vorschlag wählten die Konferenzen ein Büro der Komitees der Mehrheit, um den dritten Parteitag vorzubereiten und einzuberufen. Das Büro, vom Lenin ein Mitglied wurde, wurde formell Dezember 1904 gebildet. [65]
Der Aufruf zu einem neuen Parteitag wurde zum ersten Mal von 22 Bolschewiki bei einer Konferenz angenommen, die September 1904 in der Schweiz und an der sich 19 Menschen beteiligten mit drei Weiteren, die sich der Entscheidung anschlossen. Unter den 19 waren Lenin, seine Frau und seine Schwester.
Dezember 1904 gründete Lenin erfolgreich seine eigene Zeitung, Wperjod (Vorwärts), die zum Organ des Bolschewismus wurde. Auch danach gingen jedoch die Sachen nicht so gut. Daher schrieb Lenin am 11. Februar 1905 an zwei enge Anhänger, A.A. Bogdanow und S.I. Gussew:
Die Bundisten schwätzen nicht lang und breit von Zentralismus, aber bei ihnen schreibt jeder einmal wöchentlich an die Zentralstelle, und dioe Verbindung existiert tatsächlich. Man braucht nur ihre poslednije Iswestija in die Hand zu nehmen, um diese Verbindung zu sehen. Bei uns jedoch erscheint die sechste Nummer des Wperjod, von einem Redaktionsmitglied (Rachmetow) ist keine Zeile da, weder über den Wperjod noch für den Wperjod. Bei uns „redet“ man von umfangreichen literasrischen Verbindungen sowohl in Petersburg als auch in Moskau, von den jungen Kräften der Mehrheit, während wir hier, zwei Monate nach der Aufforderung zur Mitarbeit ..., nichts zu höären und nichts zu sehen bekommen ... Von fremden Leuten haben wir etwas über irgendein Bündnis des Petersburger Komitees der Mehrheit mit einer Gruppe menschewiki „gehört“ – und kein Wort von unseren eigenen Leuten. Wir weigern uns zu gleuben, daß Bolschewiki einen derartigen selbstmörderischen und blödsinnigen Schritt machen können. Von Fremden haben wir etwas über eine Konferenz der Sozialdemokraten und über einen „Block“ „gehört, aber von unseren eigenen Leuten keinen Ton, obwohl es heißt dies sei ein fait accompli [E]. [66]
Widerstand gegen die Spaltung war auch unter der Basis weit verbreitet und es brauchte Monate der ungeheuren Anstrengung, um den Bruch zwischen den Bolschewiki und den Menschewiki in vielen Städten wirklich zu verwirklichen. In St. Petersburg spaltete die Partei im Herbst 1904, als die menschewistische Minderheit sich vom lokalen Komitee lostrennte: „Viele der Bezirkszellen waren auch 1904-05 von gemischter bolschewistisch-menschewistischen Zusammensetzung, und viele der Mitglieder an der Basis waren weder von der Spaltung noch von ihrer Bedeutung bewußt.“ [67]
In Moskau fand die formelle Spaltung erst Mai 1905 statt. In Sibirien und in anderen Orten arbeiteten die beiden Fraktionen innerhalb derselben organisatorischen Struktur während 1904 und 1905 und machten so weiter bis der Einigungskonferenz, die April-Mai 1906 stattfand.
Die berühmte illegale kaukasische Druckerei, worin Bolschewistische Sympathien vorherrschten, druckte 1904 die menschewistische Iskra sowie viele menschewistische Broschüren weiter nach. [2*] „Unsere Meinungsverschiedenheiten“, schreibt Jenukidse, „wurden nicht in unserer Arbeite widerspiegelt.“ Erst nach dem dritten Parteitag, d.h. nicht eher als Mitte 1905, ging die Druckerei in die Hände des bolschewistischen Zentralkomitees über. [68]
Mehrere Faktoren arbeiteten gegen die Spaltung der SDAPR. Erstens waren, wie gesagt, die Unterschiede zwischen den Bolschewiki und den Menschewiki überhaupt nicht deutlich. Zweitens Gang es ein allgemeines populäres Gefühl zugunsten der Einheit. Drittens waren alle wichtige Schriftsteller und Theoretiker außer Lenin unter den Menschewiki zu finden – Plechanow, Axelrod, Sassulitsch, Martow, Trotzki und Potressow. Wie wir später sehen werden, verlor Lenin während der Jahre der Reaktion (1906-10) auch die Mehrheit der hochqualifizierten Schriftsteller, die den Bolschewiki zu dieser Zeit beiträten – Bogdanow, Lunatscharski, Pokrowski, Roshkow und Gorki. Die Bolschewiki litten immer unter der Tatsache, daß sie viel weniger Intellektuelle und begabte Journalisten hatten als die Menschewiki. Die Kehrseite der Münze war, daß die Menschewiki zum Opfer der Illusion fielen, daß ihre Überlegenheit in der literarischen Fähigkeit ihren künftigen Einfluß in der Arbeiterbewegung gewährte.
Um Lenins Schwierigkeiten zu vergrößern, unterstützten alle Führer der sozialistischen Bewegung im Ausland Martow und die Menschewiki. Unter diesen waren Karl Kautsky, Rosa Luxemburg und August Bebel. Letzterer ging so weit, daß er sagte, daß das „ungeheure Skandal“ der Streitereien der russischen Partei bewiesen, daß das Verhalten der Bolschewiki sich „an einer skrupellosen und völligen Unfähigkeit“ Grenze, Führer der Bewegung zu sein. [69]
Am 15. August 1904 schrieb Lenin an die bolschewistische Führung in St. Petersburg:
Die Lage in Eurem Komitee, dem es an Kräften mangelt, dem es an Literatur fehlt und das überhaupt nicht informiert ist, ist die gleiche wie in ganz Rußland. Überall herrscht ein schrecklicher Mahnen an Menschen ..., völlige Isolierung, allgemeine Niedergeschlagenheit und Erbitterung, Stagnation der positiven Arbeit. Seit dem zweiten Parteitag wird die Partei in Stücke gerissen, und bisher ist in diesem Sinn sehr, sehr viel getan worden ... [70]
Am 22. Dezember schrieb er: „Daß unsere Partei ernsthaft krank ist und im letzten Jahr gut die Hälfte ihres Einflusses eingebüßt hat, weiß alle Welt.“ [71] Und am 11. März 1905: „Die Menschewiki sind heute stärker als wir, und ein entschiedener und langer Kampf muß ausgefochten werden.“ [72]
Die Bolschewiki unternahmen 1904 sehr wenig Aktivität in Petersburg. Während des Jahres gaben sie nur 11 Flugblätter aus, im Vergleich mit 55 in 1903. Zwischen Mai und November 1904 wurde nur ein Flugblatt ausgegeben, im Juli. [73]
Januar 1905 behaupteten die Bolschewiki, für die gesamte Stadt St. Petersburg 60 Agitatoren zu haben, von denen über die Hälfte „sehr jung“und vermutlich der revolutionären Politik neu war. Nichtsdestotrotz meinte Gussew, der Sekretär des St. Petersburger Komitees, eine riesige konspirative Organisation in der Stadt zu haben. Diese lokalen Führer waren anscheinend zum großen Teil Studenten. Im Bezirk Stadt waren die fünfzehn Agitatoren und zehn Propagandisten, die die Bolschewiki zu haben behaupteten, „ausschließlich Studenten“. [74]
Das war die Situation im Jahre 1904 – dem Jahr, in dem der Russisch-Japanische Krieg ausbrach, der unmittelbar zur Revolution führte.
Ein ähnlicher Rückgang , der sich sowohl auf die Bolschewiki als auf die Menschewiki auswirkte, fand in Moskau statt:
Die Sozialdemokraten in Moskau hatten nur wenige Zellen. Während des Sommers und des Herbsts 1904 schien die SDAPR in Moskau völlig geschlagen. Ihre Führer waren im Gefängnis und ihre Aktivitäten waren fast zum völligen Stillstand gebracht worden. Die Flugblätter des Komitees sind ein Zeichen der Aktivität: von 252 Flugblättern, die in Listowki Moskowskich bols’schewikow w perjod perwoj russkoj reboljutsij (M. 1955), wurden bloß 16 in 1904 gedruckt. [75]
Am 5. Januar 1905, bloß vier Tage vor dem Ausbruch der Revolution, schrieb Krupskaja aus Genf an das Petersburger Komitee der Bolschewiki:
Aber wo sind die Erklärungen, mit denen das Komitee die Stadt zu überschwemmen versprach? Wir bekommen die nicht. Noch irgendwelche berichte. Wir lernten von der ausländischen Presse, daß das Putilow-Werk im Ausstand war. Haben wir Verbindungen da? Wird es wirklich unmöglich sein, Information über den Streik zu bekommen? Nur sie muß schnell kommen. Machen sie jede Anstrengung, um zu organisieren, daß Arbeiter selbst Berichte schreiben. [76]
Als Newskij diesen Brief zitiert, fügt er hinzu: „Eine der größten proletarischen Bewegungen war in ihrer Anfängen, schon kämpfte ihre Speerspitze – die Putilow-Arbeiter – den Kapitalisten, aber die zentrale im Ausland lernte von diesen Zusammenstößen aus ausländischen Zeitungen, weil das bolschewistische Komitee in Petersburg sich völlig dem Kampf gegen die versöhnlerischen Menschewiki widmen mußte.“ [77] In einer späteren Passage, worin er nicht mehr den bösartigen Menschewiki die Schuld gibt, schreibt newskij über „die große Entfernung unserer Organisation von den breiten Massen und ihre Unwissenheit über das Leben und die Interessen der Massen“.
In Wirklichkeit war eine riesige Streikbewegung im Gange, irgendwelche unbekannte riesige Welle stieg auf, aber das bolschewistische Komitee lebte sein eigenes isoliertes Leben; da es ein für allemal die Gaponsche Bewegung als subatowistisch beurteilt hatte, konnte es nicht mehr spüren, daß der Streik beim Putilow-Werk kein gewöhnlicher Streik war, sondern eine Bewegung, die mit den engsten Verbindungen mit allen Gaponschen Ortsgruppen, mit der gesamten mächtigen Streikbewegung des gesamten Petersburger Proletariats gebunden. [78]
Ein Bericht des Petersburger Komitees an den Dritten Parteitag (April-Mai 1905) beschrieb die Situation in der Partei:
Die Januarereignisse erwischten das Petersburger Komitee in einem äußerst traurigen Zustand. Seine Verbindungen mit den arbeitenden Massen waren von den Menschewiki völlig durcheinandergebracht. Wir konnten sie mit großer Anstrengung nur im Bezirk Stadt (dieser Bezirk hat immer am bolschewistischen Standpunkt festgehalten), am Wasiljew-Ostrow und im Bezirk Wiborg aufrechterhalten. Ende Dezember wurde die Druckmaschine des Petersburg Komitees entdeckt. Bis zu diesem Zeitpunkt bestand das Petersburger Komitee aus einem Sekretär (durch ihn kommunizierte das Komitee mit dem Chef der Presse und mit der Finanzkommission), einem Hauptschreiber und Redakteur (otweztwennji literator), einem Hauptorganisator, einem Agitator (er war auch der Studentenorganisator) und vier Organisatoren. Es befand keinen einzigen Arbeiter unter den Mitgliedern des Komitees. Der Streik beim Putilow-Werk erwischte das Komitee unvorbereitet. [79]
Die Menschewiki gingen auch durch eine schwere Zeit. Der Fraktionskampf beschädigte seid beiden Flügel der SDAPR. Jahre später schrieb Martow:
Riesige erneuert Anstrengungen durch die sozialdemokratischen Kräfte wurden benötigt, um den Aufschwung der Arbeiterbewegung voll auszunutzen und ihn auf den richtigen Weg zu lenken. Der interne Kampf in der Partei verhinderte diese Möglichkeit. Die gesamte Kraft der Partei wurde in diesem Kampf aufgezehrt und im Winter 1903–04 kamen die Aktivitäten der Partei zum Stillstand. [80]
In einem Bezirk von Petersburg ging die Anzahl der menschewistischen Kreise von 15 oder 20 Anfang 1904 auf 4 oder fünf bis Dezember zurück. [81]
Während 1904 und lange in die Jahre der Revolution beschwerte sich Lenin wiederholt in Briefen an seine engsten Anhänger in Rußland über den Mangel an zentraler Führung im Land selbst und über die Schwäche der Kommunikation mit der Führung im Ausland.
In einem Brief vom 11. Februar 1905 an A.A. Bogdanow und S.I. Gussew schrieb er:
O je, wir reden von Organisation, von Zentralismus, aber in Wirklichkeit herrscht selbst im allerengsten Kreis der Genossen um die Zentralstelle eine solche Zerfahrenheit, eine solche Handwerklerei, daß einem übel wird. [82]
Die Menschewiki haben mehr Geld, mehr Literatur, mehr Transportmöglichkeiten, mehr Agenten, mehr „Namen“, mehr Mitarbeiter. Es wäre ein unverzeihliche Kinderei, das nicht zu sehen. [83]
In einem Brief vom 29. Januar 1905 an den Sekretär des Büros des Mehrheitskomitees schrieb er: „Ich habe eine große Bitte an Sie: Schimpfen sie bitte einmal ordentlich mit Rachmetow, aber richtig.“ Er hätte
in 30 Tagen [nur] 2 [Briefe geschickt]. Was sagen Sie dazu? Er schweigt sich einfach aus. keine Zeile für den Wperjod. Kein Wort über die laufenden Angelegenheiten, über Vorhaben und Verbindungen. Das ist ganz unmöglich, unglaublich, unerhört. Dieser Tage kommt Nummer 4 des Wperjod heraus, gleich danach (einige Tage später) Nummer 5, und vom Rachmetow keinerlei Unterstützung. Heute sind aus Petersburg Briefe vom 10. gekommen, überaus kurze. Auch für gute und ausführliche Korrespondenz über den 9. Januar hat niemand gesorgt! [84]
In einem Brief ans Zentralkomitee der SDAPR mit dem Datum 11. Juli 1905 sagt Lenin: „Das Zentralkomitee tritt nicht in Erscheinung, niemand fühlt es, niemand bemerkt es – das ist die allgemeine Meinung. Und die Tatsachen bestätigen das. Von einer politischen Anleitung durch das Zentralkomitee ist nichts zu sehen. Und dabei arbeiten alle Mitglieder des Zentralkomitees bis zur Erschöpfung! Woran liegt es also?“ Und er fährt fort und erklärt:
Eine der Hauptursachen dieser Erscheinung ist meines Erachtens das Fehlen von regelmäßig erscheinenden Flugschriften des Zentralkomitees. Während einer Revolution die Führung durch mündliche Unterredungen, durch persönliche Kontakte ausübern zu wollen, ist in höchstem Grade utopisch. Man muß die Führung öffentlich ausüben. Alle andern Formen der Arbeit müssen vollständig und bedingungslos dieser Form untergeordnet werden. Der verantwortliche Publizist des Zentralkomitees muß vor allem dafür Sorge tragen, daß zweimal wöchentlich eine Flugschrift über Parteifragen und politische Themen (die Liberalen, die Sozialrevolutionäre, die Minderheit, die Spaltung, die Semstwodelegation, die Gewerkschaften etc. etc.) von ihm geschrieben wird (oder von Mitarbeitern, aber der Redakteur muß immer bereit sein, selbst zu schreiben), daß sie auf irgendeine Weise vervielfältigt, (wenn keine Druckerei vorhanden ist) sofort in 50 Exemplaren hektographiert und in die Komitees zum Nachdruck versandt wird. Artikel aus dem Proletari wären vielleicht manchmal, nach einer gewissen Umarbeitung, für solche Flugschriften geeignet. Ich kann nicht begreifen, weshalb das nicht geschieht?? Haben denn Schmidt und Werner unsere Besprechungen darüber vergessen? Ist es denn wirklich nicht möglich, jede Woche wenigstens eine Flugschrift zu schreiben und zu versenden?? Der „Bericht“ über den III. Parteitag ist in Rußland bis jetzt noch nirgendwo abgedruckt worden. Das ist so empörend ... [85]
Offenbar haben die Mitglieder des Zentralkomitees für die Aufgabe der „öffentlichen Manifestation“ absolut kein Verständnis. aber ohne das gibt es keine Zentralstelle, gibt es keine Partei! Sie arbeiten bis zum Umfallen, aber sie arbeiten wie die Maulwürfe, auf Treffs, in Sitzungen, mit den Agenten usw. usf. Das ist geradezu ein Raubbau an den Kräften ... Man muß öffentlich in Erscheinung treten, immer wieder in Erscheinung treten und darf nicht länger stumm bleiben. Andernfalls sind auch wir hier vollständig abgeschnitten. [86]
Und unser Zentralkomitee ... leidet ... an einem Mangel an Zähigkeit, an Wendigkeit, an Feinfühligkeit und versteht es nicht jede Kleinigkeit im Parteikampf auszunutzen. [87]
Wiederum, in einem Brief an Lunatscharski vom 2. August 1905 wirft Lenin das bolschewististen Zentralkomitee vor, daß es viel weniger wirksam beim Fraktionskampf sei als die Menschewiki. die Menschewiki sagt er
sind rege und geschäftig, benehmen sich wie schamlose Krämer und sind reich an Erfahrung in der Demagogie – bei den unsrigen aber hat so eine Art „gewissenhafte Einfältigkeit“ oder „einfältige Gewissenhaftigkeit“ die Oberhand. Sie sind nicht imstande, selber zu kämpfen, sind ungeschickt, unbeweglich, linkisch, schüchtern ... Liebe Kerle, doch schrecklich untaugliche Politiker. Es fehlt ihnen an Zähigkeit, an Kampfgeist, an der Wendigkeit und Fixigkeit. [88]
Das Zentralkomitee, beschwerte sich Lenin, vernachlässige auch die Führung im Ausland. Das Zentralkomitee
schaut ... verächtlich auf die im Ausland herab und läßt die besten Leute hartnäckig nicht hierher oder nimmt sie von hier weg. Und wir hier im Ausland sind im Hintertreffen. Es fehlt das Ferment, es fehlen Antriebe, Impulse. Die Leute verstehen es nicht, selbst zu handeln und zu kämpfen. Auf unseren Versammlungen fehlt es an Rednern. Es ist niemand da, der frischen Mut zu erwecken versteht, der die Frage prinzipiell stellt, des es vermag, aus dem Genfer Sumpf herauszuführen in einen Bereich ernsterer Interessen und Fragen. Und die ganze Sache leidet darunter. Im politischen Kampf bedeutet Stagnation den Tod. Anforderungen gibt es eine Menge, und sie wachsen ständig. [89]
Der Unterschied zwischen der Vorstellung des Zentralismus, die in Was tun oder Brief an einen Genossen über organisatorischen Aufgaben ausgedruckt worden war, und der Wirklichkeit unter den Bolschewiki 1904 und 1905 ist erstaunlich [bemerkenswert]! Es gibt eine absolute Spaltung zwischen dem Ideal einer zusammenhängenden, effizienten Parteistruktur, wie in Lenin Schriften vorausgesehen, und dem bestehenden klapprigen Parteiapparat.
Lenin mußte mit der gesamten Kraft, die zu seiner Verfügung stand, streben, um eine Organisation aufzubauen, die von den Menschewiki unabhängig und in Opposition zu ihnen war, und ein Parteiapparat zu schaffen. Er war im Kampf gegen die Menschewiki so vertieft, daß erstaunlicherweise während des gesamten Jahres 1904 es nur drei Hinweise in seinen Schriften auf den Russisch-Japanischen Krieg gibt. Das überwältigend vorherrschende Thema ist die Spaltung mit den Menschewiki. Ein gesamter Band seiner Werke, einer der dicksten, enthält fast ausschließlich seine Schriften über den Parteitag und die Spaltung, die in der polemischsten, härtesten und gereiztesten Weise geschrieben sind.
War es nicht Wahnsinn, sich auf dem Aufbau eines Parteiapparats zu konzentrieren, während ein Erdbeben den Staat erschütterte? Aber Lenin war nicht einer, der von einer zentral getroffenen Entscheidung abwich. Seit 1900 hatte er immer wieder wiederholt, daß die Schlüsselaufgabe der Bewegung darin bestehe, eine revolutionäre Partei aufzubauen. Am 21. April 1901 hatte er an Plechanow geschrieben, „daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Organisation den Vorrang vor der Agitation hat“. [90] 1902 formulierte er Archimedes um: „Gebt uns eine Organisation von Revolutionären, und wir werden Rußland aus den Angeln heben!“ [91]
Anders als Marx und Engels, die in einer Periode des sich ausdehnenden [wachsenden] Kapitalismus lebten und daher nicht Parteiorganisation betonten, hieß die Unmittelbarkeit der Revolution für Lenin, daß Parteiorganisation von grundlegendster Bedeutung sei. Er hätte nie schreiben können, wie Marx an Engels am 11. Februar 1851 schrieb:
... mir gefällt sehr die öffentliche, authentische Isolation, worin wir zwei, Du und ich, uns jetzt befinden. Sie entspricht ganz unsrer Stellung und unsern Prinzipien. Das System wechselseitiger Konzessionen, aus Anstand geduldeter Halbheiten, und die Pflicht, vor dem Publikum seinen Teil Lächerlichkeit in der Partei mit all diesen Eseln zu nehmen, das hat jetzt aufgehört. [92]
Noch hätte er auf Marx antworten können, wie Engels am 13. Februar antwortete:
Wir haben jetzt wieder einmal ... Gelegenheit zu zeigen, daß wir keine Popularität, keine Unterstützung von irgendeiner Partei irgendwelches Landes brauchen ... Wir sind von jetzt an nur noch für uns selbst verantwortlich, und wenn der Moment kommt, wo die Herren uns nötig haben, sind wir in der Lage, unsre eignen Bedingungen diktieren zu können. Bis dahin haben wir wenigstens Ruhe. Freilich auch eine gewisse Einsamkeit ... Wie passen Leute wie wir, die offizielle Stellungen fliehen wie die Pest, in eine „Partei“? ... Die Hauptsache für den Moment ist: die Möglichkeit, unsre Sache zum Druck zu bringen ... Was wird aus dem Klatsch und Tratsch,den der gesamte Emigrationspöbel auf Deine Rechnung machen kann, wenn Du mit der Ökonomie darauf antwortest? [93]
Für einen Zuschauer [Beobachter] – auch für viele Teilnehmer – war 1903-04 eine Periode von Streitereien, Spaltungen zwischen Bolschewiki und Menschewiki, Argument und Spaltungen innerhalb der bolschewistischen Fraktion selbst –zu einem Zeitpunkt, wo Rußland am Vorabend einer Revolution war.
Trotzki betrachtete Lenin Fraktionsgeist zu jenem Zeitpunkt als reinsten Wahnsinn [Irrsinn].In einer April 1904 geschriebenen Broschüre schreibt er: „Genau zu einem Zeitpunkt, wo die Geschichte vor uns die riesige Aufgabe der Durchschneidung des Knotens der weltweiten Reaktion gestellt hat, kümmern sich russische Sozialdemokraten um nichts außer einem kleinlichen internen Kampf.“ Was für eine „herzzerreißende Tragödie“ dies sei und was für eine „alptraumhafte Atmosphäre“ es schaffe; „fast allen war der kriminelle Charakter der Spaltung bewußt“. [94]
Aber Lenin war absolut zielstrebig. Egal was passieren möchte, mußte man eine revolutionäre Partei aufbauen, und dringend. Also baute Lenin konsequent, hartnäckig, unerbittlich in den Jahren 1900 bis 1904 ein Parteiapparat auf. Egal wie weit es von seinem Idealmuster hätte sein können, hatte er, als die 1905er Revolution ankam, ein Apparat unter seiner Kontrolle. Er hatte in vollem Ausmaß die politische, organisatorische und administrative Begabung gezeigt, die benötigt ist, um ein solches Apparat aufzubauen.
In der Revolution selbst sollte Lenin zeigen, daß, falls nötig, wenn die Massen weiter gingen, als das Parteiapparat dazu bereit war, daß er willig und fähig war, das Hinterherhinken gerade des von ihm aufgebauten Apparats zu überwinden, indem er die Energie der Arbeiter an der Basis mobilisierte. Aber wir nehmen hier die Geschichte vorweg.
1*. Die Lage änderte sich in späteren Jahren. Bis 1908 verschwand der informelle Konsens, der durch Jogiches’ Versuch ersetzt wurde, eine leninistische Vorherrschaft auszuüben – ohne die Loyalität einer zusammenhängenden Gruppe wie im inneren Kern der Bolschewiki. [15]
2*. Diese war bei weitem die größte Untergrunddruckerei in Rußland und war wirklich im Untergrund, indem sie in einem Keller. die Drucker waren sieben selbstaufopfernde Parteimitglieder. Sie arbeiteten zehn Stunden pro Tag und in Notständen unbegrenzte Arbeitszeiten. Der Keller war ohne Heizung bzw. Lüftung. Um die Entdeckung zu vermeiden durfte niemand sie während des Tages verlassen. Nachts verbrachten die Drucker der Reihe nach einige Stunden im Freien.
1. Krupskaja, a.a.O., S.66.
2. ebenda, S.85.
3. Trotzki, Mein Leben, Frankfurt/M. 1974, S.138.
4. Krupskaja, a.a.O., S.95-6.
5. Pisma P.W. Akselroda i Ju.O. Martowa, Bd. 1, Berlin 1924, S.46.
6. I. Getzler, Martov, London 1967, S.75.
7. Lenin, Werke, Bd.36, S.85.
8. ebenda, S.86.
9. Wildman, a.a.O., S.241.
10. Trotsky, Stalin, London 1947, S.39.
11. Krupskaja, a.a.O., S.122-3.
12. O. Piatnitsky, Memoirs of a Bolshevik, London ohne Datum, S.57.
13. Krupskaja, a.a.O., S.88.
14. Geyer, a.a.O., S.319-20.
15. J.P. Nettl, Rosa Luxemburg, Bd.1, London 1966, S.263-6.
16. Krupskaja, a.a.O., S.101.
17. Wtoroj sesd RSDRP, Moskau 1959, S.374.
18. Protokoli 2-go otscherednogo sesda sagranitschnoj ligi russkoj rewoljutsjonnoj sots.-demokratij, Genf 1904, S.57.
19. Wtoroj sesd RSDRP, S.169.
20. Für den vorgebrachten Entwurf s. Iskra, Nr.21, 1. Juni 1902; Für das vom Parteitag angenommene Programm s. KPSS w Rewoljutsjach ..., S.37-47.
21. Wo?
22. Wo?
23. Lenin, Werke, Bd. 6, S.502-3.
24. Wtoroj sesd RSDRP, S.169.
25. Wo?
26. Wo?
27. Engels, „Von der Autorität“, in Marx u. Engels, Werke, Bd.18, S.308.
28. Martow, Geschichte der russischen Sozialdemokratie, S.81. (aus dem Englischen)
29. Lenin, Werke, Bd.7, S.313-4.
30. ebenda, S.314.
31. ebenda, S.366.
32. ebenda, S.284.
33. ebenda, S.359.
34. ebenda, S.399.
35. ebenda, S.17-8.
36. ebenda, Bd.34, S.185.
37. Krupskaja, a.a.O., S.61.
38. ebenda, S.63.
39. ebenda, S.112.
40. ebenda, S.282.
41. Lenin, Werke, Bd.36, S.119.
42. ebenda, Bd.35, S.76.
43. Krupskaja, a.a.O., S.298-9.
44. ebenda, S.93.
45. zit. in Trotsky, Stalin, S.42.
46. Piatnitsky, a.a.O., S.59-60.
47. Wo?
48. Trotsky, Stalin, S.42.
49. Lenin, Werke, Bd.7, S.131-2.
50. ebenda, Bd.18, S.170.
51. ebenda, Bd.34, S.154-5.
52. ebenda, Bd.7, S.200.
53. ebenda, S.408.
54. ebenda, S.348.
55. ebenda, S.139–40.
56. Krupskaja, a.a.O., S.96-7.
57. ebenda, S.108.
58. Lenin, Werke, Bd.7, S.359.
59. ebenda, (aber wo?)
60. ebenda, Bd.7, S.325-6.
61. L. Trotzki, Geschichte der russischen Revolution, Bd.2/2, Frankfurt a.M. 1973, S.951; L. Trotzki, Mein Leben, Berlin 1990, S.152.
62. Lenin, Werke, Bd.34, S.189-90.
63. Leninskij sbornik, Bd.15, S.249-59 u. S.351-3.
64. Lenin, Werke, Bd.7, S.539–42.
65. ebenda, S.548.
66. ebenda, Bd.8, S.131-2.
67. D. Lane, The Roots of Russian Communism, Assen 1969, S.71.
68. Trotsky, Stalin, S.43.
69. Geyer, a.a.O., S.410.
70. Lenin, Werke, Bd.34, S.233.
71. ebenda, Bd.8, S.24.
72. ebenda, Bd.34, S.291.
73. Listowski Petersburgskich bolschewikow 1902-1917 gg., Bd.1, Leningrad 1939.
74. Lane, a.a.O., S.74.
75. ebenda, S.101.
76. W.I. Newski, Rabotscheje dwishenje w janwarskje dni 1905 goda, Moskau 1930, S.85; zit. in S.M. Schwartz, The Russian Revolution of 1905, Chicago 1967, S.65.
77. Newski, a.a.O.
78. ebenda, S.157, in Schwartz, a.a.O., S.65.
79. Tretij sesd RSDRP, Moskau 1959, S.544-5.
80. Martow, Geschichte der russischen Sozialdemokratie, S.88. (aus dem Englischen)
81. Lane, a.a.O., S.72.
82. Lenin, Werke, Bd.8, S.131.
83. ebenda, S.133.
84. ebenda, Bd.34, S.282.
85. ebenda, S.301-2.
86. ebenda, S.302.
87. ebenda, S.311.
88. ebenda, S.310.
89. ebenda, S.311.
90. ebenda, Bd.36, S.49.
91. ebenda, Bd.8, S.483.
92. Marx an Engels, in Marx u. Engels, Werke, Bd. 27, S.184-5.
93. Engels an Marx, in Marx u. Engels, Werke, Bd. 27, S.189-91.
94. N. Trotski, Naschi polititscheskje sadatschi, Genf 1904, S.4.
A. Das Wohl des Volkes ist das höchste Gesetz.
B. Das Wohl der Revolution ist das höchste Gesetz.
C. unauffindbare Kammer (?)
D. langes Parlament (ein Hinweis auf die Englische Revolution 1641-49)
E. eine vollendete Tatsache
Zuletzt aktualisiert am 18.6.2001