Tony Cliff

 

Perspektiven für die permanente Kriegswirtschaft

(1957)


Zuerst veröffentlicht in Socialist Review, Mai 1957
Wieder veröffentlicht in Neither Washington nor Moscow, Bookmarks, London 1982, S. 101-7.
Übersetzung © 1999 Verein für Geschichte und Zeitgeschichte der Arbeiterbewegung (VGZA) e.V.
HTML-Markierung: Einde O’Callaghan für REDS – Die Roten.


Das ökonomische Niveau der Gesellschaft, das Niveau, das ihre Produktivkräfte erreicht haben, ist der entscheidende Faktor in der Organisation seiner Streitkräfte. Wie Marx sagte: „Unsere Theorie, daß die Organisation der Arbeit von den Produktionsmitteln bedingt wird, ist anscheinend nirgendwo so glänzend bestätigt als in der ‚Menschenschlachtenindustrie‘.“

In der frühen Periode des Kapitalismus machte die Rückständigkeit der Wirtschaft es unmöglich, große Armeen zu ernähren und zu bewaffnen. Im Vergleich mit den Massenheeren, die während des Ersten und des Zweiten Weltkriegs mobilisiert wurden, waren die Armeen des frühen, aufsteigenden Kapitalismus sehr klein.

Auch während der Napoleonischen Kriege hatte Frankreich, der Herrscher von fast ganz Europa, zu keinem Zeitpunkt mehr als eine halbe Million Truppen. Die britischen Streitkräfte zu jener Zeit waren weniger als ein Zehntel derjenigen von Frankreich.

Das alle änderte sich mit dem Ersten Weltkrieg. Damals mobilisierte Frankreich, dessen Bevölkerung nur etwa 10 Millionen Menschen mehr als während der Napoleonschen Zeiten betrug (40 Millionen gegen 30 Millionen), mehr oder weniger 5 Millionen Soldaten. Die anderen kriegführenden Länder zeigten ähnliche Steigerungen.

Zusammen mit dem riesigen Zuwachs der Armeen während des letzten halben Jahrhunderts kam eine Änderung der Rolle der Militärbranche [militärischen Branche] in der Nationalwirtschaft.

Friedrich der Große erklärte über die Kriege des 18. Jahrhunderts: „Der friedliche Bürger soll überhaupt nicht merken, daß sein Land sich im Krieg befindet.“ Auch während der Kriege des 19. Jahrhunderts, der Napoleonischen Kriege, der Opiumkriege, des Krimkrieges usw., wurde das Leben der kriegführenden Länder im großen und ganzen kaum beeinflußt.

 

1914 – der Wendepunkt

Während des Ersten Weltkriegs, wo ein bedeutender Teil der Bevölkerung mobilisiert wurde und ein größerer Anteil der Wirtschaft für die Bedienung des Krieges genutzt wurde, spürten nicht nur die am Krieg beteiligten Soldaten, sondern auch Millionen von Industriearbeitern, Bauern usw. – eigentlich die ganze Zivilbevölkerung – die Auswirkungen.

Obwohl die imperialistischen Mächte einigermaßen für den Krieg vorbereitet waren, war es vor dem Ersten Weltkrieg gewöhnlich, daß die Wirtschaft kaum auf die Rüstungsproduktion ausgerichtet wurde. Erst nach dem Ausbruch des Krieges wurde sie der Situation angepaßt, die direkt vor ihr stand – Gewehre oder Butter.

Bis zum ersten Weltkrieg war es deswegen möglich, die Entwicklung des Kapitalismus zu analysieren, ohne daß man viel Aufmerksamkeit den Kriegen bzw. den Vorbereitungen dafür zu schenken, da sie eine kleinere rolle in der wirtschaftlichen Entwicklung spielten.

Gerade nach dem Ersten Weltkrieg schrumpfte die militärische Branche der Wirtschaft wieder zurück: Die großen Armeen wurden zum großen Teil demobilisiert und die Rüstungsproduktion wurde drastisch gekürzt.

Aber im Schlepptau der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre und den Aufstieg Hitlers zur Macht erschien eine mächtige militärische Branche in Friedenszeiten für das erste Mal in der Geschichte. Die westlichen kapitalistischen Mächte – Großbritannien, Frankreich und die Vereinigten Staaten – waren zögerlich beim Eintritt ins Wettrüsten. Und obwohl die Industrien dieser Länder etwas Kriegsbestellungen profitierten, war auch beim Ausbruch des Krieges die Kriegsbranche der Wirtschaft nicht entscheidend: Also gab es 11 Millionen Arbeitslose in den Vereinigten Staaten und 1½ Millionen in Großbritannien: Der Index des industriellen Ausstoßes in den USA hatte 1939 noch nicht das 1929er Niveau erreicht. Erst einige Jahre später nutzten die Westlichen Mächte ihre Länder vollständig für die Kriegsführung.

Zwischen 1939 und 1944 vervielfachte sich die Munitionsproduktion in Deutschland um 5 Mal, in Japan um 10 Mal, in Großbritannien um 25 Mal und in den Vereinigten Staaten um 50 Mal (F. Sternberg, Capitalism and Socialism on Trial, London 1951, S.438).

 

Die Kriegswirtschaft

Deutschland
Milliarden Mark

Großbritannien
Millionen Pfund

Vereinigte Staaten
Millionen Dollar

1939

1943

1938

1943

1939/40

1944/45

I Nationaleinkommen

88,0*

125,0*

  5,2

  9,5

88,6*

186,6*

II Ausgaben der Regierung
(hauptsächlich Rüstung)

60,0*

100,0*

  1,0

  5,8

16,0  

  95,3  

II als % von I

68     

  80     

19,2

61,1

18   

  51   

* geschätzte Zahlen

Während nach dem Ersten Weltkrieg es eine Periode von etwa fünfzehn Jahre, wo kein fortgeschrittenes Land eine verhältnismäßig große Kriegsbranche hatte, gab es nach dem Zweiten Weltkrieg keine solche Pause. Bald nach seinem Ende ging das Wettrüsten wieder los.

Es ist klar, daß auch mit dem gegenwärtigen Niveau der Arbeitsproduktivität keine Wirtschaft es erlauben kann, daß die Hälfte seiner Bruttoausstoßes oder mehr über eine längere Periode dem Krieg gewidmet wird. Die Kriegsbranche hatte sich nämlich ins Nationalkapital aller kriegführenden Länder eingefressen; Fabriken und ihre Anlagen waren aufgebraucht und nicht gewartet bzw. ersetzt worden, Wohnungsbestände waren vernachlässigt worden, Autos, Möbel, Kleidung usw. waren kaum ersetzt worden

Im großen und ganzen sind auch während florierenden Perioden des Kapitalismus etwa 80 Prozent des Nationaleinkommens von der Zivilbevölkerung verbraucht und höchstens 20 Prozent der Kapitalakkumulation gewidmet. Die folgenden zahlen zeigen die Akkumulationsrate als Anteil des Nationaleinkommens in der Vergangenheit: Großbritannien: 1860-69, 16,6 Prozent; 1900-10, 12,2 Prozent; 1919-24, 7,6 Prozent; 1934-37, 7,0 Prozent. Die Vereinigten Staaten: 1900-10, 14,3 Prozent; 1919-24, 12,2 Prozent; 1925-30, 10,9 Prozent; 1934-37, 5,0 Prozent. Frankreich: 1870-79, 6,0 Prozent; 1900-10, 9,0 Prozent; 1913, 12,5 Prozent; 1925-30, 11,2 Prozent. Deutschland: 1900-10, 19,1 Prozent; 1925-30, 7,7 Prozent; 1934-37, 11,8 Prozent. Japan: 1919-24, 21,9 Prozent; 1925–30, 19,8 Prozent; 1934-37, 21,9 Prozent (Colin Clark, The Conditions of Economic Progress, Erste Ausgabe, London 1940, S.406).

Wenn man auch mit dem jetzigen Niveau der Technologie 20 Prozent des Nationaleinkommens für eine längere Zeit für Rüstung ausgeben würde, würde es kaum Ressourcen für die Kapitalakkumulation übrig bleiben; mit anderen Worten: die Wirtschaft würde stagnieren.

Auch wenn die militärische Branche, sagen wir, 10 Prozent der Nationalwirtschaft bildet der kapitalistischen Länder bildet, ist ihre Wirkung auf die Wirtschaft im allgemeinen grundsätzlich. Sehen wir, wie das entsteht.

 

 

Rüstung, Aufschwung und Abschwung

Seit mehr als einem Jahrhundert ist der Kapitalismus durch einen rhythmischen Zyklus von Wohlstand und Abschwung gegangen. Aber seit der Ankunft einer permanenten Kriegswirtschaft ist der Zyklus irgendwie gebrochen worden. 24 Jahre sind seit dem Tiefpunkt der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre – 1933 – verlaufen. Sogar 18 Jahre sind verlaufen, seit die Massenarbeitslosigkeit aus den größeren westlichen kapitalistischen Ländern verschwunden ist.

Um zu verstehen, wie das geschehen ist, wie eine militärische Branche von etwa 10 Prozent der Nationalwirtschaft oder weniger eine allgemeine Wirtschaftskrise verhindern konnte, sollen wir zuerst die Ursache der Krisen unter dem Kapitalismus zusammenfassen.

 

Ursache der Krisen

Die grundsätzliche Ursache der kapitalistischen Krisen der Überproduktion ist die verhältnismäßig niedrige Kaufkraft der Massen im Vergleich mit der Produktionsfähigkeit der Industrie. Wie Marx sagte: „Der letzte Grund aller wirklichen Krisen bleibt immer die Armut und Konsumtionsbeschränkung der Massen gegenüber dem Trieb der kapitalistischen Produktion, die Produktivkräfte so zu entwickeln, als ob nur die absolute Konsumtionsfähigkeit der Gesellschaft ihre Grenze bilde.“ (Karl Marx, Das Kapital, Dritter Band, S.501)

Letzten Endes besteht die Ursache der kapitalistischen Krise darin, daß ein immer größerer Anteil des Einkommens der Gesellschaft in die Hände der Kapitalistenklasse fällt und ein immer größerer Anteil davon nicht darauf gerichtet ist, Konsumtionsmittel zu kaufen, sondern statt dessen Produktionsmittel, d.h. er wird auf die Akkumulation des Kapitals gerichtet. Aber da alle Produktionsmittel potentiell Konsumtionsmittel sind – das heißt, nach einer bestimmten Zeitspanne wird der Wert der Produktionsmittel in Produktionsmitteln einverleibt –, muß der relative Anstieg des Teils des Nationaleinkommens, der auf Akkumulation gerichtet wird, im Vergleich mit dem Teil, der auf die Konsumtion gerichtet wird, zur Überproduktion führen. Und das ist ein kumulativer Prozeß. Der Anstieg der Akkumulation wird von Rationalisierung begleitet, die zu einer gesteigerten Ausbeutungsrate führt. Je größer die Ausbeutungsrate, desto größer der Fond, aus dem die Akkumulation abgezogen wird, im Vergleich mit den Löhnen der Arbeiter und den Einnahmen des Kapitalisten. Die Akkumulation züchtet die Akkumulation.

 

Die Wirkung des Rüstungsetats

Jetzt hat die Rüstungswirtschaft einen sehr großen Einfluß auf das Niveau der Kaufkraft des Volkes, das Niveau der wirklichen Kapitalakkumulation und die Menge der Waren, die nach einen Markt suchen.

Nehmen wir an, daß eine Million Menschen nach Arbeit in einem bestimmten Land suchen. Und ferner, daß 10 Prozent von ihnen von der Regierung für die Rüstungsproduktion eingestellt werden – etwa 100.000 Menschen. Ihre Kaufkraft würde die Beschäftigung von weiteren Menschen irgendwo anders verursachen. Das zahlenmäßige Verhältnis zwischen der Größe der ersten Gruppe und der zweiten nennt der große bürgerliche Ökonom Keynes den Multiplikator. Aus Gründen der Kürze läßt sich den begriff borgen. Wenn der Multiplikator 2 beträgt, wird die Einstellung von 100.000 durch den Staat die allgemeine Beschäftigung durch 200.000 steigern. Wenn der Multiplikator 3 beträgt, wird die Steigerung 300.000 sein usw.

Daher gibt es keinen Zweifel, daß die kumulative Wirkung eines Rüstungsetats von 10 Prozent des Nationaleinkommens auf die Steigerung der Kaufkraft der Massen viel größer sein kann, als man von seinem Verhältnis zu seiner wirklichen Größe annehmen würde.

 

Kanonen und Butter

Und auch, wenn 10 Prozent des Nationaleinkommens für Rüstung ausgegeben werden, werden die Kapitalressourcen, die nach Investitionsmöglichkeiten suchen, drastisch gekürzt: In unserem Beispiel von 20 Prozent des Nationaleinkommens auf 10 Prozent. Und die steigende Kaufkraft des Volkes zusammen mit der neuen Nachfrage des Staates nach Waffen, Uniforme, Kasernen usw. gibt größere Investitionsmöglichkeiten.

Zusätzlich hat die Kriegswirtschaft eine große Auswirkung auf das Angebot von nichtmilitärischen Waren, die Käufer unter der Zivilbevölkerung suchen.

Da die Beschäftigungsmöglichkeiten steigen, könnten Löhne sehr wohl steigen. Aber paradoxerweise widerspricht das nicht die Möglichkeit der steigenden Profite: Das Kapital arbeitet in einem volleren Ausmaß als sonst, es gibt weniger Kapital, das Verluste verbuchen muß, sein Umsatz ist größer. So z.B. stiegen während der Jahre 1937-42 die Löhne in der Industrie der Vereinigten Staaten um 70 Prozent, Profite dagegen um 400 Prozent!

Mit den gewaltigen Produktivkräften, die zur Zeit der Gesellschaft zur Verfügung stehen, führt die Steigerung der Rüstungsbürde nicht notwendigerweise und immer zu einer Kürzung der Konsumtion der Zivilbevölkerung. Das wurde am deutlichsten gezeigt im reichsten kapitalistischen Land in der Welt – den Vereinigten Staaten– während des Zweiten Weltkriegs. Obwohl in 1943 die Vereinigten Staaten die riesige Summe von $ 83,7 Milliarden für den Krieg ausgaben, fiel die Konsumtion der Zivilbevölkerung nicht, sondern war in Wirklichkeit höher als vor dem Krieg; sie stieg von $ 61,7 Milliarden in 1939 auf $ 70,8 Milliarden in 1943 (bewertet nach 1939er Preise), d.h. ein Wachstum von 14,7 Prozent. Die Konsumtion von Nahrungsmittel stieg um § 70 pro Kopf der Bevölkerung, Ausgaben für Wohnung und Reparaturen um $ 12, Kleidungskäufe um $ 25. Ausgaben für andere Waren, mit der Ausnahme von Autos, stiegen auch. Solange die Rüstung nicht über eine bestimmte Grenze konsumieren, schließt die gesteigerte Produktion von Gewehren eine gesteigerte Produktion von Butter nicht aus.

 

 

Warum nur Rüstung

Sehen wir die grundsätzlichen Merkmale, die die Rüstungswirtschaft als großer stabilisierender Faktor für den kapitalistischen Wohlstand unterscheiden.

Um als Stabilisator erfolgreich zu funktionieren, müssen die „staatlichen Projekte“, die vom Staat unternommen werden, die folgenden grundsätzlichen Merkmale haben:

(1) Sie müssen nicht mit privaten Interessen konkurrieren, die im selben Bereich produzieren. So würde eine staatliche Fabrik, die, sagen wir, Schuhe herstellte und mit privaten Schuhhersteller konkurrierte, nicht die Gefahr der Überproduktion vermindern, sondern steigern. Aber im Bereich des Kasernenbau, sagen wir, steht der Staat allein.

(2) Sie müssen die Industrien [Branchen] benutzen, die im allgemeinen am meisten von Wirtschaftskrisen betroffen werden – die Investitionsgüterindustrie, die Schwerindustrie, Industrien, deren Gewicht in der Wirtschaft wächst und deren Chefs in der herrschenden Klasse vorherrschend sind.

Da egal welche „staatlichen Projekte“ unternommen werden, einige Teile der herrschenden Klasse davon profitieren werden, wie z.B. die Hersteller von Baumaterien, werden diese Teile ganz bereit sein, ein solches Programm zu unterstützen. Andere Teile, die weniger profitieren, aber die Rechnung ihre Steuern begleichen müssen, könnten sehr wohl sich dem Programm entgegenstellen oder es kürzen. Nur wenn die Hauptteile der herrschenden Klasse – diejenigen in der Schwerindustrie, die Monopolisten und die Bankiers – ein unmittelbares Interesse an den vorgeschlagenen „staatlichen Projekten“ haben, können diese in einem Ausmaß durchgeführt werden, der ausreichend ist, um eine Wirtschaftskrise zu verhindern.

(3) Sie sollen nicht viel der Produktionsfähigkeit des Kapitalismus hinzufügen – lieber sollen sie davon abziehen – und Hais sollten so weit wie möglich das Wachstum des gesellschaftlichen Kapitals verlangsamen.

(4) Sie sollen nicht viel, wenn überhaupt, zum Ausstoß der Massenverbrauchsgüter hinzufügen und so nicht von höheren Löhnen abhängen, um einen Markt zu finden.

(5) Obwohl sie nichts zum produktiven Nationalkapital hinzufügen, soll die Kapitalistenklasse sie als wichtiger Faktor bei der Verteidigung ihres Reichtums und sogar als Waffe für die Vergrößerung ihrer Märkte betrachten; in diesem Fall werden die Kapitalisten sie gern annehmen. So z.B. die amerikanischen Kapitalisten, die sich über Roosevelt sehr geärgert hatten, da er jährlich den Staat um $2-4 Milliarden verschuldet hatte (1934, $3,6 Milliarden; 1935, $4,3; 1936, $4,3; 1937, $2,7), hatten keine Probleme mit eine Staatsverschuldung von $ 59 Milliarden in 1941-42.

(6) Alle größeren Länder müssen sich an diesen „staatlichen Projekten“ beteiligen in einem Ausmaße, der ihrem Niveau des Nationalausstoßes und des Reichtums entspricht. Wenn nur ein bzw. einige wenige Länder es machen sollten, würden sie weniger Ressourcen für die Kapitalakkumulation haben, mehr als andere unter Inflation leiden, und im Konkurrenzkampf auf dem Weltmarkt eine Niederlage erfahren. Nur wenn ALLE größeren Länder denen frönen, wird jedes einzelne Land es wagen.

Nur Rüstung paßt zu all diesen sechs notwendigen Merkmalen der wohlstandsstabilisierenden „staatlichen Projekte“.

 

Rüstung züchtet Schwierigkeiten

Es gibt drei Arten von grundsätzlichen Widersprüchen, in die die permanente Rüstungswirtschaft fallen könnte.

Erstens, obwohl im großen und ganzen es eine Entsprechung zwischen den Produktivkräften einer Gesellschaft und der Technologie des „Apparats des Schlachtens“ gibt, ist diese Entsprechung keineswegs eine absolute. Die Bürde der Rüstung könnte viel schneller wachsen als der Nationalausstoß. Rüstung könnten so in den Lebensstandard der Arbeiter einschneiden, daß sie große gesellschaftliche Umwälzungen und sogar eine sozialistische Revolution verursachen. so könnte sie nicht zum Wohlstand des Kapitalismus führen, sondern zu seinem Sturz.

Zweitens, obwohl Rüstung einen großen Anteil des nationalen Mehrwerts, der nach Investitionsmöglichkeiten sucht, verbrauchen könnte und dadurch die Kräfte schwächen, die zur Überproduktion und zur Wirtschaftskrise führen, könnten sie einen großen fortschritt der allgemeinen Technologie und damit den Druck zur Krise ermutigen. (So wurde war die Automatisierung zum Teil ein Kind der Kriegsindustrie.) Unter solchen Umständen wird man, um den kapitalistischen Wohlstand aufrechtzuerhalten, anstatt 10 Prozent des Nationaleinkommens militärischen Zwecken zu widmen, 20, 40 Prozent oder noch mehr dafür notwendig sein. Das könnte starke Opposition unter Arbeitern und niederen Kleinbürgern erzeugen und vielleicht sogar eine gemäßigte Opposition auch unter Teilen der Kapitalistenklasse, die nicht unmittelbar vom Wettrüsten profitieren.

 

Gegenseitig konkurrierende Abrüstung

Drittens könnte die Mächte so heftig auf dem Weltmarkt konkurrieren, daß jeder damit anfangen würde, Rüstungsausgaben zu kürzen, um ihre Position zu verstärken. Zur Zeit bezeugen wir, wie Großbritannien durch Konkurrenz mit Deutschland und die Verschlechterung ihrer internationalen Zahlungsbilanz dazu gezwungen wird, seinen „Verteidigungsetat“ zu kürzen. Bislang hat kein Land es mit den Vereinigten Staaten aufnehmen können, sie dazu zwingen, das Wettrüsten aufzugeben und einen Konkurrenzkampf darüber zu führen, „Wer den Rüstungsetat am schnellsten kürzen kann“. sie kann das größte Militäretat in der Welt und die größte absolute Investition in der Industrie leisten. Aber mit den großen Schritten der russischen Industrie ist es möglich, daß in 10 bzw. 20 Jahren sie vielleicht mindestens die Vereinigten Staaten auf dem Weltmarkt in bestimmten Branchen – denen der Schwerindustrie – herausfordern könnte, auch wenn sie nicht das absolute Niveau der Industrie der Vereinigten Staaten erreicht. Dann werden die USA vielleicht von Sandys und Macmillan lernen, wie man das Verteidigungsetat kürzt, um die Niederlage auf dem Weltmarkt umzugehen. Die Kriegswirtschaft könnte dann immer weniger als Heilmittel für die Überproduktion, als Stabilisator des kapitalistischen Wohlstands dienen. Wenn die Kriegswirtschaft entbehrlich wird, wird das Ende des kapitalistischen Aufschwungs sicherlich einläuten. [1]

 

Fußnote

1. Natürlich könnten bestimmte kapitalistische Länder vor großen ökonomischen Umwälzungen und Härten auch während der Ära des amerikanischen Wohlstands stehen. So leiden Großbritannien und Frankreich unter Zahlungsbilanzkrisen, die vom allgemeinen, vom Militär hervorgerufenen, weltweiten Wohlstand verursacht wird. Sie werden auch schwerwiegend von den nationalen aufstanden der Kolonialvölker betroffen. Aber aller Möglichkeit nach, solange die Vereinigten Staaten (mit etwa der Hälfte der industriellen Ausstoßes der Welt) weiter blüht [floriert], wird der Rettungsring an die europäischen Juniorpartner des US-Imperialismus geworfen. Großbritannien, Frankreich und Deutschland könnte sehr wohl immer abhängiger von den USA werden. Aber solange Uncle Sam wohlhabend ist, wird er nicht damit aufhören, die Stütze auszuhändigen.

 


Zuletzt aktualisiert am 14.7.2001